Das
Reisebüro trifft aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag die Pflicht, den Vertragspartner bei der Auswahl zu beraten und aufzuklären. Die vertraglichen Beratungspflichten eines Reisebüros aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag enden mit dem Zeitpunkt, in dem die Auswahlberatung abgeschlossen ist, der Kunde sich entscheidet und eine Buchung erfolgt.
Welche Informationspflichten bestehen bei einer Pauschalreise?
Das Reisebüro schließt mit dem Reisekunden einen eigenen Reisevermittlungsvertrag mit Haftungsfolgen ab. Ein solcher Reisevermittlungsvertrag hat normalerweise nur die Beratung des Kunden bei der Auswahl oder Zusammenstellung einer seinen Wünschen entsprechenden
Reise zum Gegenstand, nicht hingegen die Versicherungsberatung. Anders kann es sein, wenn das Reisebüro ähnlich wie ein
Reiseveranstalter auftritt.
Wird das Reisebüro lediglich als
Reisevermittlerin tätig, so muss es die nach
§ 651v Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 250 § 3 Nr. 6 EGBGB obliegende Verpflichtung, bestimmte Informationen zu erteilen, erfüllen.
Auch nach der Neuregelung in § 651v Abs. 1 S. 1 BGB ist weiterhin die Tätigkeit des Reisebüros als Vermittler von der als Vertreter des Reiseveranstalters abzugrenzen. Nach der Auswahlentscheidung handelt das Reisebüro für den Reiseveranstalter, mögen es auch kraft Gesetzes zusätzlich die vorvertraglichen Informationspflichten treffen. Nach Vertragsabschluss enden dessen Pflichten vollständig, sodass in der Folgezeit nur der Reiseveranstalter für unzureichende oder fehlerhafte Informationen des Reisebüros haftet.
Nebenpflichten zu Hinweisen darauf, welche Voraussetzungen die Reisenden erfüllen müssen, um die einzelnen Zielländer betreten zu dürfen, sind grundsätzlich dem Pflichtenkreis des Reiseveranstalters zuzurechnen, so dass (nur) der Reiseveranstalter diese schuldet, mag er sich dazu auch des Reisevermittlers als Erfüllungsgehilfe bedienen.
Soweit der Reiseveranstalter verpflichtet ist, den Reisenden auf die Notwendigkeit einer Registrierung in der erforderlichen Form hinzuweisen, besteht regelmäßig kein Anlass für das Reisebüro, eine entsprechende Beratungs- oder Überprüfungsverpflichtung durch gesonderten Vertrag bzw. Erweiterung des Reisevermittlungsvertrags auf sich zu nehmen.
Welche Informationspflichten gelten bei einzelnen Reiseleistungen?
Wird lediglich eine einzelne Reiseleistung (z.B. nur ein Flug) vermittelt, so gilt
§ 5 BGB-InfoVO nicht, da keine (Pauschal-)Reise vorliegt. Dem Reisevermittler obliegen bei einer dennoch gewisse Informations- und Aufklärungspflichten. Aus dem als Geschäftsbesorgungsvertrags nach § 675 BGB zu qualifizierenden Vertragsverhältnis ergibt sich ein selbständiger Anspruch auf eine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit einschließlich allgemeiner Hinweis- und Aufklärungspflichten.
Insbesondere ist der Kunde - auch ungefragt - über die Einreise- und Durchreisebestimmungen aufzuklären, sofern eine Relevanz für den Reisenden und die gebuchte Reiseleistung für den Reisevermittler erkennbar ist. Der Reisevermittler hat damit den Kunden insbesondere darüber aufzuklären, ob er für das Zielland ein Visum benötigt, denn ohne ein solches wäre die Reiseleistung für den Kunden wertlos.
Gleiches gilt für ein Transitvisum, sofern dem Kunden bei der Vermittlung eines Flugs kein Direktflug vermittelt wird, sondern ein Flug über ein Land, für das besondere Einreise- bzw. Durchreisebestimmungen, wie beispielsweise die Erforderlichkeit eines Transitvisums, gelten. Denn der Reisevermittler schuldet die erfolgreiche Vermittlung eines Fluges. Dieser kann jedoch nur dann erfolgreich angetreten werden, wenn alle Einreise- und Durchreisebestimmungen erfüllt werden.
Die Einreise- und Durchreisebestimmungen sind damit für den Kunden von größter Relevanz für die erfolgreiche Durchführung seiner Reise. Diese Bedeutung ist ohne Weiteres für den Reisevermittler erkennbar, sodass ihm insoweit besondere Informations- und Aufklärungspflichten treffen (AG Duisburg, 22.07.2019 - Az:
73 C 3013/17).
Ein Reisevermittler muss bei der Vermittlung eines Fluges auch über die Stornobedingungen bzw. den Ausschluss einer Stornierung der aufklären (AG Frankfurt/Main, 28.06.2011 - Az: 30 C 346/11 (68)).
