Ein
Pauschalreiseveranstalter ist nicht zum Schadensersatz oder zur Erstattung der
Pauschalreise verpflichtet, wenn der
Reisende seinen Flug aufgrund einer Zugverspätung bei Nutzung eines
Rail&Fly-Tickets verpasst, sofern die Anreisezeit grob fahrlässig zu knapp bemessen wurde. Rail&Fly gehört zwar zur Reiseleistung, doch bleibt der Reisende verpflichtet, empfohlene zeitliche Sicherheitsabstände einzuhalten; andernfalls trägt er das Risiko des Reiseausfalls selbst.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit einem
Pauschalreisevertrag. Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Nordeuropa-Kreuzfahrt mit Flug ab/an Frankfurt nach/ab Bergen via Amsterdam als Pauschalreise zum Preis von insgesamt 5.920,00 € gebucht. Gegenstand des Vertrages war unter anderem Rail&Fly ab allen deutschen Bahnhöfen zum Abflughafen Frankfurt und zurück. Der Abflug sollte am 05.11.2023 um 11:50 Uhr ab Frankfurt erfolgen. Für die Anreise zum Flughaften Frankfurt hatte der Kläger eine Zugverbindung bei der Deutschen Bahn gebucht. Danach sollte der Zug am 05.11.2023 um 9:18 Uhr am Frankfurt Flughaften Fernbahnhof eintreffen. Den Abflug des Fluges KL 1766 ab Frankfurt um 11:50 Uhr erreichte der Kläger und seine Frau wegen Verspätung Ihres Zuges nicht.
Der Kläger trägt vor, dass er die Reise rechtzeitig angetreten habe. Er sei mit seiner Frau am 05.11.2023 um 5:45 Uhr für die geplante Abfahrt um 6:18 Uhr in Halle eingetroffen. Aufgrund von Zugausfällen, Verspätung und einem verpassten Anschlusszug seien sie derart verspätet in Frankfurt angekommen, dass sie am
Check-in-Schalter nicht mehr hätten einchecken können. Hilfreiche oder zielführende Serviceleistungen der Beklagten seien nicht erfolgt. Die Anreise mit dem Rail&Fly-Ticket sei eine Reiseleistung der Beklagten. Der Kläger fordert von der Beklagten einen angemessenen Ausgleich für die vereitelte Reise gemäß
§ 651n Abs. 2 BGB in Höhe von 50 % des Reisepreises.
Die Beklagte trägt vor, dass die Anreise mit der Deutschen Bahn nicht Vertragsbestandteil des mit der Beklagten geschlossenen Reisevertrages gewesen sei. Die Kläger hätten lediglich einen Rail&Fly-Gutschein erhalten, mit welchem der Kläger kostenlos mit der Deutschen Bahn zum Abreiseflughafen habe anreisen können. Aus den Informationen zum Rail&Fly-Gutschein würde sich ergeben, dass die Wahl einer Verbindung empfohlen werde, die eine Ankunft am Flughafen mindestens vier Stunden vor dem Abflug gewährleiste Dieser Empfehlung sei der Kläger nicht nachgekommen. Im Ergebnis habe der Kläger die Reise nicht angetreten, sodass der Flug ab Frankfurt/Main ohne ihn gestartet sei. Dies sei als sogenannte „No Show“ zu werten, mithin als Stornierung der Reise am Reisetag, sodass die Abrechnung einer Stornierungspauschale gemäß den AGB der Beklagten berechtigt sei.
Das Landgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger habe gegen die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Erstattung des Reisepreises. Zwar sei die Bahnanreise zum Flughafen mit dem Rail&Fly-Ticket als Bestandteil der Reiseleistung der Beklagten anzusehen, allerdings habe der Kläger das Nichterreichen des Fluges in Frankfurt/Main selbst verursacht, sodass er unter diesem Gesichtspunkt keine Rechte gegen die Beklagte geltend machen könne.
Die Beklagte habe nämlich in ihren Reiseinformationen darauf hingewiesen, dass für Reisen ins Nicht-EU-Europa-Ausland der Reisende drei bis dreieinhalb Stunden vor Abflug am Check-In des Flughafens eintreffen solle. Diesen Reiseinformationen komme auch nicht nur der Charakter einer unverbindlichen Empfehlung zu. Denn das Rail&Fly-Angebot mit grundsätzlicher freier Zugwahl sei ein Teil der Reiseleistung und mithin vom Schutz der Pauschalreise umfasst. Daher sei es dem Reiseanbieter aber auch möglich, abstrakte Verhaltensregelungen für eine sorgfältige Anreise vorzugeben, da ansonsten dem Reiseanbieter ohne ersichtlichen Grund das Risiko für grob fahrlässige Planungsfehler der Reisenden auferlegt werden würde.
An diesem Maßstab gemessen, habe der Kläger das verspätete Eintreffen am Check-In des Flughafens selbst zu verantworten. So hätte die für den Morgen des 05.11.2023 geplante Anfahrt mit der Bahn bestenfalls eine Ankunft um 9:18 Uhr am Bahnhof des Frankfurter Flughafens ermöglicht. Mithin wäre der Kläger bestenfalls zwei Stunden und 32 Minuten vor dem Abflug um 11:50 Uhr am Flughafenbahnhof angekommen und hätte von dort aus noch den Weg zum Check-In-Schalter zwecks der Gepäckaufgabe zurücklegen müssen. Diese Zeitplanung von Seiten des Klägers sei bereits bei einem optimalen Anreiseverlauf äußerst knapp kalkuliert und jedenfalls bei der geplanten Anreise mit der für ihre Unzuverlässigkeit bekannte Deutsche Bahn für sich genommen grob fahrlässig gewesen.