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Autokauf: Wann der Rücktritt vom Kaufvertrag erlaubt ist und wann nicht

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 15 Minuten

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Der Kauf eines Autos ist in der Regel eine große Investition. Umso ärgerlicher ist es, wenn das Fahrzeug Mängel aufweist oder nicht den Vereinbarungen entspricht. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich ist. Doch unter welchen rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen ist der Rücktritts beim Autokauf – für Neuwagen und Gebrauchtwagen – eigentlich möglich?.

Welche Rechte hat der Fahrzeugkäufer eigentlich grundsätzlich?

Beim Autokauf handelt es sich um einen Kaufvertrag nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Hierbei hat der Verkäufer die Pflicht, dem Käufer eine mangelfreie Sache zu übergeben („frei von Sach- und Rechtsmängeln“ vgl. § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Käufer ist im Gegenzug verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen (§ 433 Abs. 2 BGB).

Tritt jedoch ein Mangel auf, stehen dem Käufer grundsätzlich folgende Rechte zu:
  • Nacherfüllung (§ 439 BGB): Der Käufer kann verlangen, dass der Mangel durch Reparatur oder Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs behoben wird.
  • Rücktritt vom Vertrag (§ 323, § 326 Abs. 5 BGB): Ist die Nacherfüllung erfolglos oder unzumutbar, kann der Käufer den Vertrag rückgängig machen.
  • Minderung des Kaufpreises (§ 441 BGB): Statt vom Vertrag zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis mindern.
  • Schadensersatz (§ 280 ff. BGB): Liegt ein Verschulden des Verkäufers vor, kann der Käufer Schadensersatz verlangen.

Welche Voraussetzungen müssen für den Rücktritt vom Kaufvertrag erfüllt sein?

Der Rücktritt ist eine der weitreichendsten Konsequenzen bei Mängeln und an strenge Voraussetzungen geknüpft. Die wesentlichen Bedingungen sind:

1. Es muss ein Sachmangel vorliegen.

Ein Sachmangel liegt vor, wenn das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 BGB).

Beispiele:
  • Der Wagen hat einen nicht offengelegten Unfallschaden.
  • Die im Vertrag angegebene Ausstattung fehlt.
  • Der Kilometerstand wurde manipuliert.
2. Es wurde eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt.

Der Verkäufer muss grundsätzlich die Gelegenheit erhalten, den Mangel zu beheben (§ 439 BGB). Hierbei ist eine angemessene Frist zu setzen. Ausnahmen bestehen dann, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung verweigert, die Nacherfüllung unzumutbar ist (z. B. wegen grober Mängel), der Mangel nicht behebbar ist oder besondere Umstände vorliegen, die einen sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

Eine Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB setzt eine bestimmte und eindeutige Aufforderung zur Behebung des Mangels voraus.

Eine wirksame Fristsetzung i.S.v. § 323 Abs.1 BGB ist nicht gegeben, wenn die Aufforderung zur Nachbesserung auf die Durchführung einer bestimmten Maßnahme beschränkt und dem Verkäufer keine Möglichkeit belassen wird, die Art der durchzuführenden Reparatur selbst zu bestimmen (OLG Bremen, 27.03.2015 - Az: 2 U 12/15).

Grundsätzlich obliegt es dem Verkäufer darüber zu entscheiden, wie ein Sachmangel im Rahmen der Nacherfüllung behoben werden soll. Entscheidend ist der Erfolg der Maßnahme (OLG Hamm, 06.02.2014 - Az: I-28 U 20/13). Sofern die Parteien jedoch eine konkrete Art und Weise der Mangelbehebung vereinbaren, so muss diese auch so vorgenommen werden. Tut der Verkäufer dies nicht, so steht dem Käufer ein Rücktrittsrecht zu.

3. Die Nacherfüllung oder die Frist war erfolglos.

Schlägt die Reparatur oder der Austausch fehl, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Es ist dem Käufer jedoch nicht zuzumuten, mehr als zwei Nachbesserungsversuche abzuwarten, insbesondere dann, wenn der erste Versuch bereits mit unzureichenden Mitteln durchgeführt wurde (OLG Karlsruhe, 30.06.2004 - Az: 12 U 112/04).

Ansonsten muss die zur Nacherfüllung gesetzte Frist erfolglos abgelaufen sein.

4. Es muss sich um einen erheblichen Mangel handeln.

Der Mangel muss erheblich sein (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Kleinere Kratzer oder normale Gebrauchsspuren reichen nicht aus, um den Rücktritt zu rechtfertigen.

Bei einem behebbaren Sachmangel ist die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Rahmen der auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung in der Regel bereits dann erreicht ist, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet.

Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber die übrigen Gewährleistungsrechte ausschließt, kann hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand die vorgenannte flexible Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt.

Eine generelle Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle über diesen Prozentsatz hinaus ist mit dem durch den Gesetzeswortlaut und durch die Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln nicht zu vereinbaren. Die Erheblichkeitsschwelle von (nur) fünf Prozent des Kaufpreises steht im Einklang mit den Vorgaben der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (BGH, 28.05.2014 - Az: VIII ZR 94/13).

Besonderheiten beim Gebrauchtwagenkauf

Beim Gebrauchtwagenkauf gelten zusätzliche Besonderheiten. Denn oft schließen Verkäufer im Vertrag die Gewährleistung aus. Dies ist bei privaten Verkäufen zulässig, jedoch nicht bei Händlern.

