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Wandfarbe in der Mietwohnung: Was ist bei der Farbwahl erlaubt?

Mietrecht | Lesezeit: ca. 16 Minuten

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Die farbliche Gestaltung der eigenen vier Wände gehört für viele Mieter zum persönlichen Wohlbefinden. Doch im Mietverhältnis treffen die Gestaltungswünsche des Mieters auf die wirtschaftlichen Interessen des Vermieters. Dies führt regelmäßig zu Konflikten, insbesondere wenn es um die gewählte Wandfarbe geht. Während der Mieter seine Individualität ausleben möchte, hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran, die Immobilie nach Vertragsende ohne Weiteres neu vermieten zu können. Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahren klare Linien gezogen, wann welche Farbwahl zulässig ist und wo die Grenzen der Gestaltungsfreiheit liegen.

Farbwahlfreiheit des Mieters während der Mietzeit

Grundsätzlich gilt, dass der Mieter während der laufenden Mietzeit in der farblichen Gestaltung der Mieträume weitestgehend frei ist. Diese Freiheit ist Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das dem Mieter zubilligt, seinen unmittelbaren Lebensbereich nach eigenem Geschmack zu gestalten. Der Vermieter kann dem Mieter daher keine bestimmten Farben oder Farbtöne vorschreiben. Ebenso unzulässig ist es, Renovierungsarbeiten während der Mietzeit von der Zustimmung zu einer bestimmten Farbwahl abhängig zu machen. Die Wohnung ist der verfassungsrechtlich geschützte, räumlich abgegrenzte Bereich zur eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lebensgestaltung, was einen weitreichenden Ermessensspielraum bei der Dekoration rechtfertigt, solange keine berechtigten Interessen des Vermieters entgegenstehen.

Immer wieder finden sich in Formularmietverträgen sogenannte Farbwahlklauseln, die dem Mieter vorschreiben, die Wände beispielsweise durchgehend weiß zu halten. Solche Klauseln sind, wenn sie den Mieter bereits während der Mietzeit in seiner Gestaltungsfreiheit einschränken, regelmäßig unwirksam. Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass eine Klausel zur Durchführung von Schönheitsreparaturen unwirksam ist, wenn sie den Mieter auch während der Mietzeit zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbwahl verpflichtet. Eine solche Vorgabe schränkt den Mieter in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs ein, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht (BGH, 18.6.2008 - Az: VIII ZR 224/07, BGH, 18.2.2009 - Az: VIII ZR 166/08, BGH, 23.9.2009 - Az: VIII ZR 344/08, BGH, 20.1.2010 - Az: VIII ZR 50/09). Dies gilt auch für Klauseln, die Schönheitsreparaturen in „neutralen Farbtönen“ vorschreiben, wenn diese Verpflichtung nicht ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Wohnungsrückgabe beschränkt ist (BGH, 18.02.2009 - Az: VIII ZR 166/08).

Eine Farbwahlklausel benachteiligt den Mieter nur dann nicht unangemessen, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum bei der Farbwahl lässt.

Die Unwirksamkeit solcher Farbvorgaben kann weitreichende Folgen haben. Oftmals sind diese Klauseln Teil der allgemeinen Regelungen zur Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter. Stellt sich die Farbwahlklausel als unzulässig heraus, kann dies zur Gesamtnichtigkeit der gesamten Schönheitsreparaturklausel führen. Im Ergebnis wäre der Mieter dann überhaupt nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet. Dasselbe Schicksal ereilt Klauseln, die vorsehen, dass der Mieter bei Schönheitsreparaturen nur mit Zustimmung des Vermieters von der bisherigen Ausführungsart abweichen darf. Eine solche Klausel ist ebenfalls unwirksam, da sie den Mieter in seiner Gestaltungsfreiheit während der Mietzeit unzulässig beschränkt (BGH, 11.09.2012 - Az: VIII ZR 237/11).

Was ist beim Auszug und der Rückgabe der Mietsache zu beachten?

