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Bastlerfahrzeug: Wann der Gewährleistungsausschluss beim Autokauf unwirksam ist

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 14 Minuten

Beim Kauf eines Gebrauchtwagens, insbesondere über Online-Plattformen, stößt man häufig auf den Begriff „Bastlerfahrzeug“. Verkäufer verwenden diese Bezeichnung in der Hoffnung, sich damit jeglicher Verantwortung für den Zustand des Fahrzeugs zu entledigen. Die Absicht ist klar: Die gesetzliche Sachmängelhaftung soll umgangen werden, indem signalisiert wird, dass das Fahrzeug erhebliche Mängel aufweist und nicht für den sofortigen Einsatz im Straßenverkehr geeignet ist. Doch die Rechtsprechung zeigt, dass dieser Versuch, die Gewährleistung pauschal auszuschließen, oft an den konkreten Umständen des Einzelfalls scheitert. Ob ein solcher Haftungsausschluss wirksam ist, hängt maßgeblich davon ab, wie das Fahrzeug im Übrigen beschrieben wird und welche Erwartungen der Käufer unter Berücksichtigung aller Angaben redlicherweise haben durfte.

Widersprüchliche Angaben im Kaufangebot: Was gilt wirklich?

Die Bezeichnung eines Fahrzeugs als „Bastlerfahrzeug“ muss mit dem Gesamtbild des Angebots im Einklang stehen. Preist der Verkäufer das Fahrzeug an anderer Stelle mit positiven Eigenschaften an, die auf einen fahrbereiten und funktionstüchtigen Zustand hindeuten, können diese Angaben eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 BGB begründen. Eine solche Vereinbarung wiegt schwerer als die pauschale Abwertung zum Bastlerobjekt.

Ein anschauliches Beispiel liefert eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, 28.03.2011 - Az: 3 U 174/10). In dem verhandelten Fall wurde ein Wohnmobil für über 5.000 Euro verkauft. Die Anzeige enthielt die Formulierungen „Das Wohnmobil ist in einem guten Zustand. Zuletzt waren wir mit dem Womo in Spanien und alles hat super geklappt.“ Im später aufgesetzten schriftlichen Kaufvertrag wurde das Fahrzeug dann als „Bastlerfahrzeug“ deklariert. Das Gericht entschied, dass die positiven Beschreibungen im Angebot eine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend begründen, dass das Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher ist. Ein verständiger Käufer dürfe bei solchen Anpreisungen davon ausgehen, dass das Fahrzeug seine ureigenste Funktion, die verkehrssichere Fortbewegung, gefahrlos erfüllen kann. Die nachträgliche Bezeichnung als Bastlerfahrzeug könne diese zuvor getroffene Vereinbarung über die Verkehrssicherheit nicht einfach aufheben.

Ähnlich argumentierte das Landgericht Hamburg in einem Fall, bei dem ein Mercedes SL 500 über eBay verkauft wurde (LG Hamburg, 26.03.2010 - Az: 322 O 222/09). Das Fahrzeug wurde einerseits als „gut gepflegter Mercedes Benz SL 500“ beschrieben, andererseits aber als „Bastlerfahrzeug“ verkauft, um die Gewährleistung auszuschließen. Später stellte sich heraus, dass der Kilometerzähler defekt war. Das Gericht sah die Bezeichnung „Bastlerfahrzeug“ nicht als Zustandsbeschreibung, sondern als unwirksamen Versuch eines Haftungsausschlusses. Zur üblichen Beschaffenheit eines Gebrauchtwagens gehöre ein funktionierender Kilometerzähler, da dieser für die Bewertung des Fahrzeugs von entscheidender Bedeutung ist. Der Verkäufer hätte diesen Mangel offenbaren müssen, weshalb dem Käufer ein Rücktrittsrecht zustand.

Welche Bedeutung haben die „Fahrbereitschaft“ und der Kaufpreis?

