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Deckvertrag beim Pferd: Was ist bei der Pferdezucht zu beachten?

Pferderecht | Lesezeit: ca. 12 Minuten

Die Pferdezucht ist für viele Halter eine Leidenschaft, die oft mit erheblichen Investitionen verbunden ist. Der Grundstein für ein gesundes Fohlen wird rechtlich im sogenannten Deckvertrag gelegt. Dieser regelt die Vereinbarung zwischen den Haltern der beteiligten Tiere – dem Stutenhalter und dem Hengsthalter – über einen Decksprung. Egal, ob es hierbei um den Natursprung geht oder um eine künstliche Besamung, die häufig mit einem separaten Besamungsvertrag einhergeht – die rechtliche Einordnung und die Details des Vertrags entscheiden oft über Tausende von Euro.

Werkvertrag oder Dienstvertrag: Was genau wird geschuldet?

Die rechtliche Einordnung des Deckvertrags ist von entscheidender Bedeutung. In den meisten Fällen wird dieser als Werkvertrag ausgestaltet. Dies bedeutet, dass der Hengsthalter einen bestimmten Erfolg schuldet. Üblicherweise wird hierunter der erfolgreiche Deckakt verstanden, also die erfolgreiche Befruchtung der Stute. Es ist jedoch auch möglich, den Vertrag als Dienstvertrag zu gestalten. Die Konsequenz ist erheblic: Beim Dienstvertrag wird kein konkreter Erfolg geschuldet, sondern lediglich das Bemühen, also der Deckakt als solcher, unabhängig vom Ergebnis.

In der Praxis bedeutet dies: Ist ein Werkvertrag über den „erfolgreichen Deckakt“ geschlossen, ist die Decktaxe fällig, wenn die Befruchtung stattgefunden hat. Ist hingegen nur ein Dienstvertrag (also das Bemühen) vereinbart, ist die Vergütung auch dann zu zahlen, wenn die Stute nicht trächtig wird. Es ist jedoch üblich und zulässig, den geschuldeten Erfolg genauer zu definieren. Viele Verträge schulden standardmäßig nur den Deckakt, nicht die Trächtigkeit. Es kann aber auch explizit die Trächtigkeit oder sogar die Geburt eines lebenden Fohlens vereinbart werden. Unabhängig von der gewählten Form sollte ein Deckvertrag aus Beweisgründen immer schriftlich abgeschlossen werden, auch wenn dies rechtlich nicht zwingend vorgeschrieben ist.

Inhalt des Deckvertrags

Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, muss der Deckvertrag die wesentlichen Punkte klar und unmissverständlich regeln. Dazu gehört an erster Stelle die genaue Bezeichnung der Vertragsparteien sowie die exakte Beschreibung der beteiligten Tiere. Insbesondere der Gesundheits- und Pflegezustand von Stute und Hengst muss dokumentiert werden.

Der Kern des Vertrags ist der Vertragsgegenstand: Es muss präzise festgelegt werden, was konkret geschuldet wird – der reine Decksprung, die erfolgreiche Befruchtung oder mehr? Eng damit verknüpft sind die Zahlungsmodalitäten. Der Vertrag muss regeln, wann welche Decktaxe fällig wird. Von entscheidender Bedeutung sind zudem die Regelungen zur Haftung, sollte eines der Tiere während des Deckakts zu Schaden kommen, sowie eventuelle Garantien.

Sinnvollerweise enthält der Deckvertrag daher die folgenden Angaben:

Bezeichnung der Vertragsparteien
Genaue Bezeichnung und Zustand der Stute und des Hengstes (Gesundheits- und Pflegezustand)
Vertragsgegenstand (was wird konkret geschuldet)
Zahlungsmodalitäten (wann wird welche Zahlung fällig)
Regelungen zur Haftung sowie ggf. einer Garantie (z.B. „Lebendfohlengarantie“, Schutzmaßnahmen bei Natursprung etc.)
Sonstige Vereinbarungen
Aufnahme des Deckscheins und weiterer Unterlagen

Lebendfohlengarantie

Eine oft genutzte, aber riskante Vereinbarung ist die sogenannte „Lebendfohlengarantie“. Wird diese Klausel aufgenommen, gilt der Vertrag im Grunde erst dann als vollständig erfüllt, wenn es zur Lebendgeburt eines Fohlens gekommen ist. Aufgrund der langen Tragezeit bei Pferden und der vielen Unwägbarkeiten, die bis zur Geburt auftreten können, birgt eine solche Klausel erhebliches Streitpotenzial, wenn sie nicht präzise formuliert ist.

Der Vertrag muss hierfür exakte Rahmenbedingungen festlegen. Dazu gehört die Klärung, welcher Zeitraum für eine eventuell notwendige Nachbedeckung gilt, falls die Stute nicht aufnimmt oder das Fohlen verliert. Auch sollte geregelt werden, ob die Anzahl der Nachbedeckungen gedeckelt ist und ob hierfür ein zusätzliches oder reduziertes Entgelt zu zahlen ist. Ebenso muss geklärt werden, ob der Anspruch auf Nachbedeckung nur für dieselbe Stute gilt oder ob er möglicherweise übertragbar ist.

