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Hotel noch nicht fertig: Welche Rechte hat der Reisende?

Reiserecht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Auch wenn es auf den ersten Blick kurios erscheinen mag, so sind Reisende regelmäßig mit der Situation konfrontiert, dass das gebuchte Hotel nicht fertiggestellt ist. Teilweise handelt es sich um Umbauarbeiten, teilweise ist der Neubau schlicht und einfach noch nicht fertig gestellt. Da ein Urlaub auf einer Baustelle in der Regel nicht den Vorstellungen von einem gelungenen Urlaub entspricht, kommt es in solchen Situationen schnell zum Streit. Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung sind unterschiedliche Konstellationen zu betrachten:

Wenn das Hotel zum Reisebeginn nicht fertig ist

Gemäß § 651l BGB kann der Reisevertrag vor Antritt der Reise gekündigt werden, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt feststeht, dass die Reise durch einen Mangel erheblich beeinträchtigt würde.

Dies ist u.a. dann der Fall, wenn die Ferienanlage, in der der Urlaub gebucht wurde, bis zum Reisebeginn nicht fertiggestellt wäre.

Kann dahingegen davon ausgegangen werden, dass die Fertigstellung der Anlage bereits bzw. bis zum Reisebeginn erfolgt ist und damit auch etwaige Restarbeiten bis zum Beginn der Reise erledigt sein werden, ist eine auf § 651l gestützte Kündigung ausgeschlossen.

Der Reiseveranstalter unterliegt in dieser Hinsicht einer Informationspflicht (s.u.).

Wenn das Hotel vor Reisebeginn nicht fertiggestellt ist

Der Reisevertrag gibt i.d.R. keinen Anspruch darauf, dass die Anlage schon vor dem Beginn des Aufenthalts fertiggestellt ist.

Finden sich aber in den Medien verstärkt Hinweise darauf, dass die Bauarbeiten sich so verzögert haben, dass die rechtzeitige Fertigstellung ausgeschlossen oder unwahrscheinlich ist, ist der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden über den Stand der Fertigstellung wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen.

Bei einer unrichtigen Auskunft macht er sich schadensersatzpflichtig. Räumt der Veranstalter andererseits ein, dass mit der rechtzeitigen Fertigstellung nicht mehr zu rechnen ist, kann der Reisende vor Reisebeginn kündigen.

Werden dem Reisenden vor Reiseantritt durch den Reiseveranstalter in Erfüllung seiner Informationspflicht Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit der Reise bekannt gegeben, so muss er sich die Geltendmachung von Rechten wegen dieser Abweichungen vor Reiseantritt vorbehalten. Bei einem vorbehaltlosen Reiseantritt bei Mangelkenntnis kann das Minderungsrecht ansonsten entfallen, es sei denn, der Reiseveranstalter ist seiner Informationspflicht nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen.

Wie weit geht die Informationspflicht des Reiseveranstalters?

Hinsichtlich des Umfangs der Informationspflicht gilt Folgendes: Führen Bauarbeiten zu einer Beschränkung der Reiseleistungen muss der Veranstalter zum einen das ihm bekannte tatsächlich vorhandene Maß der Beeinträchtigung im Zeitpunkt der Mitteilung offenlegen, zum anderen aber auf der Grundlage der ihm durch seine vor Ort tätige Reiseleitung bekannt gegebenen Informationen eine Prognose abgeben, wie sich die Situation bis zum Reiseantritt des Reisenden entwickelt (AG Köln, 22.10.2018 - Az: 142 C 369/17).

Es stellt es einen erheblichen und einen eine selbstständige Minderung rechtfertigenden Reisemangel dar, dass der Veranstalter seine reisevertraglichen Informationspflichten schuldhaft verletzt hat.

Eine selbstständige Minderung kommt aber regelmäßig nur dann in Betracht, wenn sich die (vorsätzliche) Informationspflichtverletzung des Reiseveranstalters auf wesentliche negative Abweichungen der vom Reiseveranstalter geschuldeten Hauptleistungen bezieht, also z. B. wenn der Reiseveranstalter wesentliche Reisemängel, wie zum Beispiel eine Hotelüberbuchung oder eine halb fertige Hotelanlage verschweigt oder verharmlost. Daher ist der Veranstalter auch dazu verpflichtet, die Reisenden vor Reiseantritt auf die fehlende Fertigstellung und (soweit vorhanden) Bauarbeiten im Hotel hinzuweisen.

