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Tierhaltung in der Mietwohnung: Wann der Vermieter die Erlaubnis erteilen muss

Mietrecht | Lesezeit: ca. 14 Minuten

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Ob ein Haustier in der Mietwohnung gehalten werden darf, ist ein immer wieder auftauchender Streitpunkt zwischen Mietern und Vermietern. Während für viele Mieter ein Leben ohne Hund, Katze oder Kanarienvogel undenkbar ist, befürchten Vermieter oft Lärm, Gerüche, Abnutzung der Mietsache oder Konflikte innerhalb der Hausgemeinschaft. Pauschale Verbote im Mietvertrag sind zwar oft unwirksam, doch ein Freibrief zur Tierhaltung existiert ebenso wenig. Es kommt entscheidend auf die Art des Tieres, die Regelungen im Mietvertrag und letztlich auch eine umfassende Abwägung der Interessen aller Beteiligten an.

Pauschales Tierhaltungsverbot im Mietvertrag ist unwirksam

Mietverträge enthalten immer wieder Klauseln, die eine Haltung von Tieren generell oder die Haltung von Hunden und Katzen pauschal verbieten. Solche formularmäßigen Klauseln, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu qualifizieren sind, hat der Bundesgerichtshof (BGH) für unwirksam erklärt (vgl. BGH, 20.03.2013 - Az: VIII ZR 168/12). Ein generelles Verbot benachteiligt den Mieter unangemessen im Sinne des § 307 BGB, da es keine Rücksicht auf die konkreten Umstände des Einzelfalls nimmt. Es würde dem Mieter die Tierhaltung selbst dann untersagen, wenn von dem Tier keinerlei Störungen oder Beeinträchtigungen ausgingen.

Die Unwirksamkeit einer solchen Klausel bedeutet jedoch nicht, dass der Mieter nunmehr jedes Tier ohne Weiteres halten darf. Vielmehr tritt an die Stelle der unwirksamen Regelung die gesetzliche Vorschrift des § 535 Abs. 1 BGB. Ob die Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört, muss durch eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall ermittelt werden. Auch eine Klausel, die jegliche Tierhaltung – also auch die von Kleintieren – ausnahmslos verbietet, ist unwirksam (vgl. LG Nürnberg-Fürth, 16.03.2017 - Az: 7 S 8871/16). Der Grundgedanke ist stets, dass die persönlichen Lebensumstände und die berechtigten Interessen des Mieters an der Tierhaltung gegen die ebenso berechtigten Interessen des Vermieters und der anderen Hausbewohner abgewogen werden müssen. Selbst die Haltung eines Blindenhundes wäre nach einer pauschalen Verbotsklausel verboten, was die Unangemessenheit einer solchen Regelung verdeutlicht (vgl. AG Köln, 25.10.2012 - Az: 222 C 205/12).

Kleintiere sind fast immer erlaubt

Die Haltung von Kleintieren, von denen typischerweise keine Störungen ausgehen, gehört grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung. Hierzu zählen beispielsweise Zierfische, Hamster, Zwergkaninchen, Meerschweinchen oder Kanarienvögel. Deren Haltung kann der Vermieter im Mietvertrag nicht wirksam verbieten, solange die Anzahl der Tiere im üblichen Rahmen bleibt und keine unzumutbaren Belästigungen für Nachbarn oder Schäden an der Wohnung entstehen. Eine mietvertragliche Klausel, die pauschal die Haltung sämtlicher Haustiere von der Zustimmung des Vermieters abhängig macht, ohne Kleintiere auszunehmen, ist unwirksam (vgl. BGH, 14.11.2007 - Az: VIII ZR 340/06).

Die Grenze ist jedoch dort erreicht, wo die Kleintierhaltung exzessive Ausmaße annimmt. So rechtfertigte die Haltung von circa 80 Kanarienvögeln und Zebrafinken in einem eigens zur Voliere umfunktionierten Zimmer einer 51 m² großen Wohnung eine fristlose Kündigung. Das AG Menden sah den vertragsgemäßen Gebrauch als deutlich überschritten an, da dies zu erheblichen Geruchs- und Lärmbelästigungen für die Nachbarn führte und die Substanz der Mietsache gefährdete (AG Menden, 05.02.2014 - Az: 4 C 286/13).

Auch die Definition von „Kleintier“ ist nicht grenzenlos. Igel beispielsweise sind Wildtiere und keine typischen Haustiere. Ihre Haltung in einer Mietwohnung, insbesondere in größerer Anzahl zur Überwinterung, ist nicht vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt. Denn ein strenger, für Wildtiere typischer Geruch muss von Mitbewohnern nicht hingenommen werden und kann eine Abmahnung sowie eine anschließende Kündigung rechtfertigen (vgl. AG Berlin-Spandau, 11.11.2014 - Az: 12 C 133/14).

Hunde und Katzen: Interessenabwägung im Einzelfall

Bei der Haltung von Hunden und Katzen, die nicht mehr als Kleintiere gelten, ist die Rechtslage komplexer. Fehlt eine wirksame vertragliche Regelung – sei es, weil der Mietvertrag keine Klausel enthält oder die vorhandene Klausel unwirksam ist – muss eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen stattfinden. Diese lässt sich nicht schematisch lösen, sondern hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Falles ab (vgl. AG Köln, 07.07.2021 - Az: 210 C 208/20).

Folgende Kriterien sind bei dieser Abwägung insbesondere zu berücksichtigen:

Art, Größe, Rasse und Verhalten des Tieres

Ein kleiner, ruhiger Hund ist anders zu bewerten als eine als gefährlich eingestufte Rasse oder ein Tier, das zu ständigem Bellen neigt.

