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Anzeigefrist bei Gepäckverspätung nach dem Übereinkommen von Montreal

Reiserecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Das Übereinkommen von Montreal regelt die Haftung von Luftfrachtführern bei Verspätungen von ReisendenReisegepäck oder Gütern. Nach Art. 19 ist der Luftfrachtführer grundsätzlich verpflichtet, den durch eine Verspätung entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, er kann nachweisen, dass er alle zumutbaren Maßnahmen zur Schadensvermeidung getroffen hat oder diese unmöglich waren. Art. 31 enthält ergänzend formelle Anforderungen zur Schadensanzeige. Danach muss der Empfänger im Fall einer Verspätung binnen 21 Tagen nach Zurverfügungstellung des Reisegepäcks oder der Güter eine Anzeige beim Luftfrachtführer erstatten. Wird diese Frist versäumt, ist eine Klage gegen den Luftfrachtführer ausgeschlossen, außer es liegt arglistiges Verhalten vor.

Die unionsrechtliche Verankerung erfolgt durch Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 in der geänderten Fassung, wonach die Haftungsvorschriften des Übereinkommens von Montreal verbindlich für Luftfahrtunternehmen der Union gelten. Seit Inkrafttreten am 28. Juni 2004 sind die Bestimmungen damit Teil der Unionsrechtsordnung. Der Gerichtshof ist im Rahmen von Vorabentscheidungen zuständig, deren Auslegung vorzunehmen.

Im Zentrum der Vorlagefrage stand die Auslegung von Art. 31 Abs. 2 Satz 2 des Übereinkommens von Montreal. Zu klären war, ob die Anzeige wegen Gepäckverspätung zwingend erst nach Zurverfügungstellung des Reisegepäcks erfolgen muss, oder ob sie auch schon vor diesem Zeitpunkt möglich ist.

Der Wortlaut der Norm sieht eine Frist von 21 Tagen nach Zurverfügungstellung des Gepäcks vor, legt aber nur den spätesten Zeitpunkt fest, bis zu dem eine Anzeige erfolgen muss. Eine Auslegung, wonach auch eine frühere Anzeige zulässig ist, ergibt sich daraus, dass die Vorschrift keine ausdrückliche Beschränkung enthält. Die Anzeige kann daher sowohl ab dem Zeitpunkt der Kenntnis der Verspätung als auch bis zum Ablauf der 21-Tages-Frist erstattet werden.

Im systematischen Zusammenhang bestätigt Art. 31 Abs. 1 die Funktion der Anzeige. Sie dient dazu, die Vermutung zu widerlegen, dass aufgegebenes Gepäck unbeschädigt und ordnungsgemäß abgeliefert wurde. Die Anzeige hat damit den Zweck, den Luftfrachtführer zeitnah über eine Abweichung von der vertragsgemäßen Leistung zu informieren. Im Lichte von Art. 19 ergibt sich, dass die Anzeige auch dazu dient, den Luftfrachtführer über den Eintritt eines Verspätungsschadens zu unterrichten, um ihm die Möglichkeit einzuräumen, Beweise zu sichern und gegebenenfalls den Entlastungsbeweis nach Art. 19 Satz 2 zu führen.

Eine Auslegung, wonach die Anzeige erst nach Zurverfügungstellung erfolgen könnte, würde den Interessenausgleich des Übereinkommens beeinträchtigen. Der Zweck der Regelung liegt darin, einerseits den Reisenden einen angemessenen Schadensersatz zu sichern und andererseits den Luftfrachtführer in die Lage zu versetzen, rechtzeitig Nachweise über die Umstände der Verspätung zu sichern. Eine Vorabmeldung kann diesen Zweck ebenso erfüllen. Eine starre Bindung an den Zeitpunkt der Gepäckausgabe würde eine zusätzliche Hürde schaffen, die im Übereinkommen keine Grundlage hat und den Schutz der Verbraucherinteressen schwächen würde.

Unter Berücksichtigung von Ziel und Zweck des Übereinkommens, das in seinen Erwägungsgründen den Schutz der Fluggäste und den gerechten Interessenausgleich betont, ist Art. 31 Abs. 2 Satz 2 daher so auszulegen, dass eine Anzeige bereits vor Rückgabe des Gepäcks erstattet werden darf. Maßgeblich ist lediglich, dass die Anzeige spätestens innerhalb von 21 Tagen nach Zurverfügungstellung des Gepäcks erfolgt.

Der Gerichtshof hat dementsprechend klargestellt, dass Art. 31 Abs. 2 Satz 2 des Übereinkommens von Montreal nicht nur den spätesten Zeitpunkt der Anzeige bestimmt, sondern auch deren Zulässigkeit vor Rückgabe des Gepäcks einschließt. Damit wird sowohl den Interessen der Reisenden als auch den Nachweisinteressen der Luftfrachtführer Rechnung getragen.


EuGH, 05.06.2025 - Az: C-292/24

ECLI:EU:C:2025:402

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