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Fahrtenbuchauflage: Wann muss man nach einem Verkehrsverstoß ein Fahrtenbuch führen?

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 15 Minuten

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Wenn ein Fahrzeughalter nach einer mit seinem Fahrzeug begangenen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften keine Angaben dazu macht, wer das Fahrzeug im Zeitpunkt des Vorfalls gefahren hat, muss er mit einer Fahrtenbuchauflage gemäß § 31a StVZO rechnen. Die Straßenverkehrsbehörde kann nämlich gegenüber einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer erheblichen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Vorschrift soll dazu dienen, Fahrer zu erfassen, die Leben, Gesundheit und Eigentum anderer gefährden.

Was ist ein Fahrtenbuch und wer muss es führen?

Ein Fahrtenbuch ist ein behördlich angeordnetes Dokument, in dem alle Fahrten eines Fahrzeugs nachvollziehbar aufgezeichnet werden müssen. Es dient dazu, künftig den Fahrer eines bestimmten Fahrzeugs bei Verkehrsverstößen leichter identifizieren zu können.

Die Fahrtenbuchauflage richtet sich in der Regel nicht an den Fahrer des Verstoßes, sondern an den Halter des Fahrzeugs - unabhängig davon, ob dieser selbst gefahren ist oder nicht.

Der vorgeschriebene Inhalt des Fahrtenbuchs ergibt sich aus § 31a II StVZO:

Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt vor deren Beginn Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers, amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs, Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

Der Fahrzeughalter hat der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder sonst zuständigen Personen das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

Bei welchen Verkehrsverstößen kann eine Fahrtenbuchauflage drohen?

Die Fahrtenbuchauflage findet ihre rechtliche Grundlage in § 31a StVZO. Danach kann die zuständige Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs für ein oder mehrere Fahrzeuge auferlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.

Voraussetzung ist demnach das Scheitern der Fahrerermittlung nach einem Verkehrsverstoß, der von einer gewissen Schwere ist. Es muss eine konkrete Ordnungswidrigkeit vorliegen, bei der das Bußgeldverfahren mangels Fahrerfeststellung eingestellt werden musste.

Es reicht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Punkt und mehr im Fahreignungsregister eingetragen wird, in jedem Fall aus.

Es kommen also alle Verkehrstraftatbestände (fahrlässige Körperverletzung, Unfallflucht, Straßenverkehrsgefährdung, Trunkenheit im Verkehr usw.) aber auch gewichtige Verstöße gegen Vorschriften der StVO und der StVZO wie z.B. Rotlichtverstöße, erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Verstöße gegen das Abstandsgebot in Betracht.

Schützt das Zeugnisverweigerungsrecht vor einer Fahrtenbuchauflage?

Ob der Halter sich zu Recht auf sein Aussageverweigerungsrecht beziehungsweise Zeugnisverweigerungsrecht berufen kann, etwa weil die Zuwiderhandlung von ihm selbst oder einem nahen Angehörigen begangen worden ist, ist für die Fahrtenbuchauflage unerheblich.

Unter welchen Voraussetzungen kann eine Fahrtenbuchauflage erteilt werden?

Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage setzt voraus, dass ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht vorliegt und die Ermittlung des verantwortlichen Fahrers fehlgeschlagen ist. Bereits ein erst- oder einmaliger Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht kann daher eine Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs rechtfertigen.

Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage setzt nicht voraus, dass die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrers auf einer fehlenden Mitwirkung des Fahrzeughalters beruht oder der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat (OVG Nordrhein-Westfalen, 30.05.2023 - Az: 8 A 464/23).

Nicht jeder Bagatellverstoß rechtfertigt eine Fahrtenbuchauflage. Bereits eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 20 km/h stellt jedoch eine so erhebliche Verkehrsübertretung dar, dass eine Androhung einer Fahrtenbuchauflage nicht ausreicht, sondern deren Anordnung geboten ist (VG Lüneburg, 12.06.2019 - Az: 1 B 16/19).

Bereits im Fall der erstmaligen Begehung eines Verkehrsverstoßes, der im Fall seiner Ahndung zur Eintragung von wenigstens einem Punkt im Verkehrszentralregister geführt hätte, ist die Auferlegung eines Fahrtenbuchs gerechtfertigt und verhältnismäßig (OVG Sachsen, 07.10.2016 - Az: 3 B 115/16).

Zwar kann die Führung eines Fahrtenbuchs nur dann verlangt werden, wenn die Verkehrsbehörde nicht in der Lage war, den Fahrer zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Mittel ergriffen hat. Dabei reicht es aber nach herrschender Meinung aus, wenn der zunächst als Betroffene behandelte Fahrzeughalter im Verfahren keine Angaben macht. Größerer Ermittlungsaufwand kann von der Polizei regelmäßig nicht verlangt werden. Naheliegenden und wenig aufwendigen Ermittlungsansätzen muss die Behörde aber nachgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, 31.05.2023 - Az: 8 A 2361/22).

Wenn der Halter erst dann Angaben macht, wenn die Verfolgung der Straftat bzw. Ordnungswidrigkeit gegen den Fahrer bereits verjährt ist, kann eine Fahrtenbuchauflage ebenfalls verhängt werden. Benennt der Halter den Fahrzeugführer erst nach Ablauf der Verjährungsfrist, ermöglicht dies nicht (mehr) die Feststellung im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Der Fahrzeugführer muss so rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist bekannt werden, dass die begangene Verkehrsordnungswidrigkeit mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden kann und daran etwa anknüpfende straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden können (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, 26.03.2018 - Az: 8 B 233/18).

Wie lange muss das Fahrtenbuch geführt werden?

