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Vertragsgemäßer Gebrauch: Was in der Mietwohnung erlaubt ist und wann die Kündigung droht

Mietrecht | Lesezeit: ca. 18 Minuten

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Das Mietverhältnis begründet für Mieter und Vermieter eine Vielzahl von Rechten und Pflichten. Im Zentrum steht die Überlassung der Mietsache zum Gebrauch gegen Entrichtung des Mietzinses. Doch wo genau liegen die Grenzen dieses Gebrauchs? Die Frage, was als „vertragsgemäßer Gebrauch“ gilt, ist eine häufigste Ursachen für rechtliche Auseinandersetzungen. Während Mieter ihre Wohnung als persönlichen Lebensraum frei gestalten möchten, haben Vermieter ein berechtigtes Interesse am Erhalt ihres Eigentums. Der Begriff des vertragsgemäßen Gebrauchs steckt diesen Rahmen ab. Eine Überschreitung kann für den Mieter weitreichende Konsequenzen haben, die von Schadensersatzforderungen über Unterlassungsansprüche bis hin zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses reichen. Für beide Parteien ist es daher entscheidend, die rechtlichen Spielregeln zu kennen.

Welche rechtlichen Grundlagen gelten für den vertragsgemäßen Gebrauch?

Die grundlegende Pflicht des Vermieters ist es, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Im Gegenzug ist der Mieter verpflichtet, die Miete zu zahlen und die Wohnung nur in dem vertraglich vereinbarten Rahmen zu nutzen. Was genau dieser Rahmen umfasst, ist oft nicht im Detail im Mietvertrag geregelt. Fehlen spezifische Vereinbarungen, schuldet der Vermieter eine Beschaffenheit, die für den vereinbarten Zweck – also das Wohnen – üblich ist und die der Mieter nach Art der Mietsache erwarten kann.

Ein wichtiger Aspekt ist hierbei die Abnutzung der Mietsache. Veränderungen oder Verschlechterungen der Wohnung, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter gemäß § 538 BGB nicht zu vertreten. Die Miete deckt diese normale Abnutzung ab. Erst wenn die Nutzung über dieses Maß hinausgeht und in die Substanz der Mietsache eingegriffen oder diese beschädigt wird, liegt eine Pflichtverletzung vor. Stellt der Vermieter einen vertragswidrigen Gebrauch fest, kann er den Mieter zunächst abmahnen und nach § 541 BGB auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Bei erheblichen oder fortgesetzten Verstößen droht sogar die ordentliche oder im Extremfall die außerordentliche fristlose Kündigung.

Bauliche Veränderungen durch den Mieter können den vertragsgemäßen Gebrauch übersteigen!
Besonders heikel sind eigenmächtige bauliche Veränderungen durch den Mieter. Jegliche Eingriffe in die Substanz der Mietsache, die über bloße Schönheitsreparaturen oder das Anbringen von Dübeln für Regale hinausgehen, bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Vermieters. Werden ohne Erlaubnis Wände eingerissen, das Bad komplett neu gefliest oder feste Einbauten vorgenommen, liegt ein klarer vertragswidriger Gebrauch vor.

Ein anschauliches Beispiel lieferte ein Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, 09.08.2018 - Az: 2 U 9/18). Ein Mieter hatte zwei Grundstücke als Gartengelände zur Nutzung und Pflege überlassen bekommen. Er informierte die vermietende Stadt über die geplante Anlage eines „Biotops mit kleiner Teichanlage“. Statt eines kleinen Teichs errichtete er jedoch ein massives betoniertes Becken mit Stützwänden und Versorgungsleitungen, das eher an ein Schwimmbecken erinnerte. Das Gericht sah hierin eine erhebliche Veränderung des Grundstücks, die in die Substanz eingreife und nicht mehr als vertragsgemäßer Gebrauch zu werten sei. Die Zustimmung zur Anlage eines Biotops habe eine derart massive Betonkonstruktion nicht umfasst. Die Stadt kündigte das Nutzungsverhältnis daraufhin wirksam fristlos und konnte zudem den vollständigen Rückbau verlangen.

