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Gewinnreise: Zwischen Traumurlaub und Kostenfalle

Reiserecht | Lesezeit: ca. 17 Minuten

Eine Gewinnreise liegt vor, wenn der Teilnehmer als Ergebnis eines Preisausschreibens, eines Gewinnspiels oder einer Werbemaßnahme eine Reise zugesprochen erhält – unabhängig davon, ob die Reise vollständig oder nur teilweise unentgeltlich ist. Dies ist von Rabatten, Preisnachlässen oder lediglich vergünstigten Reiseangeboten abzugrenzen, bei denen der Verbraucher (nahezu) den vollen Preis zahlt.

Der Antritt von Gewinnreisen erfordert besondere Aufmerksamkeit. Vielfach entpuppt sich der vermeintliche Traumurlaub als kostspielige Angelegenheit, wenn dem „Gewinner“ unerwartet hohe Nebenkosten auferlegt werden. Es kommt vor, dass der Gesamtpreis der gewonnenen Reise durch derartige Zuzahlungen den Wert vergleichbarer, regulär gebuchter Angebote übersteigt. In solchen Fällen kann eine sittenwidrige Schädigung des Verbrauchers vorliegen, die gemäß § 826 BGB einen Anspruch auf Schadenersatz begründen kann. Ebenso steht dem Betroffenen die Möglichkeit offen, die Buchungserklärung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB anzufechten.

Fällt eine Gewinnreise unter Pauschalreiserecht?

Grundsätzlich finden auf Gewinnreisen die Vorschriften des Pauschalreiserechts uneingeschränkt Anwendung. Dies gilt unabhängig davon, ob der Reisende einen Preis entrichtet hat oder nicht. Dem Gewinner stehen als Reiseteilnehmer sämtliche Rechte aus dem Reisevertrag zu. Vertragspartner ist dabei in der Regel der Reiseveranstalter, der die Reise auslobt oder durchführt, und nicht zwingend das Unternehmen, das lediglich das Preisausschreiben veranstaltet hat. Der Gewinner wird rechtlich als Reisender behandelt und ist somit Inhaber der reiserechtlichen Ansprüche. Dazu gehört auch das Recht, gemäß § 651e BGB einen Ersatzteilnehmer zu benennen, der die Reise an seiner statt antritt. Ein Anspruch auf Auszahlung des Reisewertes in bar besteht hingegen nicht. Ein solcher Anspruch kann nur dann geltend gemacht werden, wenn dem Gewinner ein entsprechendes Wahlrecht vom Veranstalter ausdrücklich eingeräumt wurde.

Der Reiseveranstalter ist auch bei Gewinnreisen verpflichtet, dem Gewinner vor Vertragsschluss spezifische, gesetzlich definierte Informationspflichten zu erfüllen (§ 651d BGB in Verbindung mit Art. 250 §§ 1–3 EGBGB). Hierzu zählen etwa Angaben zum Reiseverlauf, zum Gesamtpreis einschließlich Steuern und weiterer Kosten, zu Zahlungsmodalitäten, zu Mindestteilnehmerzahlen, Rücktrittsrechten und zur Insolvenzsicherung.

Versteckte Kosten und unzulässige Gebühren

Die häufigste Problematik bei Gewinnreisen sind versteckte Zuzahlungen. Oft wird bei der Buchung der Reise ein sogenanntes „Serviceentgelt“, eine „Bearbeitungs-“, „Buchungs-“ oder „Vermittlungsgebühr“ verlangt. Auch „Saisonzuschläge“ oder die Forderung einer „Kaution“ sind gängige Praxis. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Gewinn beispielsweise eine Übernachtung für eine Person in einem „halben Doppelzimmer“ umfasst. Möchte der Gewinner das Zimmer nicht mit einer fremden Person teilen, muss er entweder einen erheblichen Einzelzimmerzuschlag entrichten oder eine Begleitperson mitnehmen. Diese Begleitperson muss dann oft den vollen Reisepreis zahlen, der so hoch angesetzt sein kann, dass vergleichbare Reisen bei renommierten Veranstaltern für zwei Personen günstiger zu buchen wären. Bei gewonnenen Hotelaufenthalten wird bisweilen auch ein „Mindestverzehr“ verlangt, der die Kosten in die Höhe treibt.

Gerichtlich wurde bereits klargestellt, dass die Inanspruchnahme eines „Gewinns“ nicht mit der Erhebung zusätzlicher Kosten verknüpft werden darf. Die Mitteilung über eine Gewinnreise, für die der Gewinner noch Kosten wie einen Kerosin- oder Flughafenzuschlag tragen soll, ist unzulässig (LG Bremen, 22.02.2017 - Az: 12 O 203/16).

Pflicht zur Aushändigung des Sicherungsscheins

Handelt es sich bei dem Gewinn um eine Pauschalreise, darf der Veranstalter keinerlei Zahlungen verlangen, ohne dem Reisenden einen Sicherungsschein auszuhändigen. Dieser Schein dient als Nachweis für die gesetzlich vorgeschriebene Insolvenzversicherung des Veranstalters (§ 651r BGB). Bei den oben genannten Entgelten, wie „Bearbeitungs-“ oder „Buchungsgebühren“, handelt es sich rechtlich um ein Entgelt für die Reise und damit um einen Teil des Reisepreises. Der Reisende kann die Leistung nicht in Anspruch nehmen, ohne diese Zahlung zu leisten.

