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Ware beim Versand beschädigt oder verloren: Wer trägt das Transportrisiko?

eBay-Recht | Lesezeit: ca. 16 Minuten

Das Bestellen von Waren im Internet ist zu einer alltäglichen Selbstverständlichkeit geworden. Doch was geschieht, wenn das Paket beschädigt ankommt oder auf dem Versandweg gänzlich verloren geht? Muss der Käufer den Kaufpreis trotzdem entrichten, obwohl er eine beschädigte oder gar keine Ware erhalten hat? Die Antwort auf diese Frage hängt maßgeblich von der rechtlichen Konstellation des Kaufvertrages ab, insbesondere davon, ob es sich um einen Kauf bei einem gewerblichen Händler oder von einer Privatperson handelt.

Was bedeutet Transportrisiko?

Unter dem Begriff des Transportrisikos, auch Versandrisiko genannt, versteht man das finanzielle Risiko, das entsteht, wenn eine bestellte Ware auf dem Transportweg zum Kunden zufällig beschädigt wird oder verloren geht. Zufällig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass weder den Verkäufer noch den Käufer ein Verschulden am Untergang oder der Beschädigung der Ware trifft. Die entscheidende juristische Frage ist, ob der Käufer trotz des Verlustes oder der Beschädigung zur Zahlung des vollen Kaufpreises verpflichtet bleibt. Dreh- und Angelpunkt für die Zuweisung dieses Risikos ist der sogenannte Gefahrübergang.

Grundsatz: Gefahrübergang beim Versendungskauf

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist für den Fall, dass eine Ware versendet wird, eine Grundregel vorgesehen. Man spricht hier von einem Versendungskauf, wenn der Verkäufer die verkaufte Sache auf Verlangen des Käufers an einen anderen Ort als den Erfüllungsort versendet. Gemäß § 447 BGB geht in einem solchen Fall die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Ware auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person übergeben hat. Das bedeutet, der Verkäufer haftet nur bis zur Übergabe an das Transportunternehmen, beispielsweise die Post oder einen Kurierdienst. Sobald die Ware unterwegs ist, liegt das Risiko grundsätzlich beim Käufer. Diese Regelung hat jedoch eine bedeutende und praxisrelevante Ausnahme, die für den Großteil der alltäglichen Online-Einkäufe gilt.

Der Verbrauchsgüterkauf (Kauf beim Händler)

Findet ein Kaufgeschäft zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer statt, liegen die Dinge anders. Ein solches Geschäft wird als Verbrauchsgüterkauf bezeichnet, wie in § 474 BGB definiert. Für diesen Fall wird der Verbraucher als schutzwürdiger angesehen, weshalb die Regelung des § 447 BGB über den Gefahrübergang ausdrücklich keine Anwendung findet.

Bei einem Verbrauchsgüterkauf trägt daher grundsätzlich und ausnahmslos der Unternehmer das Transportrisiko bis zur Ablieferung der Ware an den Käufer. Die Gefahr geht erst dann auf den Käufer über, wenn dieser die Ware tatsächlich in den Händen hält und somit den Besitz an ihr erlangt hat. Eine bloße Abgabe des Pakets bei einem Nachbarn oder die Hinterlegung in einer Postfiliale stellt keine wirksame Übergabe an den Käufer dar, sofern dies nicht auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin geschieht. Der Verkäufer steht in der Pflicht, sicherzustellen und im Streitfall zu beweisen, dass die Lieferung ordnungsgemäß an den Käufer zugestellt wurde.

Diese Schutzvorschrift für Verbraucher ist zwingendes Recht. Das bedeutet, sie kann nicht durch abweichende Vereinbarungen, etwa in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), umgangen werden. Klauseln, die das Transportrisiko auf den Verbraucher abwälzen, sind unwirksam, da sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen und von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen (§ 307 BGB). Auch Angebote, bei denen der Käufer zwischen einem günstigeren, unversicherten Versand und einem teureren, versicherten Versand wählen kann, ändern nichts an der Risikotragung des Händlers. Selbst bei Wahl des unversicherten Versands haftet der Verkäufer für Verlust oder Beschädigung.