Muss das Reisebüro die Anforderungen des Reisenden berücksichtigen?
Soll eine Reise nur dann gebucht werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden, so muss dies zwischen dem Reisenden und dem Reisebüro ausdrücklich und nachweisbar vereinbart werden. Zur erleichterten Beweisbarkeit sollte daher auch insoweit eine schriftliche Vereinbarung aufgesetzt werden. Können später nur einige oder gar keine der Bedingungen erfüllt werden, so kann der Reisende vom
Reisevertrag zurücktreten und u.U. zusätzlich Schadenersatz verlangen.
Muss das preiswerteste Angebot vermittelt werden?
Das Reisebüro muss dem Reisenden nicht das preiswerteste Angebot vermitteln. Es besteht daher keine Haftung, wenn der Reisende später ein günstigeres Angebot findet. Ein anderes gilt nur dann, wenn ausdrücklich und vor allem nachweisbar - am besten schriftlich - zugesichert wurde, es handele sich um das günstigste Angebot.
Es besteht jedoch eine Verpflichtung des Reisebüros, den Reisenden über die günstigste Startmöglichkeit für eine Urlaubsreise zu informieren. Dies gilt zumindest dann, wenn vom Wohnort des Reisenden offensichtlich zwei oder mehr Abflughäfen im Inland etwa gleich weit entfernt sind. Sofern sich aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden erhebliche Preisunterschiede je nach Wahl des einen oder anderen Abflugorts ergeben würden, ist ungefragt eine Aufklärung darüber vorzunehmen, wie sich die Reisepreise alternativ berechnen (AG Bad Homburg, 06.06.1997 - Az:
2 C 431/97 - 19).
Beratungspflicht über Versicherungen?
Soweit eine Pflicht des Reisebüros zur Versicherungsberatung besteht, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass das Reisebüro ebenso wie der Reiseveranstalter - gemäß der vom Gesetzgeber in
§ 6 Abs. 2 lit. i BGB-InfoV getroffenen Entscheidung nur zum Hinweis auf die Möglichkeit des Abschlusses einer
Reiserücktrittskosten- und einer Rücktransportkostenversicherung, nicht aber einer Reiseabbruchsversicherung verpflichtet ist (BGH, 25.07.2006 - Az:
X ZR 182/05).
Darüber hinausgehende Pflichten in Bezug auf Reiseversicherungen obliegen dem Reisevermittler im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht, da es sich bei der Vermittlung von Reiseversicherungen für ein Reisebüro lediglich um eine untergeordnete Nebenleistung handelt (AG Karlsruhe, 12.01.2001 - Az:
1 C 187/00).
Besonderheit bei Reisen in islamische Länder
Eine Besonderheit ergibt sich bei Reisen in islamische Länder während der Fastenzeit. Ist es auch Nichtmuslimen untersagt, im Ramadan zwischen Sonnenauf- und -Untergang in der Öffentlichkeit zu essen, zu trinken und zu rauchen, so muss das Reisebüro den Reisenden bei der Buchung hierüber informieren, da ein durchschnittlicher Mitteleuropäer nicht weiß, dass die Fastenvorschriften auch für Nichtmuslime gelten (LG Dortmund, 24.8.2007 - Az:
17 S 45/07).
Muss vor möglicher Insolvenz gewarnt werden?
Die Auswahlberatung umfasst vor dem Hintergrund der Insolvenz verschiedener Fluggesellschaften und Reiseveranstalter in jüngerer Vergangenheit auch die Frage, ob in nächster Zeit bei einem der Anbieter oder Fluggesellschaften ein Insolvenzrisiko zu erwarten ist, denn diese Information ist für die Entscheidung des Kunden von erheblicher Bedeutung, bevor er sich für eine konkrete Reisemöglichkeit entscheidet.
Eine solche Beratung ist für den Reisenden von einer solchen Erheblichkeit, dass sie auch dann nicht unterbleiben darf, wenn der
Reisende dieses Thema selbst nicht anspricht.
Allerdings setzt eine derartige Information konkrete Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit des jeweiligen Anbieters von Reiseleistungen voraus. Dies ist anzunehmen, wenn konkrete, d. h. ernsthafte und greifbare Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass eine Fluggesellschaft oder ein Reiseveranstalter von einer Insolvenz bedroht ist.
Das Reisebüro muss danach alle ihm erkennbaren oder bekannten Insolvenzgefahr indizierenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Zusammenhang mit der Bonität ungefragt offenlegen.
