Ist Ihr Bußgeldbescheid anfechtbar? ➠ Jetzt überprüfen!Geschwindigkeitsüberschreitungen gehören zu den häufigsten
Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr. Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit – schon ist ein Erinnerungsfoto vom Blitzer erstellt. Was danach folgt, kann von einem harmlosen Verwarnungsgeld bis hin zu empfindlichen Sanktionen wie einem
Fahrverbot reichen. Doch nicht jeder Bußgeldbescheid ist rechtmäßig. Es lohnt sich in vielen Fällen, den Vorgang genau zu prüfen und sich gegebenenfalls anwaltlich vertreten zu lassen.
Direkt angehalten – was tun?
Wird ein Fahrer direkt im Anschluss an eine Geschwindigkeitsmessung angehalten, handelt es sich oft um eine Lasermessung oder eine Nachfahrkontrolle durch ein Provida-Fahrzeug. In dieser Situation sollten Betroffene äußerste Zurückhaltung zeigen.
Es ist unbedingt davon abzuraten, sich zur gemessenen Geschwindigkeit oder zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu äußern. Wer einräumt, zu schnell gefahren zu sein, gesteht möglicherweise Vorsatz ein, was zu einer deutlich höheren Geldbuße führen kann. Auch die Aussage, man habe das Tempolimit nicht gekannt oder übersehen, wirkt sich negativ aus: Dies kann als grobe Fahrlässigkeit oder Unkenntnis der Verkehrsregeln gewertet werden und sogar zu Anordnungen wie einem Verkehrsunterricht führen.
Die sicherste Strategie: Keine Angaben zur Sache machen und sich höflich auf das Aussageverweigerungsrecht berufen. So kann der Zugang des Anhörungsbogens bzw. des Bußgeldbescheids abgewartet werden.
Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid – abwarten und prüfen
Wenn die Kontrolle nicht vor Ort erfolgt, wird der Halter des Fahrzeugs in der Regel einige Wochen später Post von der Bußgeldstelle erhalten. Dies ist in der Regel nach drei bis sechs Wochen der Fall und erfolgt meist zunächst in Form eines Anhörungsbogens. Dieser markiert den Beginn eines förmlichen
Bußgeldverfahrens. Der Betroffene wird darin aufgefordert, Angaben zur Sache zu machen.
Zur Sache muss sich nicht geäußert werden. Es genügt, die Personalien korrekt anzugeben. Die freiwillige Angabe, ob man selbst gefahren ist, kann unter Umständen dazu führen, dass ein Bußgeld oder Fahrverbot durchsetzbar wird. Auch hier empfiehlt sich Zurückhaltung.
Wer Zweifel an der Richtigkeit der erhobenen Vorwürfe hat – sei es an der gemessenen Geschwindigkeit, an der Fahrzeugzuordnung oder an der Identifikation des Fahrers – sollte umgehend anwaltlichen Rat einholen. Nur ein Rechtsanwalt kann
Einsicht in die Verfahrensakte beantragen und technische sowie formale Fehler prüfen lassen.
Muss einer Vorladung nachgekommen werden?
Erfolgt eine Vorladung von der Polizei als Fahrzeughalter, um die Person auf dem Foto zu identifizieren, so ist der Vorgeladene nicht dazu verpflichtet, dieser zu folgen. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Einladung, sofern die Identifizierung nicht von einem Richter oder der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde - einer solchen Anordnung ist Folge zu leisten.
Verwarnung oder Bußgeld – was bedeutet das?
Bei geringfügigen Verstößen unterhalb bestimmter Grenzwerte (z. B. bis 15 km/h zu schnell) wird häufig eine Verwarnung ausgesprochen. Diese ist mit einem Verwarnungsgeld verbunden, das sich meist im Bereich von 20 bis 50 Euro bewegt. Wer das Verwarnungsgeld fristgerecht bezahlt, akzeptiert damit die Sanktion und vermeidet ein offizielles Bußgeldverfahren. Sofern tatsächlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wurde, ist es daher ratsam, das Verwarnungsgeld ohne Einspruch zu begleichen, da so auch zusätzliche Kosten durch ein Bußgeldverfahren vermieden werden.
Wird die Verwarnung jedoch ignoriert oder abgelehnt, wird in der Regel ein Bußgeldbescheid erlassen. Dieser enthält zusätzliche Gebühren und kann – je nach Verstoß – auch Punkte oder ein Fahrverbot zur Folge haben.
Ein Einspruch gegen eine Verwarnung ist nicht vorgesehen, gegen einen Bußgeldbescheid jedoch schon. Der Einspruch muss jedoch binnen 14 Tagen nach Zustellung schriftlich bei der zuständigen Behörde eingehen.
