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Abgeltungsklausel im Mietvertrag: Rechtslage zu Schönheitsreparaturen und Quotenabgeltung

Mietrecht | Lesezeit: ca. 17 Minuten

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Im Wohnraummietrecht führen Klauseln zu Schönheitsreparaturen regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern. Eine besondere Form dieser Regelungen ist die sogenannte Quotenabgeltungsklausel, auch als Abgeltungsklausel bekannt. Deren Zweck ist es, den Vermieter wirtschaftlich abzusichern, wenn der Mieter auszieht, bevor Schönheitsreparaturen nach dem Mietvertrag fällig wären. Die Klausel verpflichtet den Mieter in diesem Fall, sich anteilig an den fiktiven Renovierungskosten zu beteiligen. Die Höhe dieses Anteils bemisst sich üblicherweise nach der Wohndauer seit der letzten Renovierung oder seit dem Einzug. Diese Klauseln, die lange Zeit gängige Praxis in Formularmietverträgen waren, wurden durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über die Jahre massiv eingeschränkt und sind in ihrer formularmäßigen Gestalt heute grundsätzlich unwirksam.

Grundvoraussetzung: Wirksame Überwälzung der Schönheitsreparaturen

Eine Quotenabgeltungsklausel ist untrennbar mit der eigentlichen Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verbunden, der sogenannten Vornahmeklausel. Nach der gesetzlichen Grundkonzeption des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist eigentlich der Vermieter zur Instandhaltung und damit auch zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet. Diese Pflicht wird in den meisten Mietverträgen formularmäßig auf den Mieter abgewälzt.

Eine Quotenabgeltungsklausel kann jedoch nur dann Geltung beanspruchen, wenn bereits die zugrundeliegende Abwälzung der Schönheitsreparaturen wirksam ist. Ist die Vornahmeklausel unwirksam, ist es automatisch auch die darauf aufbauende Abgeltungsklausel. Die Rechtsprechung hat hierfür in den letzten Jahren hohe Hürden aufgestellt.

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung (BGH, 18.03.2015 - Az: VIII ZR 185/14) klargestellt, dass eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen auferlegt, unwirksam ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe er eine renovierte Wohnung übernommen. Ein geringfügiger Mietnachlass, etwa in Höhe einer halben Monatsmiete, wurde dabei als nicht ausreichend angesehen, um einen angemessenen Ausgleich darzustellen.

Die Unwirksamkeit wird damit begründet, dass der Mieter durch eine solche Klausel verpflichtet würde, die Wohnung gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückzugeben, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat. Er müsste nicht nur seine eigenen Gebrauchsspuren beseitigen, sondern auch die bereits bei Einzug vorhandenen Spuren des Vormieters. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Für die Abgrenzung zwischen renoviert und unrenoviert kommt es darauf an, ob etwaige Gebrauchsspuren so unerheblich sind, dass die Räume den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln.

Diese Unwirksamkeit der Vornahmeklausel wird auch nicht durch private Absprachen des Mieters mit dem Vormieter geheilt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die formularmäßige Überwälzung der Renovierungspflicht bei unrenovierter Übergabe auch dann unwirksam bleibt, wenn sich der neue Mieter gegenüber dem Vormieter in einer zweiseitigen Vereinbarung zur Übernahme von Renovierungsarbeiten verpflichtet hat. Eine solche Vereinbarung wirkt nur zwischen dem neuen Mieter und dem Vormieter und hat keinen Einfluss auf das Rechtsverhältnis zum Vermieter. Der Vermieter kann sich nicht darauf berufen, er werde durch diese Abrede so gestellt, als habe er eine renovierte Wohnung übergeben (BGH, 22.08.2018 - Az: VIII ZR 277/16).

Neben der Übergabe einer unrenovierten Wohnung existieren übrigens auch weitere Unwirksamkeitsgründe für Vornahmeklauseln, etwa wenn die Klausel dem Mieter vorschreibt, welche Art von Farbe er zu verwenden hat und ihm beispielsweise wasserlösliche Acrylfarben verbietet (vgl. LG Berlin, 20.12.2013 - Az: 63 S 216/13). Eine solche Klausel schränkt den Mieter in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs unangemessen ein.