Anzahl der Tiere

Während die Haltung eines Hundes nach Abwägung erlaubt sein kann, entspricht die Haltung von mehreren Hunden in der Regel nicht mehr dem vertragsgemäßen Gebrauch. So entschied das Amtsgericht München, dass die Haltung von fünf Hunden in einer Mietwohnung unzulässig ist, auch wenn die Haltung eines Hundes mündlich gestattet war (AG München, 12.05.2014 - Az: 424 C 28654/13).

Größe, Zustand und Lage der Wohnung und des Hauses

In einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung kann die Haltung eines großen Hundes problematisch sein, während in einem Einfamilienhaus mit Garten andere Maßstäbe gelten.

Berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn

Allergien, begründete Ängste oder bereits vorhandene Lärmbelästigungen müssen in die Abwägung einfließen.

Persönliche Verhältnisse und besondere Bedürfnisse des Mieters

Soziale, therapeutische oder gesundheitliche Gründe des Mieters für die Tierhaltung (z.B. ein Therapiehund) können dessen Interesse ein besonderes Gewicht verleihen.

Bisherige Handhabung durch den Vermieter

Hat der Vermieter in der Vergangenheit die Haltung von Hunden oder Katzen im Haus geduldet, kann er dies nicht ohne sachlichen Grund einem neuen Mieter verwehren.

Welche Auswirkungen hat der Zustimmungsvorbehalt des Vermieters?

Häufig finden sich in Mietverträgen Klauseln, die eine Tierhaltung nicht generell verbieten, aber von der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Vermieters abhängig machen (sogenannter Zustimmungsvorbehalt). Solche Klauseln können wirksam sein, allerdings nur unter strengen Voraussetzungen. Eine Klausel, die die Entscheidung des Vermieters in dessen freies und an keine sachlichen Kriterien gebundenes Ermessen stellt, ist unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt (vgl. BGH, 25.09.2012 - Az: VIII ZR 329/11; LG Berlin, 19.12.2022 - Az: 64 S 151/22).

Wirksam ist ein Zustimmungsvorbehalt nur dann, wenn die Entscheidung des Vermieters an nachvollziehbare und sachliche Kriterien geknüpft ist. Eine wirksame Klausel kann beispielsweise lauten, dass die Zustimmung nur aus einem wichtigen Grund (z.B. Störung des Hausfriedens, Gefährdung der Mietsache) verweigert werden darf. Eine Klausel, die Kleintiere explizit von der Zustimmungspflicht ausnimmt und für andere Tiere, insbesondere Hunde, eine vorherige Zustimmung vorsieht, kann ebenfalls wirksam sein. In einem solchen Fall besteht für den Mieter kein genereller Anspruch auf Zustimmung zur Hundehaltung, auch nicht bei einem kleinen Hund wie einem Yorkshire Terrier (vgl. AG Berlin-Spandau, 13.04.2011 - Az: 13 C 574/10).

Pflichtverletzungen des Mieters durch die Tierhaltung können zur Kündigung führen!

Auch eine ursprünglich erlaubte oder geduldete Tierhaltung kann zu einem Kündigungsgrund werden, wenn der Mieter seine Pflichten verletzt und der Hausfrieden nachhaltig gestört wird. Das Verhalten des Tieres und des Halters ist entscheidend. Ein wiederholtes, unangeleintes Herumlaufenlassen von Hunden auf den Gemeinschaftsflächen einer Wohnanlage, insbesondere auf einem Kinderspielplatz, stellt trotz mehrfacher Abmahnungen eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Es kommt dabei nicht entscheidend darauf an, ob es bereits zu konkreten Verunreinigungen gekommen ist; die beharrliche Missachtung der Hausordnung und die potenzielle Gefährdung oder Belästigung von Mitbewohnern genügt (vgl. BGH, 02.01.2020 - Az: VIII ZR 328/19).

Bauliche Veränderungen für Haustiere

Auch wenn es nicht der Regelfall ist, so kann Tierhaltung auch bauliche Fragen aufwerfen, wenn An- oder Umbauten durch den Halter vorgenommen werden. So stellt das Anbringen eines Katzennetzes auf dem Balkon eine bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung des Vermieters bedarf, da sie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflusst. Dabei ist es unerheblich, ob in die Bausubstanz eingegriffen wird. Der Vermieter kann die Entfernung einer solchen ohne Erlaubnis angebrachten Konstruktion verlangen (vgl. AG Berlin-Neukölln, 12.04.2012 - Az: 10 C 456/11).

Regelungen im Wohnungseigentumsrecht

Besonderheiten gelten auch im Wohnungseigentumsrecht (WEG). Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann durch Beschluss Regelungen für das Gemeinschaftseigentum treffen. So ist die Festlegung einer Leinenpflicht für Hunde in der Hausordnung durch einen Mehrheitsbeschluss zulässig und entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. AG Marburg, 25.04.2023 - Az: 9 C 594/22). Die Gemeinschaft kann sogar durch Beschluss die Haltung von Hunden und Katzen generell verbieten. Wird ein solcher Beschluss nicht fristgerecht angefochten, erlangt er Bestandskraft und ist für alle Eigentümer – und mittelbar auch für deren Mieter – bindend (vgl. OLG Frankfurt, 17.01.2011 - Az: 20 W 500/08). Ebenso kann die WEG den Transport von Tieren im Aufzug untersagen, ohne dass dies eine unangemessene Einschränkung darstellt (vgl. LG Karlsruhe, 12.12.2013 - Az: 5 S 43/13). Solche Beschlüsse sind auch für Mieter relevant, wenn der Mietvertrag wirksam auf die Einhaltung der jeweils gültigen Hausordnung verweist.
Stand: 03.11.2025
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