Dass bauliche Veränderungen jedoch nicht per se unzulässig sind, zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek (AG Hamburg-Barmbek, 30.11.2011 - Az: 820 C 79/11). Dort wurde dem Mieter die Anbringung einer Markise gestattet, obwohl sich an der Fassade ein Wärmedämmverbundsystem befand. Das Gericht entschied, dass die Installation vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt sei, sofern die Anbringung fachgerecht erfolge und das Dämmsystem nur geringfügig beschädigt werde.

Abnutzung oder Beschädigung: Diese Grenzen gelten bei der Wohnungsnutzung

Die Abgrenzung zwischen vertragsgemäßer Abnutzung und einer zu ersetzenden Beschädigung ist oft schwierig. Leichte Gebrauchsspuren, die im Alltag unvermeidlich sind, fallen unter die normale Abnutzung. So entschied das Amtsgericht Homburg (AG Homburg, 09.08.2018 - Az: 9 C 273/16 (11)), dass leichte Lackabsplitterungen an einer lackierten Einbauküche hinzunehmen sind, da Stöße beim Einräumen von Geschirr kaum zu vermeiden sind und zum vertragsgemäßen Gebrauch gehören. Ebenso wurde das Anbringen eines Handtuchhalters an einem Heizkörper vom Amtsgericht Lingen (AG Lingen, 01.10.2019 - Az: 4 C 460/19) als vertragsgemäßer Gebrauch gewertet, sodass daraus resultierende Lackschäden mit der Miete abgegolten sind.

Ganz anders ist die Lage bei exzessiver Nutzung und Verwahrlosung. In einem vom Landgericht Dessau-Roßlau (LG Dessau-Roßlau, 29.09.2016 - Az: 5 S 177/15) entschiedenen Extrembeispiel war eine Wohnung nach Auszug der Mieter in einem katastrophalen Zustand: beißender Geruch, abgerissene und mit Kot beschmierte Tapeten sowie ein völlig verdreckter Teppichboden. Dies stellt eine weit über den normalen Gebrauch hinausgehende Beschädigung der Mietsache dar, für die die Mieter vollumfänglich schadensersatzpflichtig sind. Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist bei solchen Substanzverletzungen eine vorherige Fristsetzung zur Beseitigung entbehrlich.

Lärm und Musizieren: Auch hier setzt der vertragsgemäße Gebrauch Grenzen

Das Zusammenleben in einem Mehrfamilienhaus erfordert gegenseitige Rücksichtnahme. Absolute Stille kann niemand erwarten; übliche Wohngeräusche müssen hingenommen werden. Klauseln in Hausordnungen, die eine „unbedingte Ruhe“ fordern, sind daher in der Regel unwirksam, da sie den Mieter in seinem vertragsgemäßen Wohnen unzulässig einschränken. Auch das nächtliche Laufen zur Toilette oder Küche ist, selbst bei quietschenden Dielen, Teil des Kernbereichs der Wohnnutzung und muss toleriert werden.

Das Musizieren in der Wohnung ist grundsätzlich Teil der freien Persönlichkeitsentfaltung und gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch. Es findet jedoch seine Grenzen im Gebot der Rücksichtnahme. In einem Fall vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main (AG Frankfurt/Main, 22.05.1996 - Az: 33 C 1437/96 - 28) wurde entschieden, dass das Klavierspielen in einem hellhörigen Haus auf täglich 90 Minuten außerhalb der Ruhezeiten beschränkt werden kann. Ein darüber hinausgehendes Musizieren wurde als rücksichtslos und nicht mehr vertragsgemäß eingestuft.

Auch die Nutzung von Haushaltsgeräten kann nicht übermäßig eingeschränkt werden. Eine Hausordnung, die den Betrieb von Waschmaschinen oder Geschirrspülern nur an Werktagen in engen Zeitfenstern erlaubt, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar und ist unwirksam (AG Hamburg, 02.08.2024 - Az: 21 C 402/23).

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Stand: 23.09.2025
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