Bei der Auslegung von Kaufverträgen über Gebrauchtfahrzeuge spielt die vereinbarte oder zumindest erwartbare Fahrbereitschaft eine wichtige Rolle. Versichert ein Verkäufer, das Auto fahre oder es sei „alles in Ordnung“, so kann dies als Vereinbarung der Fahrbereitschaft gewertet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeutet „fahrbereit“, dass ein Fahrzeug nicht mit verkehrsgefährdenden Mängeln behaftet ist und seine wesentlichen technischen Funktionen einen Betrieb ermöglichen (BGH, 22.11.2006 - Az: VIII ZR 72/06).

So hatte das Oberlandesgericht München über einen Fall zu entscheiden, in dem ein 20 Jahre altes Fahrzeug für 10.500 € verkauft wurde (OLG München, 12.06.2019 - Az: 7 U 1630/18). In der eBay-Anzeige war es als „Bastlerfahrzeug“ bezeichnet. Der Verkäufer hatte im Verkaufsgespräch jedoch zugesichert, dass „alles funktionier(e)“ und „das Auto (fahre)“. Das Gericht wertete diese Aussagen als verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung über die Fahrbereitschaft. Bei einem derart hohen Kaufpreis könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Fahrzeug nur als Teilespender oder zum „Herumschrauben“ dienen solle. Der Begriff „Bastlerfahrzeug“ trat hier hinter die konkreten Zusagen des Verkäufers zurück.

Jedoch übernimmt der Verkäufer mit der Angabe, dass ein Fahrzeug „fahrbereit“ ist, nicht ohne weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder eine längere Strecke fahrbereit bleibt.

Der Kaufpreis ist im Rahmen einer gerichtlichen Aufarbeitung oftmals ein wesentliches Indiz dafür, was die Vertragsparteien tatsächlich vereinbaren wollten. Ein hoher Preis spricht gegen die Annahme, dass lediglich ein Ersatzteilträger oder Schrott verkauft werden sollte. Das Landgericht Stendal stellte klar, dass bei der Auslegung zu klären ist, ob ein Fahrzeug zum Ausschlachten oder zur Reparatur mit anschließender Weiternutzung veräußert wird. Steht der Preis in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert eines reinen Schrottfahrzeugs oder liegt eine frische TÜV-Plakette vor, spricht dies für letzteren Zweck (LG Stendal, 24.03.2011 - Az: 22 S 66/01). Umgekehrt kann die Bezeichnung als Bastlerfahrzeug bei einem sehr niedrigen Preis durchaus den Schluss auf erhebliche Mängel rechtfertigen. Ein Käufer kann sich dann nur schwer darauf berufen, er sei lediglich von geringfügigen Mängeln ausgegangen, sofern er nicht explizit nachgefragt hat (AG München, 04.08.2008 - Az: 231 C 2536/08).

Verbrauchsgüterkauf: Was gilt für den Kauf bei einem gewerblichen Händler?

Besondere Schutzvorschriften gelten beim sogenannten Verbrauchsgüterkauf, also wenn ein gewerblicher Händler an eine Privatperson verkauft. Hier sind Vereinbarungen, die die Gewährleistung einschränken oder ausschließen, nur sehr begrenzt zulässig (§ 476 BGB). Der pauschale Hinweis auf ein „Bastlerfahrzeug“ genügt in der Regel nicht, um die gesetzliche Sachmängelhaftung wirksam auszuschließen.

Bei einem Verbrauchsgüterkauf sind gewährleistungsbeschränkende Vereinbarungen vor Mitteilung eines Mangels unzulässig. Als Gewährleistungsausschluss unwirksam ist damit der Passus im Kaufvertrag, dass der Käufer das Fahrzeug besichtigt und Probe gefahren und den vorgefundenen Zustand akzeptiert habe, denn derartige Klauseln sind keine Beschaffenheits- oder Zustandsbeschreibungen, sondern beschränken die Gewährleistung.

