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Lüften ist Pflicht: wie oft müssen Mieter wirklich lüften?

Mietrecht | Lesezeit: ca. 12 Minuten

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Schimmel in der Wohnung ist ein häufiges Streitthema zwischen Mietern und Vermietern. Während Mieter auf bauliche Mängel verweisen, sehen Vermieter häufig das Wohnverhalten - insbesondere das Lüften - als Ursache. Dabei gilt: Mieter sind grundsätzlich verpflichtet, für eine angemessene Belüftung der Wohnung zu sorgen. Wie oft gelüftet werden muss und welche Anforderungen hierbei gelten, ergibt sich aus einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen.

Wann liegt ein Mangel vor?

Nach § 535 Abs. 1 BGB hat der Vermieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und während der Mietzeit zu erhalten. Wird eine Wohnung durch Schimmel unbrauchbar oder in ihrer Nutzbarkeit eingeschränkt, liegt grundsätzlich ein Mangel i.S.d. § 536 BGB vor. Dieser begründet Mietminderungsrechte und gegebenenfalls auch einen Anspruch auf Mangelbeseitigung.

Allerdings: Hat der Mieter den Mangel selbst verschuldet, zum Beispiel durch unzureichendes Lüften, entfallen diese Rechte (vgl. AG Berlin-Schöneberg, 20.10.2014 - Az: 102 C 194/13; AG Emmendingen, 24.02.2021 - Az: 7 C 120/20). Zudem ist der Mieter in diesem Fall für entstandene Schäden dem Vermieter gegenüber schadensersatzpflichtig. Deshalb kommt es regelmäßig zu Streit darüber, ob der Schimmel auf einen Baumangel oder das Verhalten des Mieters zurückzuführen ist.

Wie oft muss gelüftet werden?

Eine gesetzliche Regelung, wie oft Mieter lüften müssen, gibt es nicht. Die Rechtsprechung hat jedoch Richtwerte entwickelt. Den Mieter trifft eine „Lüftpflicht“, weil hierdurch Schäden an der Mietsache (Schimmel) vermieden werden können. Das einem Mieter zuzumutende Wohnverhalten, insbesondere bezüglich der Lüftung der Wohnräume, ist jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass ein zweimal tägliches Stoßlüften für jeweils ca. 10 Minuten im Regelfall ausreichend und zumutbar ist (BGH, 05.12.2018 - Az: VIII ZR 271/17). Diese Orientierung gilt, solange keine besonderen Umstände vorliegen.

Ein darüber hinausgehend geschuldetes Heiz- und Lüftungsverhalten kann sich lediglich aus Besonderheiten der Nutzung ergeben, die den Mietern zuzurechnen wäre, wie etwa Wäschetrocknung in der Wohnung, wodurch eine Zusatzlüftung nach dem Trocknen erforderlich wäre (LG Bonn, 13.09.2012 - Az: 6 S 69/12).

Erfordert die Wohnung bei Einzug kein außergewöhnliches Lüftungsverhalten sondern lediglich eine Lüftung, die den üblicherweise in durchschnittlichen Wohnungen anzulegenden Maßstäben entspricht, so ist kein Hinweis des Vermieters auf das erforderliche Lüftungsverhalten erforderlich (AG Hannover, 31.08.2005 - Az: 565 C 15388/04). Ein regelmäßiges Stoßlüften von mehr als 1-2 mal am Tag wird nicht ohne Weiteres vom Mieter geschuldet (AG Bremen, 16.06.2015 - Az: 9 C 447/13).

Der Mieter muss allerdings grundsätzlich nicht wissen, in welchem (besonderem) Maß er aufgrund der konkreten Umstände in der Wohnung heizen und lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden. Das Verständnis von den komplexen Zusammenhängen von Schimmelentstehung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Gebäudezustand und Nutzungsverhalten kann von einem Mieter nicht verlangt werden (LG Landshut, 08.01.2025 - Az: 15 S 339/23).

Sofern der Vermieter kein an die konkrete Nutzung angepasstes Lüftungskonzept zur Verfügung stellt, schuldet der Mieter im Rahmen seiner Obhutspflicht nur das, was im Rahmen der Verkehrssitte allgemein üblich ist. Heizt und lüftet der Mieter entsprechend der Verkehrssitte, trifft ihn bei Schimmelbildung kein Verschulden. Den Inhalt der Verkehrssitte als Sozialnorm muss der Mieter kennen. Diese ist auch von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig.

Es ist wie bereits dargestellt grundsätzlich üblich, zweimal täglich für ca. 10 Minuten zu lüften und Feuchtespitzen gesondert abzuführen. Auch ein dreimaliges Lüften (einmal Morgens, einmal am frühen Abend und einmal kurz vor dem Schlafengehen) kann vom Mieter verlangt werden (AG Berlin-Tempelhof/Kreuzberg, 19.10.2015 – Az: 20 C 234/13). Teilweise wird auch ein viermaliges Lüften bestätigt (z.B. LG Frankfurt/Main, 07.02.2012 - Az: 2-17 S 89/11, 2/17 S 89/11; LG Frankfurt/Main, 16.01.2015 - Az: 2-17 S 51/14). Jegliches darüber hinaus gehende Lüftungserfordernis entspricht nicht dem üblichen Mietgebrauch und ist den Mietern auch nicht zumutbar.