Das Fordern eines Teils des Reisepreises – gleich welcher Bezeichnung – ohne vorherige Übergabe des Sicherungsscheins, stellt einen Verstoß gegen § 651r Abs. 4 BGB dar. Ein solches Vorgehen wird als unlautere Geschäftshandlung gemäß §§ 3, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bewertet (LG Osnabrück, 06.07.2007 - Az: 15 O 167/07).

Die Pflicht zur Aushändigung des Sicherungsscheins besteht auch dann, wenn der Gewinner selbst nichts zahlt, aber eine Begleitperson gegen Entgelt mitnimmt. Das Oberlandesgericht München hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Gewinner einer Busreise (Übernachtung im halben Doppelzimmer) seine Ehefrau zum vollen Preis mitnahm (OLG München, 23.12.1999 - Az: 6 U 4175/99). Der Veranstalter händigte nur einen Sicherungsschein aus, der laut Aufdruck „nur für 1 Person gültig“ war. Das Gericht stufte dies als wettbewerbswidrig ein. Der Veranstalter ist verpflichtet, beiden Reiseteilnehmern einen Sicherungsschein auszuhändigen. Zur Begründung verwies das Gericht auf die zugrundeliegende EU-Richtlinie (Richtlinie 90/314/EWG). Die Insolvenzsicherung soll nicht nur den gezahlten Reisepreis abdecken, sondern auch eventuell notwendige Aufwendungen für die Rückreise im Insolvenzfall (§ 651r Abs. 1 Nr. 2 BGB). Solche Rückreisekosten können auch dem nicht zahlenden Gewinner entstehen, weshalb auch dieser über seine Rechte durch den Sicherungsschein aufzuklären ist. Der Europäische Gerichtshof (EuGH, 15.06.1999 – Az: C-140/97) hatte bereits entschieden, dass die Sicherungspflicht auch dann greift, wenn die Gegenleistung nur einen einzigen Bestandteil der Reise abdeckt.

Gewinnzusage: Wann muss der Veranstalter leisten?

Erhält ein Verbraucher eine Gewinnmitteilung, die den Eindruck erweckt, er habe bereits einen Preis gewonnen, so ist der Unternehmer zur Leistung dieses Preises verpflichtet. Dies ist in § 661a BGB geregelt. Maßgeblich für die Verbindlichkeit ist, wie ein verständiger Empfänger die Mitteilung unter Berücksichtigung von Inhalt und äußerer Gestaltung verstehen durfte.

Ein Unternehmer haftet persönlich für den Gewinn, wenn er in der Mitteilung selbst als Absender auftritt und nicht hinreichend deutlich macht, dass er nur als Vertreter für einen Dritten handelt (AG Cloppenburg, 23.02.2001 - Az: 17 C 253/00). Eine bloße Nennung eines „Sponsors“ genügt nicht, um die eigene Verantwortlichkeit auszuschließen, wenn die Gewinnzusage im eigenen Namen abgegeben wird.

Wird der Gewinn von der Zahlung einer „Kostenpauschale“ abhängig gemacht, ist eine solche Klausel in der Regel unwirksam. Das Amtsgericht Cloppenburg wertete eine solche Bedingung als Allgemeine Geschäftsbedingung, die den Verbraucher unangemessen benachteiligt und vom gesetzlichen Grundgedanken des § 661a BGB abweicht. Der Anspruch aus § 661a BGB entsteht bereits durch die Zusendung der Gewinnmitteilung, ohne dass es einer Annahmeerklärung oder einer Gegenleistung des Verbrauchers bedarf.

Der Umfang der geschuldeten Leistung ergibt sich ebenfalls aus der Auslegung der Mitteilung. Wird lediglich ein „Urlaubsscheck“ oder ein „Reisegutschein“ angekündigt, besteht auch nur ein Anspruch auf Übersendung dieser Gutscheine, nicht jedoch auf eine vollständige Reiseleistung.

Unzulässige Werbung und Datenschutz

Häufig werden Gewinnspiele als Vorwand genutzt, um Adressdaten zu sammeln und für Werbeanrufe oder -mails zu verwenden. Solche Werbekontaktaufnahmen bedürfen einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung (§ 7 Abs. 2 UWG, § 7 Abs. 3 UWG für Bestandskundenkontakte). Fehlt diese, können die Betroffenen Unterlassung und ggf. Schadensersatz verlangen. Die Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte ohne Einwilligung ist nach der DSGVO unzulässig.

Reisemängel bei gewonnenen Reisen

Da auch bei gewonnenen Reisen das Pauschalreiserecht gilt, stehen dem Gewinner bei Mängeln die üblichen Gewährleistungsrechte zu. Gibt beispielsweise das Hotel oder die Durchführung der Reise Anlass zu Reklamationen, können unter Umständen ein Hotelwechsel, Schadenersatz oder die vorzeitige Rückreise auf Kosten des Veranstalters verlangt werden.

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Stand: 20.10.2025
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