Die Durchführung von Dreharbeiten für einen Film oder eine Fernsehserie auf einem Kreuzfahrtschiff (Fernsehserie „Verrückt nach Meer“) ist für den
Reisenden nicht zu beanstanden, sofern sich aus solchen Dreharbeiten oder Filmaufnahmen keine Beeinträchtigungen für die Reisenden ergeben.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin, die bereits etwa 25 Schiffsreisen mit der Beklagten unternommen hatte, buchte bei dieser für den Zeitraum vom 22.12.2016 bis 13.04.2017 die
Kreuzfahrt „A“ auf dem Schiff MS B.
Wenige Wochen nach Abschluss der Buchung unternahm die Klägerin im Zeitraum vom 27.09.2016 bis zum 11.11.2016 die bei der Beklagten gebuchte Schiffsreise „C“ mit dem Schiff MS D. Auf dieser Reise fanden Dreharbeiten für die ZDF-Serie „E“ statt, für die sich die Klägerin - nach den Feststellungen des Landgerichts - als Komparsin hatte eintragen lassen.
Nachdem die Klägerin während der „C“-Reise erfahren hatte, dass auf der im Dezember 2016 beginnenden Kreuzfahrt um die Welt im Zeitraum zwischen dem 06.03.2017 und dem 26.03.2017 Dreharbeiten für die ARD-Serie „F“ erfolgen sollten, teilte die Klägerin der Beklagten mit Email vom 03.11.2016 mit, dass sie die Anfang August 2016 gebuchte, streitgegenständlichen Weltreise wegen der vor der Buchung nicht mitgeteilten Dreharbeiten „storniere“.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin wegen der vor Reiseantritt erklärten Kündigung des
Reisevertrages die Rückzahlung des anteilig gezahlten Reisepreises (5.080,00 €) und der Prämie für die abgeschlossene
Reiserücktrittskostenversicherung (1.397,00 €) sowie Schadensersatz wegen
nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, dessen Höhe sie mit 26.794,00 € - dem vereinbarten Reisepreis nebst Versicherungsprämie - beziffert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne sich nicht auf einen
Mangel der gebuchten, aber von ihr nicht angetretenen Reise stützen. Der Verweis auf die während dieser Reise gestatteten Aufnahmen zu der ARD-Fernsehserie „F“ sei nicht geeignet, einen zur Minderung berechtigenden Reisemangel zu begründen. Vielmehr sei - wie schon bei entsprechenden Reisen mit Dreharbeiten zu der genannten Fernsehserie in der Vergangenheit - davon auszugehen, dass die während der Reise erfolgten Filmaufnahmen sich in einem Rahmen bewegten, der nur geringfügige Beeinträchtigungen des Passagiere zur Folge gehabt habe und deshalb über bloße Unannehmlichkeiten nicht hinausgingen. Die Klägerin trage nichts dazu vor, in welchem Umfang Schiffsbereiche nicht nutzbar gewesen seien oder sonst zugesicherte Leistungen nicht erbracht worden seien. Beeinträchtigungen der Passagiere, die die Reise angetreten hätten, habe die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargetan. Der Verweis auf Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Schiffsreise mit Dreharbeiten zur Serie „E“ sei unbehelfllich, weil die Beklagte substantiiert dargetan habe, dass die Filmarbeiten für die Serie „F“ komplett anders gestaltet und mithin nicht vergleichbar seien. Insbesondere sei das Filmteam um ein Vielfaches kleiner als dasjenige bei der Serie „E“ und für die als Dokumentation einzuordnende Serie werde hauptsächlich hinter den Kulissen gefilmt. Soweit es in diesem Zusammenhang zu Filmaufnahmen unter Einbeziehung einzelner Reisender gekommen sei, stelle dies keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar, sondern würde der Klägerin allenfalls ein
Minderungsrecht nach
§ 651 d BGB verschafft haben. Der Vortrag der Klägerin erschöpfe sich in Spekulationen und Mutmaßungen. Die Film- bzw. Videoaufnahmen für die Doku-Serie „F“ hätten zudem nur in einem Zeitraum von 20 Tagen während der auf 112 Tage angelegten Kreuzfahrt durchgeführt werden sollen. Im Übrigen zeige ihr Stornierungsschreiben vom 09.11.2016, dass der Stornierung eine andere Motivation als die hier angeführte zugrunde gelegen habe.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klageziel der Verurteilung der Beklagten weiter.