Droht eine Fahrtenbuchauflage bei Schweigen?
Ein häufiger Irrtum ist, dass man als Halter keine Nachteile zu befürchten hat, wenn man zur Fahrerfrage schweigt. Zwar besteht grundsätzlich keine Pflicht, sich selbst zu belasten – dennoch kann auch dies unerwünschte Konsequenzen haben:
Gelingt es der Behörde nämlich nicht, den Fahrer zu ermitteln, kann dem Halter eine sogenannte Fahrtenbuchauflage auferlegt werden. Dann müssen für einen festgelegten Zeitraum (oft sechs bis zwölf Monate) sämtliche Fahrzeugnutzungen dokumentiert werden – mit Angabe, wer wann gefahren ist. Dies stellt einen erheblichen bürokratischen Aufwand dar und wird zunehmend auch bei einmaligen Verstößen verhängt.
Zudem spielt es keine Rolle, ob es sich beim Fahrer um einen nahen Angehörigen handelt. Das Zeugnisverweigerungsrecht schützt in einem Bußgeldverfahren nicht vor verwaltungsrechtlichen Maßnahmen wie der
Fahrtenbuchauflage.
Technische und formale Fehler bei der Messung
Geschwindigkeitsmessungen sind technisch aufwendig und fehleranfällig. Zu den häufigsten Problemen zählen:
- falsch aufgestellte oder nicht geeichte Messgeräte
- fehlerhafte Bedienung durch unzureichend geschultes Personal
- Messung zu nah am Ende oder Beginn eines Tempolimits
- nicht standardisierte Messverfahren oder unklare Bilddokumentation
In der Praxis zeigt sich regelmäßig, dass viele Bußgeldverfahren auf wackeliger Grundlage stehen. Besonders bei gravierenden Konsequenzen wie einem Fahrverbot sollte die Richtigkeit der Messung gründlich geprüft werden. Dies erfolgt in der ersten Stufe durch eine
anwaltliche Akteneinsicht und im Anschluss ggf. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Fahrverbot droht – welche Optionen gibt es?
Ab einer
Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 km/h innerorts oder 41 km/h außerorts droht ein einmonatiges Fahrverbot – unabhängig davon, ob es sich um einen Erstverstoß handelt. Für Wiederholungstäter gilt: Wer innerhalb von 12 Monaten zweimal mit mehr als 26 km/h zu schnell unterwegs war, verliert den Führerschein ebenfalls für einen Monat.
In begründeten Ausnahmefällen – etwa wenn die Fahrerlaubnis aus beruflichen Gründen unabdingbar ist – kann durch einen Antrag bei der Behörde oder im gerichtlichen Verfahren erreicht werden, dass das Fahrverbot in eine höhere Geldbuße umgewandelt wird. Auch hier kommt es auf eine gute Argumentation und belegbare Tatsachen an. Ein Anwalt kann helfen, die Erfolgsaussichten einzuschätzen.
Bei einem drohenden Fahrverbot sollten alle Möglichkeiten genutzt werden. Es kommt immer wieder vor, dass die Messung mit Fehlern behaftet war. Da bereits kleine Bedienungsfehler zu erheblichen Abweichungen von der tatsächlichen Geschwindigkeit führen können und die Messgeräte auch nicht immer ein absolutes Ergebnis abliefern, kann dies im Idealfall vor einem Fahrverbot schützen. Um etwaige Fehlerquellen aufspüren zu können, ist jedoch die Einsicht in die Verfahrensakte durch einen Anwalt notwendig. Auch dann, wenn ein Fahrverbot unvermeidbar erscheint, bleibt noch die Möglichkeit, dass gegen eine Bußgelderhöhung vom Fahrverbot abgesehen wird, sofern ein begründeter Fall vorliegt.
Wann verjährt ein Blitzerverstoß?
Die Verfolgungsverjährung für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr beträgt grundsätzlich drei Monate ab dem Tattag. Innerhalb dieser Frist muss entweder ein Bußgeldbescheid ergangen sein oder ein sogenannter verjährungsunterbrechender Akt stattfinden – z. B. die Versendung eines Anhörungsbogens.
Wird diese Frist durch eine Unterbrechung gehemmt, beginnt die Frist erneut. Nach Zustellung eines Bußgeldbescheids beträgt die Verjährungsfrist dann sechs Monate. In Einzelfällen, etwa bei Übergabe an die Staatsanwaltschaft oder Anklage vor dem Amtsgericht, verlängert sich die Verjährung nochmals.
