Bei Rail&Fly handelt es sich um ein kombiniertes Angebot von Fluggesellschaften und der Deutschen Bahn. Nicht nur
Reiseveranstalter bieten eine Zugverbindung zum Flughafen im Rahmen der
Pauschalreise an, auch Fluggesellschaften wollen ihren Passagieren eine einfache Anreise ermöglichen.
Doch es kommt immer wieder vor, dass durch die Nutzung des Rail&Fly-Angebotes ein Flug verpasst wird. Sei es aufgrund zu knapper Planung des Nutzers oder wegen
Zugverspätungen oder Zugausfällen. Der Ärger ist in jedem Fall immens und es steht die Frage im Raum, wer in einem solchen Fall für den entstandenen Schaden aufkommen muss.
Grundsätzlich muss hierbei zwischen unterschiedlichen Konstellationen unterschieden werden:
Fahrt zum Flughafen bei einer reinen Flugbuchung
Bei einer reinen Flugbuchung mit einer Anreise über die Bahn ist der Passagier für das rechtzeitige Erscheinen am Flughafen alleine verantwortlich. Die Fluggesellschaft ist nicht dazu verpflichtet, für eine Verspätung der Bahn aufzukommen oder den Flug umzubuchen.
Es handelt sich hier um eine getrennte Dienstleistung der Bahn, die nicht für Folgeschäden infolge einer Verspätung des Zugs haftet.
Passagiere sind daher gut beraten, einen angemessenen Zeitpuffer für die Anreise einzuplanen, um unvorhergesehene Verspätungen bei der Bahn ausgleichen zu können.
Fahrt zum Flughafen als Bestandteil einer Pauschalreise
Es ist ist ein Irrtum, anzunehmen, dass jedes Rail&Fly-Angebot im Rahmen einer Pauschalreise dem Pauschalreiserecht unterliegt. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Rail&Fly-Ticket ausdrücklich als Bestandteil der Pauschalreise vereinbart wurde. Nur in diesem Fall ist die Bahn als Erfüllungsgehilfe des Reiseveranstalters und die Fahrt als Eigenleistung des Veranstalters anzusehen.
Handelt es sich um eine Eigenleistung, haftet das Reiseunternehmen für einen
Mangel der Leistung. Liegt dagegen eine vermittelte Fremdleistung vor, so hat das Reiseunternehmen mit der Vermittlung der Leistung seine Pflichten erfüllt und braucht für den Erfolg der Leistung nicht einzustehen.
Es ist nach Ansicht des BGH für die Annahme einer Eigenleistung bereits ausreichend, wenn für das Zugticket kein gesonderter Preis genannt wurde (BGH, 29.06.2021 - Az:
X ZR 29/20; ebenso LG Hannover, 27.03.2017 - Az:
1 S 54/16). Insoweit gilt der Grundsatz, dass wenn das Reiseunternehmen einen „Vorteil“ benennt, der vom angebotenen Preis umfasst ist, deshalb die Annahme naheliegt, dass es sich um einen Teil der angebotenen Leistung handelt. Etwaige Zweifel oder Unklarheiten gehen zulasten des Veranstalters.
Vereinfacht ausgedrückt ist es ausreichend, wenn der Reisende anhand der Unterlagen oder dem
Prospekt den Eindruck gewinnt, dass der Bahntransfer zum Flughafen eine Eigenleistung des Reiseveranstalters ist. Dazu genügt es, wenn der Bahntransfer im Reisekatalog als Teil der
Reise aufgeführt und mit dem Hinweis beworben wurde, er ermögliche einen entspannten Start in den Urlaub, ferner, dass die Bahnfahrkarten vom
Pauschalpreis umfasst waren und das Reiseunternehmen auf den Bahnfahrkarten genannt ist (BGH, 28.10.2010 - Az:
Xa ZR 46/10).
Der Umstand, dass die Auswahl der Bahnverbindung dem Kunden überlassen bleibt, steht der Annahme, dass das Reiseunternehmen den Bahntransfer als Eigenleistung anbietet, nicht entgegen.