Einigkeit besteht darin, dass eine dauerhafte Kippstellung von Fenstern kein ordnungsgemäßes Lüften darstellt. Auch das alleinige Öffnen eines Fensters reicht nicht aus - es muss ein gezielter Luftaustausch stattfinden.

Modernisierungen ändern die Lüftungsanforderungen

Insbesondere nach einer Sanierung oder dem Einbau neuer, dicht schließender Fenster entsteht häufig eine veränderte Raumluftsituation. Während alte Fenster oft eine gewisse „Zwangslüftung“ erlauben, verhindern moderne Fenster nahezu jeden unbeabsichtigten Luftaustausch. Der Mieter ist daher verpflichtet, sein Verhalten entsprechend anzupassen. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob vorher weniger gelüftet werden musste.

Gleichzeitig trifft auch den Vermieter eine Verantwortung: Wird durch bauliche Änderungen ein höherer Lüftungsaufwand erforderlich, muss er den Mieter hierüber informieren. Unterlässt er dies, kann die Verantwortung nicht allein dem Mieter zugeschoben werden.

Ein einseitiger Hinweis des Vermieters nach Vertragsschluss reicht dabei auch bei baulichen Veränderungen nach Vertragsschluss nicht ohne Weiteres aus, da dem Mieter das notwendige gesteigerte Heiz- oder Lüftungsverhalten auch zumutbar sein muss, was regelmäßig nicht der Fall wenn mehr als dreimal täglich gelüftet werden muss (vgl. LG Konstanz, 20.12.2012 - Az: 61 S 21/12). In diesem Fall muss der Vermieter beispielsweise durch technische Lösungen (z. B. Lüftungsanlagen) dafür sorgen, dass ein zumutbares Lüftungsverhalten erforderlich ist.

Wenn der Vermieter trotz erhöhten Lüftungsbedarfs keine Lüftungsanlage einbaut und auch keine sonstigen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit schafft und den Mieter auch nicht auf den erhöhten Lüftungsbedarf hinweist, kann dem Mieter die Entstehung von Feuchtigkeitsschäden grundsätzlich nicht angelastet werden (LG Gießen, 02.04.2014 - Az: 1 S 199/13).

Informationspflicht und vertragliche Regelungen

Hat der Vermieter den Mieter schriftlich oder mündlich auf ein erhöhtes Lüftungsbedürfnis hingewiesen, wird dies regelmäßig bei der Bewertung herangezogen. Denn in diesem Fall ist dem Mieter bekannt, welches Lüftungsverhalten in der konkreten Wohnung erforderlich und ausreichend ist.

Ist die Information zum „richtigen Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbildung“ jedoch fehlerhaft bzw. sind die dortigen Vorgaben unzureichend (z.B. wenn nicht auf das nicht ohne Weiteres einem Laien erkennbare bedarfsgerechte an die Jahreszeit bzw. die Außentemperaturen anzupassende Ablüften hingewiesen wird), so kann dem Mieter deshalb kein Vorwurf gemacht werden. In diesem Fall ist der Vermieter verantwortlich, wenn der Mieter sich nach den Vorgaben des Vermieters gerichtet hat (LG Berlin, 06.04.2021 - Az: 67 S 358/20).

Gleichzeitig darf der Vermieter keine übermäßigen Lüftungsverpflichtungen im Mietvertrag festlegen. Formularverträge, die mehr als dreimal tägliches Lüften vorschreiben, können wegen unangemessener Benachteiligung (§ 307 BGB) unwirksam sein.

Was ist bei Schimmel in der Wohnung zu tun?

Für Mieter:
  • Möglichst frühzeitig schriftlich Mängelanzeige beim Vermieter erstatten.
  • Nach Möglichkeit Fotos und ein Lüftungsprotokoll anfertigen.
  • Regelmäßig und nachweislich lüften (z. B. morgens und abends).
  • Bei baulichen Auffälligkeiten (z. B. feuchte Wände, Wärmebrücken) Rücksprache mit dem Vermieter halten.
Für Vermieter:
  • Zunächst klären, ob ein Baumangel vorliegt (ggf. Sachverständigengutachten einholen).
  • Lüftungshinweise und ggf. technische Unterstützung bereitstellen.
  • Bei Sanierungen: Mieter aktiv über geänderte Nutzungsanforderungen informieren.

Weitergehende Informationen:

Lüftungskonzept in modernen Wohnungen - DIN 1946-6

Schimmel in der Wohnung: Rechte, Pflichten und Minderungssätze im Mietrecht
Stand: 25.05.2025 (aktualisiert am: 26.05.2025)
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