Kommt die Ware beschädigt beim Verbraucher an, stellt dies regelmäßig einen Sachmangel dar. Dem Käufer stehen die gesetzlichen Gewährleistungsrechte nach § 437 BGB zu. Er kann in erster Linie Nacherfüllung verlangen, das heißt, er hat die Wahl zwischen der Reparatur der beschädigten Sache (Nachbesserung) oder der Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache (Nachlieferung), wie in § 439 BGB geregelt. Sämtliche mit der Nacherfüllung verbundenen Kosten, einschließlich Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, hat der Verkäufer zu tragen.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, 23.05.2019 - Az: C-52/18) hat zudem klargestellt, dass der Ort der Nacherfüllung für den Verbraucher keine erheblichen Unannehmlichkeiten mit sich bringen darf. Handelt es sich um sperrige oder schwer zu transportierende Güter, kann der Verbraucher unter Umständen nicht dazu verpflichtet sein, die Ware zur Reparatur an den Sitz des Verkäufers zurückzusenden. In solchen Fällen kann die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands am Wohnsitz des Verbrauchers geboten sein.

Geht die Ware auf dem Transportweg vollständig verloren, hat der Verkäufer seine vertragliche Leistungspflicht nicht erfüllt. Hat der Verbraucher den Kaufpreis bereits bezahlt, kann er dessen vollständige Erstattung verlangen. Hat er noch nicht bezahlt, entfällt sein Anspruch auf die Zahlung. Der Ansprechpartner für den Verbraucher ist dabei immer der Verkäufer als sein direkter Vertragspartner. Der Käufer muss sich nicht an das Transportunternehmen wenden, um den Verbleib der Ware zu klären oder Schadensersatz zu fordern. Die Schadensregulierung mit dem Logistiker ist alleinige Aufgabe des Verkäufers. Der Händler kann zwar einen Nachforschungsauftrag beim Transportdienstleister stellen, die Rückerstattung des Kaufpreises an den Kunden darf aber nicht vom Ausgang dieser Nachforschung abhängig gemacht werden.

Was gilt beim Kauf von Privat (C2C)?

Anders gestaltet sich die Rechtslage bei einem Kaufvertrag zwischen zwei Privatpersonen, wie er häufig auf Online-Auktionsplattformen vorkommt. Hier greift die oben beschriebene Schutzvorschrift des Verbrauchsgüterkaufs nicht. Es gilt der gesetzliche Regelfall des § 447 BGB. Das Transportrisiko geht somit vom privaten Verkäufer auf den privaten Käufer über, sobald der Verkäufer die Ware ordnungsgemäß verpackt an ein zuverlässiges Transportunternehmen übergeben hat.

Wird die Ware auf dem Postweg beschädigt oder geht sie verloren, muss der Käufer dennoch den vollen Kaufpreis bezahlen, ohne einen Anspruch auf Ersatz oder Rückerstattung gegen den Verkäufer zu haben. Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt. Die Haftungsbefreiung des Verkäufers greift nur bei einem zufälligen Untergang der Ware. Trifft den Verkäufer ein Verschulden, bleibt er in der Haftung. Ein solches Verschulden kann insbesondere in einer Verletzung seiner kaufvertraglichen Nebenpflichten liegen. Zu diesen Pflichten gehört vor allem die sorgfältige und für den Transport geeignete Verpackung der Ware.