Während der Mieter während der Mietzeit fast unbegrenzte Gestaltungsfreiheit genießt, ändern sich die Maßstäbe mit dem Ende des Mietverhältnisses. Hier überwiegt das berechtigte Interesse des Vermieters, die Wohnung in einem Zustand zurückzuerhalten, der eine zügige und problemlose Weitervermietung ermöglicht. Die farbliche Gestaltung für die Wohnungsübergabe muss daher so gewählt sein, dass sie für einen möglichst großen Kreis von Mietinteressenten akzeptabel ist. Dies bedeutet in der Praxis, dass die Wände in hellen, dezenten und neutralen Farbtönen gestrichen sein müssen. Als unproblematisch gelten erfahrungsgemäß Farben wie Weiß oder helle Grau- und Beigetöne.

Der Anstrich bei Auszug muss hinsichtlich der Farbwahl nicht nur die Weitervermietung ermöglichen, er muss auch ein gewisses Mindestmaß an Professionalität aufweisen. Ein ungleichmäßiger, fleckiger oder mit Tropfen behafteter Anstrich muss nicht hingenommen werden. Die Farbe muss handelsüblich, für den Verwendungszweck zugelassen und für die Oberfläche geeignet sein.

Die Rechtsprechung hat sich wiederholt mit der Frage befasst, welche Farben die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Als nicht mehr akzeptabel wurden beispielsweise kräftige Anstriche in Grün, Rot oder Blau (AG Burgwedel, 30.09.2005 - Az: 73 C 123/05), ein roter Volltonanstrich im Schlafzimmer (LG Frankfurt/Main, 31.07.2007 - Az: 2-11 S 125/06) oder eine Kombination aus kräftigen Rot-, Orange- und Gelb-Tönen (AG Schöneberg, 24.09.2008 - Az: 103 C 30/08) eingestuft. Auch glitzernde Partikel in der Wandfarbe sind nicht als neutral zu qualifizieren, da sie nicht dem allgemeinen Geschmack entsprechen und die Akzeptanz bei potenziellen Nachmietern schmälern (AG Paderborn, 03.12.2020 - Az: 57 C 44/20).

Gibt ein Mieter eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurück, der eine Neuvermietung erheblich erschwert oder praktisch unmöglich macht, kann er sich schadensersatzpflichtig machen (BGH, 06.11.2013 - Az: VIII ZR 416/12). Der Mieter verletzt in einem solchen Fall seine aus § 241 Abs. 2 BGB folgende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Vermieters. Der daraus resultierende Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB besteht darin, dass der Vermieter die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Dekoration beseitigen und durch einen neutralen Anstrich ersetzen muss. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Renovierungspflicht an sich bestanden hätte.

Schadensersatz auch ohne Pflicht zur Schönheitsreparatur?

Die Verpflichtung zur Rückgabe der Wohnung in einer vermietungsfreundlichen Farbe besteht auch dann, wenn der Mieter vertraglich nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. Dies ist ein häufiges Missverständnis. Die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen und die Pflicht zur Beseitigung einer vertragswidrigen, extremen Farbgebung sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Übergibt der Mieter die Wände in einem kräftigen Rot, Gelb und Blau, überschreitet er den normalen Mietgebrauch und muss dem Vermieter den Schaden ersetzen, der durch die Notwendigkeit des Überstreichens entsteht.

Der Schaden des Vermieters bemisst sich in diesen Fällen jedoch nicht nach den vollen Renovierungskosten. Er kann lediglich den Mehraufwand ersetzt verlangen, der im Vergleich zu einer normalen Schönheitsreparatur entsteht (BGH, 06.11.2013 - Az: VIII ZR 416/12). In einem vom Landgericht Wuppertal entschiedenen Fall hatten Mieter Wände in kräftigen Latexfarben gestrichen. Die mietvertragliche Klausel, die eine Rückgabe mit „weiß gestrichenen Wänden“ forderte, war unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligte (in Anlehnung an BGH, 14.12.2010 - Az: VIII ZR 198/10). Somit waren die Mieter nicht zur Endrenovierung verpflichtet. Dennoch hatten sie durch die extreme Farbwahl ihre Rücksichtnahmepflicht verletzt. Das Gericht sprach dem Vermieter daher einen Schadensersatz für die Mehrkosten zu, die durch die Beseitigung der kräftigen Farben entstanden. Diese wurden durch einen Sachverständigen auf 50 % der gesamten Malerkosten geschätzt (LG Wuppertal, 16.07.2020 - Az: 9 S 18/20). Ein Anspruch auf Mietausfall oder Nutzungsentschädigung besteht in solchen Konstellationen aber in der Regel nicht, da der Vermieter ohnehin hätte renovieren müssen und durch die Mehrarbeiten keine relevante Verzögerung bei der Neuvermietung dargelegt werden kann.