Die bloße Bezeichnung eines als funktionsfähig und zum Betrieb durch den Käufer verkauften Gebrauchtwagens als „Bastlerfahrzeug“ führt nicht zu einem Ausschluss der Mängelhaftung des Verkäufers, wenn der Käufer aufgrund der sonstigen Angaben des Verkäufers und des übereinstimmend zugrunde gelegten Vertragszwecks von einem funktionsfähigen Fahrzeug ausgehen darf  (OLG Stuttgart, 17.08.2023 - Az: 2 U 41/22).

Unwirksam sind auch Klauseln, die an versteckter Stelle in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auftauchen. Das Amtsgericht München hatte einen Fall zu beurteilen, bei dem ein Gebrauchtwagenhändler einen Jeep Wrangler verkaufte, bei dem später der Allradantrieb defekt war (AG München, 17.11.2009 - Az: 155 C 22290/08). Der Verkäufer berief sich auf eine Klausel im Vertrag, wonach ein „Bastlerauto“ verkauft worden sei. Das Gericht erklärte den Gewährleistungsausschluss für unwirksam. Die Bezeichnung sei unauffällig und in kleinerer Schriftgröße in den Text eingefügt gewesen, sodass der Käufer davon überrascht wurde (§ 305c BGB). Zudem stelle die Funktionsfähigkeit des Allradantriebs bei einem Jeep eine zugesicherte Eigenschaft dar, die stillschweigend vorausgesetzt werde.

Welche Rechte hat der Käufer bei Mängeln?

Stellt der Käufer nach dem Kauf einen Mangel fest, der trotz der Bezeichnung als „Bastlerfahrzeug“ einen Sachmangel im Rechtssinne darstellt, stehen ihm die gesetzlichen Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB zu. Dazu gehören Nacherfüllung, Rücktritt vom VertragMinderung des Kaufpreises und Schadensersatz. Bevor der Käufer jedoch vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern kann, muss er dem Verkäufer grundsätzlich die Möglichkeit zur Nacherfüllung geben. Das bedeutet, er muss den Verkäufer unter Fristsetzung auffordern, den Mangel zu beseitigen.

Diese Obliegenheit des Käufers geht jedoch über eine bloße schriftliche Aufforderung hinaus. Er muss dem Verkäufer die Kaufsache auch zur Verfügung stellen, damit dieser den gerügten Mangel untersuchen kann. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, auf ein Nacherfüllungsverlangen einzugehen, solange ihm diese Untersuchungsmöglichkeit verwehrt wird.

Ein Urteil des Amtsgerichts Minden verdeutlicht dies (AG Minden, 30.06.2020 - Az: 22 C 80/20). In dem Fall kaufte der Kläger ein Fahrzeug, das im Vertrag explizit als „Schrott-/Bastlerfahrzeug“ zur Ersatzteilverwertung deklariert wurde. Als das Auto nicht mehr ansprang, forderte der Kläger die Verkäuferin zur Mängelbeseitigung auf und erklärte später den Rücktritt. Das Gericht wies die Klage ab, weil der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen war. Er hatte der Verkäuferin zwar mitgeteilt, das Fahrzeug stehe zur Verfügung, es aber zuvor abgelehnt, das Fahrzeug zum Sitz der Verkäuferin zu bringen. Da die Verkäuferin bereits ihre Bereitschaft zur Untersuchung signalisiert hatte, wäre es am Kläger gewesen, das Fahrzeug dorthin zu verbringen oder zumindest klarzustellen, dass er dazu nun bereit sei. Da er dies unterließ, war sein Nacherfüllungsverlangen unzureichend und der erklärte Rücktritt unwirksam. Die Bereitschaft zur Kooperation bei der Mängelprüfung ist somit entscheidend für die erfolgreiche Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen.
Stand: 23.08.2025
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