Neben den klassischen Online-Shops erfreuen sich Auktionsplattformen im Internet großer Beliebtheit, locken sie doch oft mit der Hoffnung auf ein besonderes „Schnäppchen“. Doch während der Kauf in einem normalen Online-Shop rechtlich relativ klar geregelt ist, stellen sich bei Online-Auktionen durchaus spezifische Rechtsfragen – insbesondere, wie und wann bei einer Auktion im Internet überhaupt ein rechtlich bindender Kaufvertrag zustande kommt.
Grundsätzlich gilt: Jeder Kaufvertrag, ob online oder im Ladengeschäft, kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande – Angebot und Annahme. Eine Seite muss erklären, eine bestimmte Ware zu einem bestimmten Preis kaufen zu wollen, die andere Seite muss erklären, diese Ware zu liefern. Bei Internet-Käufen gibt es jedoch Besonderheiten.
Unterschied zum klassischen Online-Shop
Werden Waren in einem gewöhnlichen Online-Shop auf einer Webseite präsentiert, stellt dies rechtlich gesehen meist noch kein bindendes Angebot dar. Es handelt sich vielmehr um eine bloße Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, eine sogenannte invitatio ad offerendum. Der Verkäufer möchte sich in der Regel vorbehalten, die Verfügbarkeit der Ware und die Zahlungsfähigkeit (Liquidität) des Kunden zu prüfen. Erst der Kunde gibt durch das Absenden seiner Bestellung (den Klick auf den Bestellbutton) das verbindliche Angebot ab. Der Verkäufer nimmt dieses Angebot dann meist durch eine separate Versandbestätigung oder schlicht durch das Versenden der Ware an. Eine automatisch versandte Eingangsbestätigung der Bestellung reicht hierfür in der Regel noch nicht aus, da sie meist nur eine Wissens- und keine Willenserklärung darstellt.
Online-Auktion ist keine Versteigerung im klassischen Sinne
Man könnte meinen, eine Online-Auktion sei dagegen rechtlich wie eine klassische Versteigerung zu behandeln. Doch dieser Annahme hat der Bundesgerichtshof eine klare Absage erteilt. Eine Versteigerung im Sinne des § 156 BGB zeichnet sich dadurch aus, dass der Vertrag durch einen „Zuschlag“ eines Auktionators zustande kommt. Genau dieser Zuschlag, eine gezielte Willenserklärung, fehlt bei Internetauktionen. Diese enden stattdessen durch reinen Zeitablauf, welcher keine Willenserklärung darstellt (BGH, 03.11.2004 - Az:
VIII ZR 375/03). Rechtlich handelt es sich bei Online-Auktionen daher nicht um Versteigerungen, sondern um den Abschluss von Kaufverträgen gegen Höchstgebot, die nach den allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB zu beurteilen sind.
Mechanismus des Vertragsschlusses bei der Online-Auktion
Wenn die Online-Auktion keine Versteigerung im Rechtssinne ist, wie kommen Angebot und Annahme dann zustande? Auch hier gilt das Prinzip von Angebot und Annahme, jedoch in einer besonderen Ausprägung.
Bei einer klassischen Saalauktion ist das Gebot des Bieters der Antrag (das Angebot) zum Vertragsschluss. Die Annahmeerklärung erfolgt durch den Zuschlag des Versteigerers. Bei der Internet-Auktion ist dieser Ablauf modifiziert. Das Einstellen eines Artikels auf einer Auktionsplattform ist gerade keine bloße invitatio ad offerendum (wie im normalen Web-Shop), sondern bereits eine rechtlich bindende Erklärung des Verkäufers.
Nach der Rechtsprechung (BGH, 07.11.2001 - Az:
VIII ZR 13/01) und den üblichen Geschäftsbedingungen der Plattformen (die auch wirksam sind, vgl. KG, 15.08.2001 - Az:
29 U 30/01) gibt der Verkäufer bereits mit dem Freischalten der Angebotsseite eine gesonderte Erklärung ab. Er erklärt damit vorab seine Annahme (eine sogenannte vorweggenommene Annahmeerklärung) zugunsten desjenigen Bieters, der bei Auktionsende das höchste wirksame Gebot (also den Antrag) abgegeben hat.
Somit ist das Gebot des Bieters das Angebot, und die Annahme durch den Verkäufer liegt bereits in der Freischaltung der Auktion, bedingt durch den Zeitablauf und das Höchstgebot. Der Vertrag kommt also automatisch mit Auktionsende mit dem zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden zustande.
Verbindlichkeit der Erklärungen
Ist das Angebot erst einmal auf der Plattform eingestellt, ist es für den Verkäufer verbindlich und grundsätzlich unwiderruflich. Anderenfalls wäre der Bieter der Willkür des Anbieters ausgesetzt.
Eine Ausnahme von dieser Verbindlichkeit kann nur dann gelten, wenn der Anbieter in der Auktionsbeschreibung unmissverständlich klarmacht, dass er sich nicht binden möchte. Dies wäre etwa der Fall, wenn er ausdrücklich um die Abgabe von Angeboten bittet und den Preis als „Verhandlungsbasis“ bezeichnet (vgl. AG Kerpen, 25.05.2001 - Az:
21 C 53/01) oder die Offerte mit Worten wie „Achtung, dies ist vorerst eine Umfrage! Nicht bieten!“ einleitet (LG Darmstadt, 24.01.2002 - Az:
3 O 289/01). In solchen Fällen fehlt der Rechtsbindungswille.
Auch die Gebote der Bieter sind verbindliche Willenserklärungen. Wer ein Gebot abgibt, kann sich später nicht einfach darauf berufen, er habe nur „Spaß“ machen wollen. Ein solcher geheimer Vorbehalt (§ 116 BGB) oder ein Mangel der Ernstlichkeit (§ 118 BGB) ist unbeachtlich, da der Vertragspartner (der Verkäufer) diesen Vorbehalt nicht kennen kann und auch nicht erkennen muss. Der Vertrag kommt dennoch wirksam zustande.
Vorsicht bei Auktionsabbruch: Vertrag kommt oft trotzdem zustande
Viele Auktionsplattformen sehen für den Anbieter die Möglichkeit vor, eine Auktion
vorzeitig zu beenden. Doch dieser Schritt ist rechtlich riskant und ändert nichts am Charakter des verbindlichen Angebots. Die vorzeitige Beendigung der Auktion lässt die Wirksamkeit der vom Anbieter abgegebenen Willenserklärung (der vorweggenommenen Annahme) grundsätzlich unberührt.
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