Insbesondere sollten hierzu Regelungen über folgende Punkte aufgenommen werden:

Zeitraum für eine Nachbedeckung
ggf. Deckelung der erforderlichen Nachbedeckungen
ggf. Regelung über das zu zahlende Entgelt für Nachbedeckungen
Nachbedeckungsanspruch: nur für dieselbe Stute oder übertragbar?

Natursprung und das Risiko der Tiergefahr

Der Natursprung ist mit erheblichen Risiken für die wertvollen Tiere verbunden. Dass der Halter der Stute für Verletzungen, die sein Tier dem Hengst zufügt, haften kann, liegt an der sogenannten Tiergefahr. Ein Urteil des OLG Koblenz zeigt die Grenzen dieser Haftung auf:

In dem verhandelten Fall trat eine Stute während des Deckakts nach hinten aus und traf den Hengst so schwer am Vorderbein, dass dieser einen Trümmerbruch erlitt und eingeschläfert werden musste. Die Eigentümerin des Hengstes verlangte daraufhin 25.000 Euro Schadensersatz von der Halterin der Stute. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.

Das OLG Koblenz führte aus, dass sich in dem Tritt der Stute zwar eine typische Tiergefahr realisiert habe, für welche die Stutenhalterin grundsätzlich haften müsse. Der Anspruch scheiterte jedoch daran, dass die Hengsthalterin auf eigene Gefahr gehandelt habe. Die Parteien hatten einvernehmlich auf jegliche Sicherungsmaßnahmen, wie Spannstricke oder die Nutzung eines Probierstands, verzichtet und die Paarung am langen Zügel durchgeführt. Das Gericht stellte fest, dass das Austreten einer Stute während der Paarung ein natürliches Verhalten sei, mit dem jederzeit gerechnet werden müsse. Indem die Klägerin ihren Hengst nicht schützte und das Verletzungsrisiko „sehenden Auges“ einging, habe sie das Risiko bewusst übernommen. Wenn sich ein Geschädigter bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begebe, könne er den Schädiger nicht erfolgreich in Anspruch nehmen. Die Haftung der Stutenhalterin entfiel daher vollständig (OLG Koblenz, 10.06.2013 - Az: 3 U 1486/12).

Embryotransfer: Wem gehört das Fohlen?

Neue Zuchtmethoden wie der Embryotransfer werfen weitere komplexe Rechtsfragen auf. Bei der künstlichen Besamung wird dem Besamer Sperma in ausreichender Quantität und Qualität für den vereinbarten Erfolg geschuldet. Doch was passiert, wenn die befruchtete Eizelle einer Stute entnommen und einer anderen „Austragungsstute“ eingesetzt wird? Wer gilt dann als Züchter?

Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall des Dressurpferdes „Weihegold“ befassen (BGH, 20.02.2020 - Az: III ZR 55/19). Die Eigentümerin der Stute hatte diese bei einem Trainer untergebracht. Die Vereinbarung sah vor, dass der Trainer die Kosten für Pflege und Ausbildung trug und im Gegenzug das Recht erhielt, Embryonen aus der Stute zu gewinnen. Der Trainer ließ die Stute besamen, die Eizelle entnehmen und in eine ihm gehörende Austragungsstute einsetzen. Nach der Geburt des Fohlens ließ er sich in den Equidenpass als Züchter eintragen. Die Eigentümerin der „Weihegold“ klagte, da sie sich als Eigentümerin der genetischen Mutter als Züchterin sah.

Der BGH wies die Klage ab. Entscheidend sei die Auslegung des Vertrags zwischen den Parteien. Dem Trainer sei durch die Vereinbarung die Steuerung des gesamten Zuchtvorgangs übertragen worden. Er habe den Deckhengst ausgewählt, die Austragungsstute erworben, sämtliche Kosten (Deckprämie, Tierarzt) getragen und die Kliniken beauftragt. Die Eigentümerin der „Weihegold“ habe lediglich die Freigabe zur Embryoentnahme erteilt und keinerlei Mitspracherecht beim Zuchtvorgang gehabt. Daher sei der Trainer zu Recht als Züchter eingetragen worden. Auch verbandsrechtliche Regelungen ließen solche abweichenden Vereinbarungen zur Züchtereigenschaft zu.

Deckschein – Inhalt und Zweck

Der Deckschein ist von immenser Wichtigkeit, da es dokumentiert, wann und von welchem Hengst die Stute gedeckt wurde. Der Deckschein ist die Grundlage für die Feststellung der Abstammung des Fohlens durch den Zuchtverband und für die Ausstellung des Equidenpasses samt Zuchtbescheinigung.

Der Halter des Hengstes ist verpflichtet, den Deckschein korrekt auszufüllen und an den Halter der Stute auszuhändigen. Der Bundesgerichtshof hat bereits 2003 klargestellt, dass es sich hierbei um eine „selbstverständliche Nebenpflicht“ handelt, die sich ohne Weiteres aus dem Deckvertrag ergibt (BGH, 24.02.2003 - Az: II ZR 322/00).

Verletzt der Hengsthalter diese Pflicht, etwa weil die Decktaxe noch offen ist, und verweigert die Herausgabe des Scheins, macht er sich schadensersatzpflichtig. Da ein Fohlen ohne Abstammungsnachweis erheblich an Wert verliert, kann der Stutenhalter diesen Wertverlust als Schaden gerichtlich geltend machen.
Stand: 04.11.2025
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