Was ist noch „dezent“ und was schon „extrem“?

Nicht jede farbige Wand begründet sogleich einen Schadensersatzanspruch. Die Rechtsprechung zeigt, dass es einen gewissen Spielraum gibt. So wurde das Streichen einer Wand in „helllila“ nicht als Sachbeschädigung oder vertragswidriger Zustand gewertet, da es sich nicht um eine besonders starke oder dunkle Farbe handelte, die ein mehrfaches Überstreichen erfordert hätte (LG Halle, 25.08.2021 - Az: 1 S 36/21). Auch ein hellblau marmorierter Anstrich wurde von einem Gericht als noch im Rahmen des Akzeptablen angesehen (LG Lübeck, 21.11.2000 - Az: 14 S 221/00).

Anders kann der Fall bei ungewöhnlichen Mustern oder Tapeten liegen. Eine aufwendige Steinmustertapete, die sehr stark auf einen persönlichen Geschmack zugeschnitten ist und sich nicht mit üblichen Vorarbeiten entfernen lässt, kann ebenfalls eine Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs darstellen. Muss eine solche Tapete mühsam abgelöst und der gesamte Raum anschließend einheitlich gestrichen werden, um ein stimmiges Bild zu erhalten, können die hierfür entstehenden Kosten vom Mieter als Schadensersatz zu tragen sein (AG Pinneberg, 25.07.2018 - Az: 84 C 141/17).

Keine Gestaltungsfreiheit des Mieters im Außenbereich!

Die weitreichende Gestaltungsfreiheit des Mieters beschränkt sich ausschließlich auf die Innenräume der Wohnung. Der Außenbereich, dazu zählt auch die Außenseite der Wohnungseingangstür, unterliegt der Gestaltungshoheit des Vermieters. Streicht ein Mieter die Außenseite seiner Wohnungstür in einer vom Rest des Hauses abweichenden Farbe, stellt dies eine Vertragsverletzung dar. Der Vermieter kann die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangen. Bei der Berechnung des Schadensersatzes für den Neuanstrich ist jedoch gegebenenfalls ein „Abzug Neu für Alt“ vorzunehmen. War der alte Anstrich ohnehin bereits am Ende seiner üblichen Nutzungsdauer angelangt, erspart sich der Vermieter durch den Neuanstrich eigene Kosten. Diese Ersparnis mindert den Anspruch gegen den Mieter, im Extremfall sogar auf null (vgl. AG Münster, 28.07.2015 - Az: 8 C 488/14).

Wenn der Vermieter für die Schönheitsreparaturen verantwortlich ist: Mieter hat Mitspracherecht

Ist ausnahmsweise der Vermieter zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet, etwa weil die Überwälzungsklausel im Mietvertrag unwirksam ist, darf er die Wände nicht nach seinem eigenen Geschmack in einer eigenwilligen Farbgebung streichen. Auch hier greift das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Der Mieter hat einen Anspruch darauf, dass die Renovierung in dezenten und neutralen Farben erfolgt, die seine eigene Einrichtungsgestaltung nicht unangemessen einschränken. Ein Anstrich in Hellblau etwa muss vom Mieter nicht hingenommen werden (LG Berlin, 19.11.2013 - Az: 67 S 372/13; AG Berlin-Mitte, 08.08.2013 - Az: 121 C 135/13). Der Mieter kann stattdessen einen Anstrich in Weiß verlangen, sofern dem Vermieter hierdurch keine Mehrkosten entstehen (LG Berlin, 23.05.2017 - Az: 67 S 416/16). Weigert sich der Vermieter, kann der Mieter unter Umständen selbst einen Maler beauftragen und die Kosten vom Vermieter ersetzt verlangen.
Stand: 06.10.2025
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