Eine erstmalige Fahrtenbuchauflage wird regelmäßig auf sechs Monate festgesetzt. In Wiederholungsfällen oder bei besonders schweren Verstößen kann aber auch eine Frist von bis zu 24 Monaten zulässig sein, da das Interesse der Allgemeinheit, bei einer weiteren Zuwiderhandlung den Täter feststellen zu können, wächst, je schwerer dieser Verstoß wiegt. Das rechtfertigt eine längere Dauer der Fahrtenbuchauflage und die höhere Belastung, die damit für den Fahrzeughalter verbunden ist (vgl. VGH Bayern, 31.01.2022 - Az: 11 CS 21.3019).

Das Gesetz enthält zu § 31a StVZO auch keine Vorgabe, es als nicht verhältnismäßig anzusehen, schon bei mit einem Punkt bewerteten und erstmalig begangenen Ordnungswidrigkeiten eine Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten zu erlassen (VG Hamburg, 25.03.2025 - Az: 5 K 753/25).

Das VG Lüneburg hat hierzu die folgenden Grundsätze formuliert:

Bei der Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist insbesondere das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann in die zu treffende Ermessensentscheidung einfließen, ob das mit einem Fahrzeug des Fahrzeughalters erstmals ein Verkehrsverstoß ohne Fahrerfeststellung begangen worden ist oder es sich um einen Wiederholungsfall gehandelt hat.

Auch das Verhalten des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes sowie etwaige Maßnahmen, die für die Zukunft weitere Verstöße verhindern sollen, kann die Behörde unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr würdigen.

Stellt die Behörde im Regelfall hinsichtlich der Dauer auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes ab, so darf sie die Dauer der Fahrtenbuchauflage anhand dieses Kriteriums staffeln. Das Interesse der Allgemeinheit, einer Gefahr entgegenzuwirken, bei weiteren Zuwiderhandlungen vergleichbarer Schwere den Fahrer nicht ermitteln zu können, wächst je schwerer der Verstoß wiegt.

Bei einem schweren Verstoß kann es deshalb gerechtfertigt sein, dem Halter eine längere Überwachung der Nutzung seines Fahrzeuges abzuverlangen. Dabei darf sich die Behörde bei der Bemessung des Gewichtes einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften an dem Punktsystem nach der Anlage 13 der Fahrerlaubnisverordnung orientieren.

Ist ein Verstoß als schwerwiegend einzuschätzen, unterliegt die Dauer einer Fahrtenbuchauflage von neun Monaten keinen rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit; sie bedarf insoweit auch keiner näheren Begründung.

Die Frist beginnt mit der Bestandskraft der Anordnung, nicht mit dem Zeitpunkt des Verstoßes.

Welche Kosten entstehen durch die Fahrtenbuchauflage?

Für die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs kann die Behörde eine Gebühr von durchschnittlich etwa 50 Euro verlangen.

Auf welches Fahrzeug bezieht sich die Fahrtenbuchauflage?

Grundsätzlich bezieht sich die Anordnung auf das konkrete Fahrzeug, mit dem der Verstoß begangen wurde. Die Behörde kann aber nach § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO auch anordnen, dass der Halter ein Fahrtenbuch für sämtliche auf ihn zugelassenen Fahrzeuge führen muss.

Dies soll verhindern, dass der Halter die Maßnahme durch Ab- und Neuanmeldung oder durch Fahrzeugwechsel umgeht.

Für die Rechtmäßigkeit einer Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf mehrere auf den Fahrzeughalter zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge ist maßgeblich, ob nicht aufklärbare Verkehrsverstöße nicht nur mit dem Tatfahrzeug, sondern auch mit anderen Fahrzeugen des Halters zu erwarten sind. Insofern genügt eine abstrakte Wiederholungsgefahr (VGH Bayern, 23.02.2021 - Az: 11 CS 20.3145).

Was passiert bei einem Verstoß gegen die Fahrtenbuchauflage?

Verstöße gegen eine Fahrtenbuchauflage stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit Geldbuße in Höhe von 100 Euro geahndet werden. In Einzelfällen kann zudem ein Punkt in Flensburg drohen.

Kann man sich gegen die Fahrtenbuchauflage wehren?

Gegen die Anordnung der Fahrtenbuchauflage kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch eingelegt werden. Bleibt dieser erfolglos, ist eine Anfechtungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht möglich.

Die Erfolgsaussichten hängen vom Einzelfall ab – insbesondere von der Schwere des ursprünglichen Verstoßes, dem Umfang der behördlichen Ermittlungen und dem Verhalten des Halters. Hat die Behörde z. B. die Ermittlungen ohne erkennbaren Grund frühzeitig eingestellt oder den Halter zu spät kontaktiert, kann die Maßnahme rechtswidrig sein.

Es ist empfehlenswert, im Widerspruchsverfahren zumindest Akteneinsicht über einen Rechtsanwalt zu beantragen, um zu prüfen, welche Ermittlungsmaßnahmen die Behörde tatsächlich ergriffen hat.

Sonderfälle Firmenfahrzeug und Mietwagen

Bei Firmenfahrzeugen und Mietwagen ist der Halter mit entsprechender Auflage ebenfalls zur Führung des Fahrtenbuchs verpflichtet, auch wenn verschiedene Mitarbeiter das Fahrzeug nutzen. Das Unternehmen muss dann eine interne Regelung zur Fahreridentifikation einführen und im Fahrtenbuch die jeweiligen Fahrer dokumentieren.

Die Auflage kann bestimmte Fahrzeuge aber auch den gesamten Fuhrpark betreffen.
Stand: 06.07.2015 (aktualisiert am: 08.09.2025)
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