Das Ende der „starren“ Abgeltungsklauseln

Selbst wenn die Überwälzung der Schönheitsreparaturen an sich wirksam sein sollte, unterliegt die spezifische Ausgestaltung der Quotenabgeltungsklausel einer strengen Inhaltskontrolle. Bis weit in die 2000er Jahre waren sogenannte „starre“ Abgeltungsklauseln verbreitet. Diese sahen feste Prozentsätze vor, die sich ausschließlich am Zeitablauf orientierten. Eine typische Klausel bestimmte etwa, dass bei einer Nutzungsdauer von über zwei Jahren 40 % der Kosten zu tragen seien.

Dieser Praxis schob der Bundesgerichtshof im Jahr 2006 einen Riegel vor (BGH, 18.10.2006 - Az: VIII ZR 52/06). Die Richter entschieden, dass formularvertragliche Abgeltungsklauseln, die sich an starren Fristen und Prozentsätzen ausrichten, den Mieter unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) und daher unwirksam sind. Der entscheidende Grund liegt darin, dass solche Klauseln den tatsächlichen Erhaltungszustand der Wohnung nicht berücksichtigen. Ein Mieter, der die Wohnung nur sehr schonend genutzt hat und bei dem objektiv noch kein Renovierungsbedarf besteht, würde dennoch allein aufgrund des Zeitablaufs zu einer Zahlung verpflichtet. Dies kann dazu führen, dass der Mieter eine übermäßig hohe Abgeltungsquote tragen muss, die nicht dem tatsächlichen Abnutzungsgrad entspricht.

„Flexible“ Klauseln scheitern am Transparenzgebot

Als Reaktion auf die Unwirksamkeit starrer Klauseln versuchten Vermieter und Formularverlage, sogenannte „flexible“ Quotenabgeltungsklauseln zu etablieren. Diese sollten den tatsächlichen Erhaltungszustand berücksichtigen. Der Bundesgerichtshof deutete zunächst an, dass solche flexiblen Regelungen wirksam sein könnten (vgl. BGH, 26.09.2007 - Az: VIII ZR 143/06). Die Berechnung sollte sich dabei nach dem Verhältnis der bisherigen Mietdauer seit der letzten Renovierung und dem Zeitraum richten, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund des konkreten Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde.

In der Praxis scheiterten jedoch auch diese flexiblen Klauseln fast ausnahmslos. Sie wurden zwar nicht wegen ihres Inhalts, aber wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) als unwirksam eingestuft. Das Transparenzgebot verlangt, dass eine Vertragsklausel die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreibt. Der Mieter muss in die Lage versetzt werden, seine Verpflichtungen ohne fremde juristische Hilfe möglichst klar und einfach feststellen zu können.

Diesen Anforderungen genügten die flexiblen Klauseln nicht. Oftmals waren die verwendeten Begrifflichkeiten zu vage, etwa wenn von einem „angelaufenen Renovierungsintervall“ die Rede war, ohne die Berechnungsgrundlage klar zu definieren (vgl BGH, 05.03.2008 - Az: VIII ZR 95/07). Auch die im Urteil von 2007 beschriebene hypothetische Berechnungsmethode wurde als zu komplex und missverständlich angesehen. Sie ließ oft mehrere Auslegungen zu (kundenfeindlichste Auslegung), die den Mieter unangemessen benachteiligen könnten, indem sie doch wieder auf starre Fristen zurückgriffen (vgl. LG Frankfurt/Main, 12.04.2011 - Az: 2-11 S 265/10).

Ein weiterer häufiger Unwirksamkeitsgrund war die Art der Kostenermittlung. Klauseln, die bestimmten, dass die Berechnungsgrundlage ein Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts sei, wurden gekippt (vgl. BGH, 29.05.2013 - Az: VIII ZR 285/12). Solche Regelungen sind intransparent, wenn sie für den Mieter so zu verstehen sind, dass dieser Kostenvoranschlag verbindlich ist, selbst wenn er überhöhte Preise ansetzt. Dem Mieter wird damit die Möglichkeit genommen, die Angemessenheit der Kosten zu bestreiten oder günstigere Alternativangebote vorzulegen.

Formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln sind mittlerweile generell unwirksam

Im Jahr 2015 vollzog der Bundesgerichtshof eine Kehrtwende und gab seine bisherige Rechtsprechung, die flexible Klauseln zumindest theoretisch für möglich hielt, vollständig auf. In einer Grundsatzentscheidung (BGH, 18.03.2015 - Az: VIII ZR 242/13) stellte der Senat fest, dass formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln generell unwirksam sind.

Die Unwirksamkeit wird nun nicht mehr nur mit der Intransparenz der Berechnungsmethode im Einzelfall begründet, sondern fundamental mit der Struktur der Klausel selbst. Eine solche Klausel benachteilige den Mieter unangemessen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie von ihm bei Vertragsschluss verlangt, zur Ermittlung der auf ihn zukommenden Kostenbelastung mehrere hypothetische Betrachtungen anzustellen. Der auf den Mieter entfallende Kostenanteil könne nicht verlässlich ermittelt werden. Bereits in einem Hinweisbeschluss (vgl. BGH, 22.01.2014 - Az: VIII ZR 352/12) hatte der Senat Zweifel geäußert, ob eine empirische Prognose über einen hypothetischen Renovierungsbedarf überhaupt zuverlässig möglich sei oder ob dies nicht vielmehr einer Fiktion gleichkomme.

Diese Unklarheit über die potenzielle wirtschaftliche Belastung bei Vertragsende ist dem Mieter bei Vertragsschluss nicht zumutbar. Diese Rechtsprechung gilt unabhängig davon, ob die Wohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert überlassen wurde. Damit ist klargestellt, dass Quotenabgeltungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also in Standardmietverträgen, keinen Bestand haben.

Ausnahme: Wirksamkeit bei Individualvereinbarung

Nachdem formularmäßige Klauseln ausgeschlossen waren, konzentrierte sich die juristische Debatte auf die Frage, ob Quotenabgeltungsklauseln zumindest als Individualvereinbarung getroffen werden können. Eine Individualvereinbarung liegt vor, wenn die Klausel zwischen Mieter und Vermieter im Einzelnen ernsthaft ausgehandelt wurde und nicht nur vom Vermieter einseitig gestellt wurde.

Einige Gerichte, wie das Landgericht Berlin (vgl. LG Berlin, 15.03.2022 - Az: 67 S 240/21), vertraten die Auffassung, dass auch individualvertragliche Quotenabgeltungsklauseln im Wohnraummietrecht unwirksam seien. Sie argumentierten, es handele sich um eine Abwälzung von Instandhaltungskosten, die nicht zu den umlagefähigen Betriebskosten nach § 556 Abs. 1 BGB gehörten. Eine solche Vereinbarung verstoße daher gegen § 556 Abs. 4 BGB, der abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters verbietet.

Dieser Ansicht erteilte der Bundesgerichtshof jedoch jüngst eine klare Absage (BGH, 06.03.2024 - Az: VIII ZR 79/22). Der BGH entschied, dass die Bestimmung des § 556 Abs. 4 BGB einer individualvertraglich vereinbarten Quotenabgeltungsklausel nicht entgegensteht. Die Unwirksamkeit nach § 307 BGB (Inhaltskontrolle von AGB) greift bei einer echten Individualvereinbarung nicht. Folglich können Quotenabgeltungsklauseln wirksam sein, sofern sie tatsächlich individuell ausgehandelt wurden. Die Hürden für das Vorliegen einer echten Individualvereinbarung sind in der Praxis jedoch sehr hoch.

Folgen unwirksamer Klauseln: Rückforderung und Verjährung

Ist eine Quotenabgeltungsklausel – was bei Formularverträgen die Regel ist – unwirksam, hat der Vermieter keinen Anspruch auf eine anteilige Zahlung bei Auszug. Hat der Mieter in Unkenntnis der Rechtslage dennoch eine Zahlung geleistet, steht ihm ein Anspruch auf Rückforderung dieses Betrages aus ungerechtfertigter Bereicherung zu.

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Stand: 18.10.2025
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