Das Amtsgericht Köln (AG Köln, 09.09.2019 - Az: 112 C 365/19) entschied einen Fall, in dem ein privat verkaufter, 14 kg schwerer Banknotenzähler beim Transport beschädigt wurde. Das Gericht stellte fest, dass die Verpackung unzureichend war, da der Karton deutlich größer als das Gerät war und die Hohlräume nur mit ungeeignetem Füllmaterial wie Luftpolsterfolie und Zeitungspapier aufgefüllt wurden, das dem Gewicht des Gerätes nicht standhalten konnte. Das Gericht argumentierte, dass der Verkäufer die Ware so verpacken muss, dass sie bei gewöhnlicher Handhabung während des Transports, bei der kleinere Stöße nicht unüblich sind, keinen Schaden nimmt. Da die Beschädigung auf die mangelhafte Verpackung zurückzuführen war, wurde der Verkäufer trotz der Regelung des § 447 BGB zum Schadensersatz verurteilt.

Auch die Verwendung einer alten Kartonage mit mehreren, teils veralteten Versandaufklebern kann zu einer Pflichtverletzung des Verkäufers führen. Das Landgericht Bonn (LG Bonn, 15.05.2020 - Az: 1 O 50/19) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Paket aufgrund eines alten, nicht vollständig entfernten Labels fehlgeleitet wurde und schließlich verloren ging. Das Gericht sah darin eine ungenügende Kennzeichnung durch den Absender und nahm eine Mitschuld an, die zu einer Haftungsteilung führte.

Hat der Privatverkäufer hingegen alles richtig gemacht – die Ware also einwandfrei verpackt und an einen zuverlässigen Transporteur übergeben – und die Ware geht dennoch verloren, bleibt dem Käufer oft nur die Möglichkeit, vom Verkäufer die Abtretung dessen Schadensersatzansprüche gegen das Transportunternehmen zu verlangen.

Sonderfall: Handel zwischen Unternehmern (B2B)

Bei Kaufverträgen, bei denen beide Parteien Unternehmer sind (B2B-Handel), findet ebenfalls die gesetzliche Grundregel des § 447 BGB Anwendung. Das Transportrisiko geht auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Ware an das Transportunternehmen übergeben hat. Der Verkäufer haftet nur dann für einen Transportschaden, wenn dieser auf eine von ihm zu vertretende Ursache, wie eine ungeeignete Verpackung, zurückzuführen ist.

Eine wesentliche Besonderheit im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist die in § 377 Handelsgesetzbuch (HGB) verankerte Rügeobliegenheit. Der Käufer ist verpflichtet, die Ware unverzüglich nach der Ablieferung zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Dies gilt auch für Transportschäden. Unterlässt der Käufer diese Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, und er verliert seine Gewährleistungsansprüche, es sei denn, es handelt sich um einen Mangel, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

Welche Rolle spielt das Transportunternehmen?

Unabhängig von der Risikoverteilung im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer kann die Partei, die letztlich den Schaden trägt, unter Umständen Ansprüche gegen das Transportunternehmen geltend machen. Die Haftung des Frachtführers ist im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Bei Verlust oder Beschädigung des Transportgutes haftet das Transportunternehmen grundsätzlich, wobei die Haftung der Höhe nach oft begrenzt ist.

Ein Urteil des Amtsgerichts München (AG München, 26.09.2024 - Az: 123 C 14610/24) behandelte einen solchen Fall, bei dem der Inhalt eines versicherten Pakets während des Transports ausgetauscht wurde – statt eines Laptops befanden sich bei Zustellung drei Packungen Mehl im Karton. Das Gericht sprach dem Absender Schadensersatz in Höhe des Verkaufspreises sowie die Erstattung der Frachtkosten zu, da dieser die ordnungsgemäße Aufgabe des Pakets mit dem korrekten Inhalt nachweisen konnte und der Austausch im Obhutsbereich des Transportdienstleisters stattgefunden haben musste.

Wie der Fall des Landgerichts Bonn (LG Bonn, 15.05.2020 - Az: 1 O 50/19) zeigt, kann es jedoch auch zu einer Aufteilung der Haftung kommen, wenn den Absender ein Mitverschulden am Verlust der Sendung trifft, etwa durch eine unzureichende oder irreführende Kennzeichnung des Pakets. In diesem Fall wurde die Haftung zwischen Absender und Transportdienstleister aufgeteilt.
Stand: 25.09.2025
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