Die Klägerin vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie führt im Wesentlichen aus, sie sei bei der vom 27.9. bis 10.11.2016 durchgeführten Kreuzfahrt auf der MS D mehrfach ungenehmigt und gegen ihren erklärten Willen und von ihr unbemerkt gefilmt worden. Derselbe Bordkameramann, der das Reise-Video „D-Video-Logbuch“ gedreht habe, habe außerdem teilweise die Fernsehaufnahmen der drei Fernseh-Kamera-Teams gefilmt, d.h. seine Kollegen von den drei Aufnahmeteams für die Serie „E“, darunter eine Drohne des Fernsehteams. Das Filmen eines Reisenden ohne Zustimmung des Gefilmten stelle eine Straftat dar, ein Einverständnis des Gefilmten habe der Filmende zu beweisen. Zwar habe sie sich am 21.10.2016 - an diesem Tag sei eine etwa 60 Personen umfassende Filmcrew auf das Schiff gekommen - zunächst als Komparsin auf eine Liste setzen lassen; diese Benennung habe sie aber unmittelbar anschließend rückgängig gemacht, und zwar vor einer ersten Aufnahme, als ihr bewusst geworden sei, wie furchtbar die Beeinträchtigungen durch die Filmerei gewesen seien. Unabhängig von den Filmaufnahmen zur Serie E sei die Videodokumentation zur Schiffsreise aufgenommen worden; hierbei sei sie ungenehmigt aufgenommen worden. Es sei praktisch überall ohne vorherige Zustimmung von Reisenden gefilmt worden. Ein solches Vorgehen sei strafbar. Das Vorgehen bezüglich der Filmaufnahmen auf dem Schiff MS D zeige, dass auf der hier in Rede stehenden Schiffsreise mit der MS B nicht anders verfahren worden wäre.
Die Beklagte vertieft ihren Vortrag erster Instanz und macht im Wesentlichen geltend, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass auf den Schiffen der Beklagten wie auch auf sämtlichen anderen Kreuzfahrtschiffen Erinnerungsvideos gedreht würden. Die von der Klägerin als Beanstandung geltend gemachten Dreharbeiten für die Doku-Serie „F“ seien mit denjenigen für die ZDF-Unterhaltungsserie „E“ nicht vergleichbar. Für die Passagiere, die nichts mit den Dreharbeiten hätten zu tun haben wollen, habe es keinerlei Einschränkungen der vereinbarten Reiseleistungen gegeben. Die Tatsache, dass auf einem Kreuzfahrtschiff gefilmt werde, beeinträchtige den Wert oder die Tauglichkeit der Reise zum gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen in keiner Weise. Die Klägerin habe ihre Bitte um Stornierung der Reise nicht damit begründet, dass sie befürchte, illegal gefilmt zu werden. Die E-Mail vom 03.11.2016 bringe nur zum Ausdruck, dass der Umfang der Filmarbeiten den Reisegenuss beeinträchtigen könne. In der vorgerichtlichen Korrespondenz sei nicht davon die Rede gewesen, dass die Klägerin oder andere Passagiere gegen ihren Willen gefilmt und die Bilder auch noch über das Fernsehen verbreitet würden. Eine solche Befürchtung werde erst im vorliegenden Rechtsstreit erhoben, weshalb davon auszugehen sei, dass die Klägerin die Reise nicht wegen der jetzt geäußerten Befürchtung unbefugten Filmens ihrer Person gekündigt habe. Diese Befürchtung sei zudem unbegründet. Den vorgelegten Fotos zu früheren Folgen der Serie „F“ sei nicht zu entnehmen, dass die dort abgebildeten Passagiere gegen ihren Willen gefilmt worden seien. Es bestehe auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich ein Kamerateam der MS B, die zudem über 10 Stockwerke verfüge, über ein Verbot eines Passagiers, gefilmt zu werden, hinweggesetzt haben würde. Im Übrigen komme eine - von der Klägerin angesprochene - Strafbarkeit nur in Betracht, wenn Bildnisse ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt würden (§§ 22 Satz 1, 33 Abs. 1 Kunsturhebergesetz - KUG); das bloße Anfertigen von Foto- oder Filmaufnahmen verwirkliche noch keine Straftat. Die mit der Berufungsbegründung als Anlage KK 1 vorgelegten Fotos nebst zugrundeliegendem Sachvortrag seien nicht zuzulassender neuer Sachvortrag, der aber auch sachlich nicht erheblich sei. Die Filmaufnahmen beträfen ein Erinnerungsvideo, welches nicht ohne Einverständnis der darauf abgebildeten Reisenden erstellt worden sei. Soweit darauf die Klägerin abgebildet sei, sei dies ebenfalls nicht ohne ihr Einverständnis geschehen; es habe keine versteckte Kamera gegeben, vielmehr seien die Dreharbeiten gut sichtbar gewesen.
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