Wer also drei Monate nach dem Verstoß nichts gehört hat, kann sich nicht in Sicherheit wiegen. Entscheidend ist, was im Hintergrund bei der Bußgeldstelle passiert ist.
Kann man einfach einen anderen Fahrer angeben?
Die Angabe eines anderen Täters kann als falsche Verdächtigung strafrechtlich geahndet werden und eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine empfindliche Geldstrafe nach sich ziehen. Es sollte daher unter allen Umständen vermieden werden, falsche Angaben zu machen.
Trotz Zahlung noch Einspruch einlegen?
Nicht selten zahlen Betroffene das im Bußgeldbescheid geforderte Bußgeld aus Unsicherheit oder Zeitdruck und bereuen es später. Ein Einspruch ist auch dann noch möglich, sofern die Zahlung nicht ausdrücklich als Verzicht auf Rechtsmittel deklariert wurde. Ein schriftlicher Einspruchsverzicht ist Voraussetzung, damit ein gezahltes Bußgeld die Anfechtung ausschließt.
In der Praxis bedeutet das: Wurde lediglich gezahlt, aber nicht unterschrieben, kann innerhalb der 14-Tage-Frist trotzdem Einspruch eingelegt werden.
Welche Konsequenzen drohen in der Probezeit?
Bei einem Vergehen innerhalb der
Probezeit kommt es auf Häufigkeit und Schweregrad an. Nach einem A-Verstoß (schwerwiegende Ordnungswidrigkeit oder Straftat) wird die Probezeit um zwei Jahre verlängert und die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet. Das Gleiche gilt für zwei B-Verstöße (minder schwere Ordnungswidrigkeit).
Wurde bereits ein A-Verstoß oder zwei B-Verstöße begangen und an einem Aufbauseminar teilgenommen so führt ein erneuter A-Verstoß oder zwei B-Verstöße zu einer Verwarnung und der Empfehlung zur Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung, die innerhalb von zwei Monaten nach der Empfehlung absolviert werden soll. Ein erneuter Verstoß, der nach diesen zwei Monaten passiert, führt dann zur Entziehung der Fahrerlaubnis.
Messgeräte und Nachweismethoden
In Deutschland sind zahlreiche verschiedene Messgeräte im Einsatz, u. a.:
- Radargeräte (z. B. MULTANOVA VR 6F, SPEEDOPHOT, M5 Radar, Micro-Speed 09)
- Lasermessgeräte (z. B. RIEGL LR90-235P, RIEGL FG21-P, LEIVTEC XV, LaserPatrol, TRAFFIPatrol, PoliScan Speed, LAVEG)
- Lichtschrankenanlagen (z. B. ESO ES 3.0, ESO ES 1.0)
- Videonachfahrsysteme (z. B. ProVida)
- Induktionsschleifensystem (z.B. TRUVELO M4, TraffiStar S 330 und S 350, TraffiphotS M5, Multanova Multastar C)
- Verkehrskontrollsysteme (z.B. VKS 3.0, VKS 3.01, MultaStar-KOMBI)
Nicht alle Systeme gelten als standardisiertes Messverfahren. Wo das nicht der Fall ist, kann die Verteidigung direkt ansetzen. Denn dann muss jede einzelne Messung detailliert nachgewiesen werden.
Auch Messfehler durch falsche Kalibrierung oder Bedienung sind nicht ausgeschlossen.
Werden Toleranzabzüge angewendet?
Bei jeder Messung der Geschwindigkeit wird eine Toleranz abgezogen, um Ungenauigkeiten bei den Messungen des Blitzers auszugleichen. Ob bei der Messung tatsächlich Ungenauigkeiten aufgetreten sind, ist unerheblich.
Der Toleranzabzug für eine Geschwindigkeit unter 100 km/h beträgt 3 km/h für Radar-, Laser- und Lichtschrankenmessverfahren und 5 % oder mindestens 5 km/h für ProVida.
Bei Messungen über 100 km/h beträgt der Toleranzabzug 3 % der gefahrenen Geschwindigkeit.
Für nicht-geeichte Messgeräte sind die Toleranzen höher.
Hilft eine Rechtsschutzversicherung?
Viele Verkehrsteilnehmer verfügen über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung. Diese übernimmt in der Regel die Kosten eines Bußgeldverfahrens – insbesondere dann, wenn Punkte oder ein Fahrverbot drohen. Eine Prüfung der Erfolgsaussichten ist dabei oft nicht erforderlich.
Kein Versicherungsschutz besteht jedoch in der Regel bei Verwarnungen oder Parkverstößen. Wer unsicher ist, sollte im Zweifel über einen Anwalt eine Deckungsanfrage bei seiner Versicherung stellen lassen.