Doch auch dann hat ein Gewährleistungsausschluss seine Grenzen:

Der Ausschluss greift nicht, wenn der Verkäufer den Käufer arglistig über Mängel täuscht (§ 444 BGB).

Werden bestimmte Eigenschaften zugesichert (z. B. „Unfallfrei“), kann sich der Verkäufer nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, da es sich um eine Beschaffenheitsvereinbarung handelt, die der Kaufgegenstand erfüllen muss.

Gewerbliche Verkäufer dürfen die Gewährleistung nicht komplett ausschließen, sondern nur auf ein Jahr verkürzen. Mängel, die innerhalb der ersten sechs Monate auftreten, gelten zudem als bereits beim Kauf vorhanden (§ 477 BGB). Der Verkäufer ist insoweit in der Beweispflicht, dass der Mangel vom Käufer verursacht wurde.

Wann ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen?

Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist also nicht immer möglich. Geringfügige Mängel rechtfertigen in der Regel nicht den Rücktritt vom Kaufvertrag. In solchen Fällen kann der Käufer lediglich eine Minderung des Kaufpreises durchsetzen.

Ist nicht auszuschließen, dass ein Mangel auf altersbedingten Verschleiß zurückzuführen ist, so ist der Käufer eines Gebrauchtwagens nicht zum Rücktritt wegen eines Mangels berechtigt (LG Dortmund, 03.01.2007 - Az: 22 O 85/06).

Ein Rücktritt ist nur dann möglich, wenn ein Sachmangel sowohl bei Gefahrübergang als auch bei Ausübung des Rücktrittsrechts vorliegt. Ein vor Ausübung des Rücktrittsrecht beseitigter Mangel steht dem Rücktritt daher entgegen (AG Berlin-Neukölln, 29.05.2015 - Az: 10 C 521/14).

Sofern der Käufer den Kaufgegenstand bereits erheblich verändert, kann ein Rücktritt ebenfalls unmöglich sein, da die Rückgabe im Ursprungszustand zurückzugeben ist. Ein typischer Fall wäre ein vorgenommenes Motortuning.

Der Rücktritt vom Vertrag ist ebenfalls dann ausgeschlossen, wenn den Käufer an dem Mangel das alleinige oder zumindest das überwiegende Verschulden trifft oder wenn der Mangel zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem sich der Käufer im Verzug der Annahme befindet. Verzug der Annahme liegt in der Regel vor, wenn der Wagen beim Verkäufer für den Käufer bereitgestellt und der Käufer hierüber in Kenntnis gesetzt wurde.

Weiterhin ausgeschlossen ist der Rücktritt dann, wenn dies zulässigerweise so im Kaufvertrag vereinbart wurde oder wenn die Frist für die Mängelrüge verstrichen ist. Die gesetzliche Verjährungsfrist beträgt für Neuwagen zwei Jahre ab Fahrzeugübergabe, bei Gebrauchtwagen mindestens ein Jahr, wenn der Kauf über einen Händler getätigt wurde.

Wie erklärt man den Rücktritt richtig?

Ein Rücktritt muss vom Käufer gegenüber dem Verkäufer eindeutig erklärt werden. Es genügt nicht, einfach die Rückgabe des Autos anzukündigen. In der aus Beweissicherungsgründen am besten schriftlich vorzunehmenden Rücktrittserklärung sollten folgende Punkte enthalten sein:
  • Bezugnahme auf den Vertrag (Datum des Vertragsschlusses, Vertragsdaten).
  • Detaillierte Beschreibung des Mangels
  • Verweis auf erfolglose Nacherfüllung
  • Eindeutige Erklärung des Rücktritts

Kommt ein Anspruch auf Nutzungsausfallschaden bei Rücktritt in Betracht?

Ein Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens kommt grundsätzlich in Betracht, wenn der Käufer ein gekauftes Fahrzeug infolge eines Sachmangels nicht nutzen kann. Der Rücktritt vom Kaufvertrag steht dem nicht entgegen (§ 325 BGB; vgl. BGH, 28.11.2007 - Az: VIII ZR 16/07; BGH, 14.04.2010 - Az: VIII ZR 145/09).

Der Käufer kann, falls der Verkäufer die mangelhafte Lieferung zu vertreten hat, Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entsteht, dass er das von ihm erworbene Fahrzeug allein wegen des Mangels nicht nutzen kann, auch dann verlangen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt. Allerdings ist der Käufer im Hinblick auf die ihn treffende Schadensminderungspflicht gehalten, binnen angemessener Frist ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen und einen längeren Nutzungsausfall gegebenenfalls durch die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs zu überbrücken.

Wo kann die Rückabwicklung des Vertrags eingeklagt werden?

Ein Käufer, der vom Kaufvertrag eines ihm bereits überlassenen Fahrzeugs zurücktritt, darf die Vertragsrückabwicklung regelmäßig an dem für seinen Wohnsitz zuständigen Amts- oder Landgericht einklagen und ist nicht verpflichtet, den Prozess beim Gericht am Wohn- oder Geschäftssitz des beklagten Verkäufers zu führen (OLG Hamm, 27.10.2015 - Az: 28 U 91/15).

Mustervorlage: Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Fahrzeugmängeln
Stand: 03.03.2025 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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