Verpasst der Pauschalreisende wegen einer Verspätung in dieser Konstellation seinen Flug, so ist die Reise mit einem Fehler im Sinne von
§ 651i BGB behaftet , für den der Veranstalter einzustehen hat. Der Veranstalter haftet also für die Verspätung und die Folgekosten. Er muss z.B. durch eine Umbuchung für den Transport zum Urlaubsort sorgen und ggf. Schadensersatz leisten. Der Reisende kann den Reisepreis je nach Beeinträchtigung u.U.
mindern. Der Reisende muss jedoch alles tun, um den Schaden gering zu halten (Schadensminderungspflicht).
Betroffene sollten die Verspätung gründlich dokumentieren und sich von der Bahn bestätigen lassen. Zudem muss der Reiseveranstalter umgehend informiert werden (AG München, 28.05.2019 - Az:
114 C 23274/18).
Es liegt ein erheblicher Reisemangel vor, wenn der Flug aufgrund einer Zugverspätung nicht mehr erreicht werden kann und der Veranstalter keinen zeitnahen Ersatzflug anbietet. In diesem Fall kann nicht nur eine Minderung des Reisepreises verlangt werden, die Reise kann auch sofort gekündigt werden bzw. kann Schadensersatz oder Entschädigung für
nutzlos aufgewendete Urlaubszeit verlangt werden (LG Frankfurt/Main, 31.01.2008 - Az:
2-24 S 232/07).
Enthalten die vom Reiseveranstalter erteilten Hinweise keine besonderen Vorgaben, so kann dem
Reisenden nicht angelastet werden, dass er eine von der Deutsche Bahn AG vorgeschlagene Reiseverbindung gewählt hat.
Der Reisende muss in jedem Fall seine Anreise so planen, dass er rechtzeitig vor Abflug am Abflugschalter ankommen kann. Hierzu ist ein ausreichender Puffer einzuplanen – andernfalls scheidet eine Haftung des Veranstalters aus. Macht der Veranstalter eine konkrete Zeitvorgabe, so ist diese bei der Wahl der Bahnverbindung zu beachten (AG Frankfurt/Main, 20.02.2018 - Az:
32 C 1966/17). Die Mitteilung eines Zeitpunkts, bis wann der Reisende am Flughafen eintreffen muss, kann auch in den Reiseunterlagen erfolgen, damit der Reisende in die Lage versetzt wird, die ihm obliegende Anreiseplanung sorgfältig zu gestalten (LG Frankfurt/Main, 07.11.2017 - Az:
2-24 S 40/17). Andernfalls sind nur solche Verzögerungen einzuplanen, mit denen regelmäßig zu rechnen ist (LG Frankfurt/Main, 13.11.2019 - Az:
2-24 S 74/19).
Verletzt der Reisende die ihm obliegenden Mitwirkungsobliegenheiten, so kann er wegen des verpassten Fluges keinen Schadensersatz verlangen und es steht ihm auch wegen verloren gegangener Urlaubstage keine Entschädigung zu (LG Frankfurt/Main, 07.11.2017 - Az:
2-24 S 40/17).
Fahrt zum Flughafen als Fremdleistung im Rahmen einer Pauschalreise
Handelt es sich beim Bahntransfer nicht um eine Eigenleistung des Veranstalters, sondern eine vermittelte Fremdleistung, so kann der Reiseveranstalter im Verspätungsfall nicht haftbar gemacht werden.
Hierzu ist es erforderlich, dass dem Reisenden gegenüber deutlich gemacht wurde, dass es sich um vermittelte Leistung handelt, beispielsweise indem ein Hinweis auf eine Kooperation mit der Bahn aufgenommen wird und die Verantwortung des Reisenden zur rechtzeitigen Anreise deutlich gemacht wird (AG Duisburg, 07.11.2019 - Az:
77 C 1528/19).
Der Reisende muss in diesem Fall selbst für eine pünktliche Ankunft zum Reisebeginn sorgen. Zugausfälle oder -verspätungen, die zu einer verspäteten Ankunft am Flughafen führen, sind dann vom Reisenden zu vertreten (AG Bonn, 31.08.2011 - Az:
113 C 41/11).
Betroffene können in einem solchen Fall die Bahn nicht in die Haftung nehmen. Diese muss bei Verspätungen nicht für Folgeschäden einstehen.
Wird der Flug verpasst, so bleibt der Reisende in einem solchen Fall auf dem Schaden sitzen.