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Wann das Gericht ein Zwangsgeld gegen den Betreuer verhängen darf …

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

Die Führung einer rechtlichen Betreuung unterliegt der Aufsicht durch das Betreuungsgericht. Dieses hat die Aufgabe, den Betreuer in seiner Amtsführung zu beraten, zu unterstützen und vor allem zu kontrollieren. Um sicherzustellen, dass die Interessen des Betreuten gewahrt bleiben, kann das Gericht dem Betreuer konkrete Anordnungen erteilen. Ignoriert der Betreuer diese Weisungen, verfügt das Gericht über ein effektives Instrument, um seine Anordnungen durchzusetzen: das Zwangsgeld.

Das Zwangsgeld ist dabei kein Strafmittel, das vergangenes Unrecht sühnen soll. Es handelt sich vielmehr um ein sogenanntes Beugemittel. Sein einziger Zweck ist es, den Betreuer zur Erfüllung seiner Pflichten in der Zukunft anzuhalten. Die rechtliche Grundlage für die Verhängung findet sich maßgeblich in § 35 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

So kommt es zum Zwangsgeldbeschluss: Androhung und Festsetzung

Die Verhängung eines Zwangsgeldes erfolgt nicht überraschend, sondern folgt einem formalisierten, zweistufigen Verfahren. Zunächst muss das Betreuungsgericht die Zwangsmaßnahme androhen. Diese Androhung muss schriftlich erfolgen und dem Betreuer eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer er der gerichtlichen Anordnung nachkommen kann.

Entscheidend ist, dass die Androhung das Zwangsgeld bereits in einer bestimmten Höhe beziffert. Es genügt jedoch, wenn die maximal mögliche Höhe angedroht wird. Die Obergrenze für ein einzelnes Zwangsgeld liegt bei 25.000 Euro. Ist die Androhung fehlerhaft, beispielsweise weil sie keine Frist oder keine konkrete Summe nennt, ist eine spätere Festsetzung des Zwangsgeldes rechtswidrig.

Lässt der Betreuer die in der Androhung gesetzte Frist schuldhaft verstreichen, ohne der Anordnung nachzukommen, kann das Gericht im zweiten Schritt das Zwangsgeld per Beschluss festsetzen. „Schuldhaft“ bedeutet, dass der Betreuer die Nichterfüllung zu vertreten hat. Bei der Entscheidung über die Festsetzung und die Höhe des Zwangsgeldes muss das Gericht stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Es muss dasjenige Mittel wählen, das den Betreuer und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt und dennoch geeignet ist, den gewünschten Erfolg – also die Einhaltung der Anordnung – zu bewirken.

Hauptanwendungsfall: Verweigerte Rechnungslegung

In der Praxis ist der häufigste Grund für Zwangsgeldandrohungen die Verletzung der Berichts- und Rechnungslegungspflichten durch den Betreuer. Betreuer, insbesondere solche mit dem Aufgabenbereich der Vermögenssorge, sind verpflichtet, dem Gericht regelmäßig Bericht zu erstatten und detailliert Rechnung über die Verwaltung des betreuten Vermögens zu legen.

Kommt ein Betreuer dieser Verpflichtung nicht, nicht fristgerecht oder nur unvollständig nach, kann das Gericht zur Durchsetzung ein Zwangsgeld androhen und festsetzen. Was eine „ordnungsgemäße“ Rechnungslegung darstellt, haben Gerichte wiederholt präzisiert. Es reicht keinesfalls aus, dem Gericht lediglich einen Stapel Kontoauszüge oder unsortierte Belege zu übersenden, aus denen sich das Gericht die Vermögensentwicklung selbst erarbeiten muss (vgl. LG Paderborn, 08.04.2013 - Az: 5 T 124/13).

Erforderlich ist vielmehr eine geordnete, klare und übersichtliche Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben. Diese muss so aufbereitet sein, dass das Gericht ohne Hinzuziehung von Sachverständigen einen vollständigen Überblick über alle Vorgänge erhält. Zu den Posten müssen Belege eingereicht werden, soweit solche üblicherweise erteilt werden. Wichtig ist, dass die Belege es dem Gericht ermöglichen, nicht nur die Zahlung selbst, sondern auch deren Rechtsgrund zu überprüfen – also ob der Betreute überhaupt Schuldner einer Forderung war (vgl. AG Meiningen, 23.09.2021 - Az: 4 T 184/21). Liegt nur ein Konvolut an Kontoauszügen vor, ist die Rechnungslegung formell mangelhaft und das Zwangsgeld gerechtfertigt.

Auch die Missachtung von Fristen kann ein Zwangsgeld nach sich ziehen. Zwar gibt es keine starre gesetzliche Frist für die Einreichung der jährlichen Rechnungslegung, jedoch muss diese sogleich nach Ablauf des Berichtszeitraums innerhalb eines angemessenen Zeitraums erstellt werden. Gerichte erachten hierfür eine Frist von vier Wochen zumeist als ausreichend und angemessen. Ein Betreuer, der diese Fristen ignoriert, muss mit einem Zwangsgeld rechnen, insbesondere wenn er in der Vergangenheit bereits durch Verzögerungen aufgefallen ist (vgl. AG Brandenburg, 21.12.2015 - Az: 91 XVII 95/15).

Zwangsgeld bei „Selbstverwaltung“ des Betreuten

Ein weiteres Streitthema ist die sogenannte Selbstverwaltungserklärung. Hat der Betreuer den Aufgabenbereich der Vermögenssorge inne, überlässt dem Betreuten aber die Verwaltung des Vermögens (oder von Teilen davon), muss er dies gegenüber dem Gericht nachweisen. Andernfalls bleibt er vollumfänglich zur Rechnungslegung verpflichtet. Dieser Nachweis erfolgt oft durch eine „Selbstverwaltungserklärung“ des Betreuten.

Weigert sich der Betreuer, eine solche Erklärung beizubringen, ohne nachvollziehbare Gründe anzugeben, kann das Gericht ihn durch Androhung von Zwangsgeld dazu anhalten (LG Göttingen, 25.06.2019 - Az: 5 T 114/19). Solange eine solche Erklärung nicht vorliegt, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Betreuer das Vermögen selbst verwaltet hat und entsprechend detailliert darüber abrechnen muss.

Grenzen der Zwangsgeldanordnung

Ein Zwangsgeld darf jedoch nicht als Allzweckwaffe eingesetzt werden. So ist ein Zwangsgeld unzulässig, wenn der Betreuer die ihm aufgegebene Handlung gar nicht vollziehen kann. Dies wurde im Fall einer Selbstverwaltungserklärung deutlich, als der Betreute dem Betreuer schriftlich mitteilte, er werde eine solche Erklärung nicht abgeben (LG Konstanz, 04.05.2018 - Az: C 62 T 36/18). Da der Betreuer den Betreuten nicht zur Abgabe der Erklärung zwingen kann, wurde die Pflichterfüllung für ihn unmöglich. Das bereits festgesetzte Zwangsgeld war daher rechtswidrig und musste aufgehoben werden.

Ebenso unzulässig ist die Anordnung von Zwangsgeld, um den Betreuer zur Zahlung von Schadensersatz zu zwingen. Hierfür steht der Zivilrechtsweg offen; es handelt sich nicht um eine Maßnahme der gerichtlichen Aufsicht.

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Stand: 29.10.2025
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