Bei einer Informationspflichtverletzung ist regelmäßig eine gesonderte Minderungsquote von 10% anzusetzen, in begründeten Ausnahmefällen kann eine geringere oder höhere Minderungsquote angezeigt sein. Handelt es sich um eine gravierende Informationspflichtverletzung, da die Fertigstellungsproblematik und die massiven Bauarbeiten in der Hotelanlage dem Hotelbetreiber, also dem Leistungsträger der Beklagten, offensichtlich und zweifellos bekannt gewesen sind, kann die Quote auf 15% erhöht werden. Die Kenntnis des Leistungsträgers ist dem Reiseveranstalter nämlich gemäß § 166 BGB zuzurechnen (LG Frankfurt/Main, 22.05.2019 - Az: 2-24 O 106/17; LG Frankfurt/Main, 15.08.2011 - Az: 2-24 S 185/10).

Was passiert bei einer Kündigung des Reisenden?

Steht dem Reisenden ein Kündigungsrecht zu, so verliert der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den Reisepreis; er kann dann auch keine Stornogebühr verlangen.

Der Reisende kann darüber hinaus Schadensersatz verlangen, wenn der Reiseveranstalter entweder schon beim Abschluss des Reisevertrags oder durch falsche Information auf Nachfrage des Reisenden die Fertigstellung der Anlage zugesagt hatte.

Der Schadensersatz kann auch eine Entschädigung wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit umfassen, wenn es dem Reisenden nach der Kündigung nicht mehr gelingt, anderweitig eine adäquate Reise zu buchen.

Der Reisende ist für die Kündigungsvoraussetzungen wegen eines Mangels nach § 651l BGB beweispflichtig. Wenn die Anlage tatsächlich beim Antritt der Reise in Ordnung sein sollte und der Reisende voreilig von der Reise zurückgetreten ist, kommt nicht der günstigere § 651l BGB, sondern § 651h BGB zur Anwendung. Diese Bestimmung besagt, dass der Reisende zwar jederzeit vor Reisebeginn von der Reise zurücktreten kann. Er muss auch in diesem Fall nicht den vollen Reisepreis zahlen; jedoch kann der Veranstalter dann, wenn kein nachweisbarer erheblicher Mangel Kündigungsgrund war, eine angemessene Stornoentschädigung verlangen, die in der Praxis i.a. pauschaliert wird.

Hinsichtlich von derartigen Pauschalen ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Reiseveranstalter genau darlegen (können) muss, welcher Schaden ihm gewöhnlich entsteht (BGH, 18.01.2022 - Az: X ZR 88/20).

So hat der BGH entsprechende Klauseln einkassiert, weil der Reiseveranstalter nicht ausreichend dargelegt hatte, dass gewöhnlich Stornierungskosten in der behaupteten Höhe anfallen (BGH, 09.12.2014 - Az: X ZR 13/14).

Wenn das Hotel bei Ankunft am Urlaubsort nicht fertig ist

Ist das Hotel bei Ankunft vor Ort in großen Teilen noch nicht fertiggestellt, so ist dies ein erheblicher Reisemangel, wenn auch wesentliche Einrichtungen nicht nutzbar sind. Ein anderes gilt nur dann, wenn der Reisende vorab vom Reiseveranstalter wahrheitsgemäß entsprechend informiert wurde und der Reisende die Reise dennoch vorbehaltlos angetreten hat.

Es stellt grundsätzlich einen Reisemangel dar, wenn eine Vielzahl von Bauarbeiten in der Hotelanlage während des Aufenthalts durchgeführt werden.

Hier kann entsprechend der regelmäßigen Rechtssprechung eine Minderung von 50% bis 60% erfolgen (vgl. u.a LG Frankfurt/Main, 22.05.2019 - Az: 2-24 O 106/17; LG Frankfurt/Main, 07.04.2016 - Az: 2-24 S O 51/15; LG Frankfurt/Main, 02.04.2012 - Az: 2-24 O 156/11; LG Frankfurt/Main, 15.08.2011 - Az: 2-24 S 185/10; AG Hannover, 11.10.2007 - Az: 504 C 4712/07; OLG Düsseldorf, 30.9.1999 - Az: 18 U 33/99; LG Köln, 25.06.1996 - Az: 3 O 27/96).

Im Extremfall kommt auch eine Minderung in Höhe von 100% in Betracht (AG Bonn, 17.09.1997 - Az: 9 C 124/97).

Sofern die Belästigung weniger einschneidend ist, fällt der Minderungssatz entsprechen niedriger aus.

Mustervorlagen

Minderung wegen Mängeln am Hotel (ohne Schadensersatz)

Minderung wegen Mängeln am Hotel (mit Schadensersatz)

Unfertiges Hotel / -zimmer - Schadensersatzforderung
Stand: 03.03.2025 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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