Ein konkreter Anlass zu einem Warnhinweis an den Kunden wird angenommen, wenn das Reisebüro negative Erfahrungen mit einzelnen Fluggesellschaften oder Veranstaltern gemacht hat, etwa im Bezug auf eine schwankende Bonität die sich in einem veränderten Abbuchungsverhalten niederschlägt.
Das Gleiche gilt bei einschlägigen Informationen über eine negative Geschäftslage, die etwa in branchenspezifischen Quellen (wie Fachzeitschriften und Verbandsmitteilungen) kursieren oder gar durch die Tagespresse publik gemacht werden.
Eigene Nachforschungen hat das Reisebüro darüber hinaus aber nicht anzustellen, da es lediglich als Vermittler tätig wird. Deshalb dürfen seine Informationspflichten nicht derart ausgeweitet werden, dass sie zu einer Garantiehaftung für die Zahlungsfähigkeit von Fluggesellschaften oder Reiseveranstaltern führen (AG Hamburg-Wandsbek, 14.11.2019 - Az:
714 C 134/19).
Informationspflichten zu Pass- und Visumerfordernissen
Die Information über die Pass- und Visumerfordernisse gehört in der Regel nicht zu der möglicherweise vom Reisebüro geschuldeten Auswahlberatung, sondern ist allein Pflicht des Reiseveranstalters bei den Verhandlungen über den gewählten Reisevertrag. Sofern sich der Reiseveranstalter zur Erfüllung dieser Pflicht des Reisebüros bedient, haftet er für dessen Verschulden (BGH, 25.04.2006 - Az:
X ZR 198/04; AG Leipzig, 06.04.2011 - Az:
113 C 6263/10).
In Art. 250
§ 3 Nr. 6 EGBGB findet sich die explizite Regelung einer vorvertraglichen Unterrichtungspflicht, wonach der Reiseveranstalter den Reisenden über „allgemeine Pass- und Visumserfordernisse des Bestimmungslandes“, einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa informieren muss. Ist der Hinweis hinreichend und rechtzeitig gegeben, muss wiederum der Reisende entsprechend seiner Mitwirkungspflicht die erforderlichen Dokumente vorhalten.
Es besteht jedoch schon keine Informationspflicht über das Erfordernis des „Vorhandenseins“ eines (gültigen) Reisepasses.
Der Hinweis auf die Notwendigkeit des „Vorhandenseins“ eines (gültigen) Reisepasses ist nicht von Art. 250 § 3 Nr. 6 EGBGB umfasst, da es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt (AG München, 12.07.2023 - Az:
171 C 3319/23; BGH, 20.05.2014 – Az:
X ZR 134/13).
Wichtig: Die Informationspflicht gilt innerhalb der EU nur für Angehörige des Mitgliedsstaates, in dem die Reise angetreten wird. Dennoch ist der Veranstalter und der Vermittler als sein Erfüllungsgehilfe dazu verpflichtet, nichtdeutsche Kunden über Einreisevorschriften bei der Buchung zu informieren, wenn eine fremde Staatsangehörigkeit des Kunden erkennbar ist (LG Frankfurt/Main, 30.04.2009 - Az:
2-24 S 136/08).
Nachdem das Reisebüro die Reiseanmeldung vorgenommen hat, sollte geprüft werden, ob bei Anmeldung und vor allem bei der
Reisebestätigung alle Angaben korrekt sind und die gemachten Anforderungen erfüllt werden. Hierzu kann eine Kopie der Buchungsbestätigung verlangt werden. Bei etwaigen Abweichungen sollten diese umgehend beanstandet werden, damit eine Korrektur noch vor Reisebeginn erfolgen kann. Wenn die Reiseunterlagen ausgehändigt werden, sollte nochmals geprüft werden, ob die Reise auch tatsächlich mit der gebuchten und besprochenen Reise übereinstimmt und ob alle Leistungen enthalten sind. Bei etwaigen Abweichungen sollten diese umgehend reklamiert werden. Die Reklamation sollte schriftlich bestätigt werden.
Was tun bei falscher oder unvollständiger Beratung?
Eine unvollständige oder gar falsche Beratung vom Reisebüro und die damit einhergehende Verletzung der Informationspflicht muss der Reisende beweisen (AG Frankfurt/Main, 28.06.2011 - Az:
30 C 346/11 (68)). Daher ist es ratsam, sich wichtige Punkte schriftlich zusichern zu lassen.
Der Reisende sollte Wünsche klar darstellen, damit diese auch berücksichtigt werden können, lediglich mündlich Reisewünsche anzugeben („Ein Doppelbett wäre nett“) reichen wegen der damit verbundenen Beweisschwierigkeiten normalerweise nicht aus, um hieraus einen Anspruch abzuleiten.