Erbstreitigkeiten vermeiden: Erstellen oder prüfen Sie ein ➠ Testament!Der Tod eines nahen Angehörigen bedeutet für die Hinterbliebenen auch, dass zahlreiche rechtliche und organisatorische Angelegenheiten geregelt werden, die keinen Aufschub dulden. Wenn der Erbfall eintritt, gehen nicht nur die Vermögenswerte des Verstorbenen, des sogenannten Erblassers, auf die Erben über. Vielmehr treten die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch in dessen sämtliche Rechte und Pflichten ein, was beispielsweise bestehende Vertragsverhältnisse einschließt. Um den Überblick zu behalten und folgenschwere Fehler zu vermeiden, ist es für potenzielle Erben unerlässlich, die wichtigsten Schritte und Fristen zu kennen.
Unmittelbare Maßnahmen nach dem Todesfall
Unmittelbar nach dem Eintritt des Todes sind einige unaufschiebbare Formalitäten zu erledigen. An erster Stelle steht die offizielle Feststellung des Todes durch einen Arzt, der eine Todesbescheinigung, den sogenannten Totenschein, ausstellt. In diesem Dokument werden Todeszeitpunkt, Todesart und Todesursache amtlich festgehalten. Während sich bei einem Sterbefall im Krankenhaus, Hospiz oder Pflegeheim die jeweilige Einrichtung um die Verständigung eines Arztes kümmert, müssen die Angehörigen bei einem Tod in der eigenen Wohnung selbst einen Mediziner kontaktieren.
Der Totenschein ist die Grundlage für die Beantragung der Sterbeurkunde beim zuständigen Standesamt. Der Todesfall muss dem Standesamt, in dessen Bezirk die Person verstorben ist, spätestens am dritten auf den Tod folgenden Werktag angezeigt werden (§ 28 Personenstandsgesetz). Zur Beantragung der Sterbeurkunde sind neben dem Totenschein in der Regel der Personalausweis des Verstorbenen sowie Personenstandsurkunden wie die Geburts- oder Heiratsurkunde vorzulegen. Da die Sterbeurkunde ein wichtiges Dokument ist, um den Tod gegenüber Behörden, Banken oder Versicherungen nachzuweisen, empfiehlt es sich, gleich mehrere Ausfertigungen zu beantragen. Häufig übernimmt das beauftragte Bestattungsunternehmen diese Formalität.
Besondere Eile ist bei der Benachrichtigung bestimmter Versicherungen geboten. Hatte der Erblasser eine Lebens-, Unfall- oder Sterbegeldversicherung abgeschlossen, sehen die Versicherungsbedingungen oft sehr kurze Meldefristen von 24 bis 72 Stunden vor. Diese Fristen dienen dazu, dem Versicherer eine eigene Untersuchung der Todesursache zu ermöglichen. Bei einer verspäteten Meldung besteht die Gefahr, dass die Versicherungsgesellschaft die Leistung verweigert. Eine telefonische Vorabinformation ist in der Regel ausreichend und sollte schnellstmöglich erfolgen.
Organisation der Bestattung und Klärung der Kosten
Die Organisation der Beisetzung obliegt den nächsten Angehörigen im Rahmen der sogenannten Totenfürsorge. Diese Pflicht zur Veranlassung der Bestattung ist in den jeweiligen Bestattungsgesetzen der Bundesländer geregelt und trifft nicht zwingend die Erben, sondern folgt einer festgelegten Rangfolge (in der Regel Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister). Sofern der Verstorbene keine eigenen Wünsche zur Art und zum Ort der Beisetzung geäußert oder in einer Bestattungsverfügung festgelegt hat, entscheiden die totenfürsorgeberechtigten Angehörigen.
Die
Kosten der Beerdigung sind jedoch gemäß § 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) von den Erben zu tragen. Sie werden aus dem Nachlass beglichen. Haben Angehörige, die nicht Erben sind, die Bestattung veranlasst und bezahlt, können sie von den Erben die Erstattung der Kosten verlangen. Es ist ratsam, zu prüfen, ob der Erblasser bereits zu Lebzeiten einen Vorsorgevertrag mit einem Bestattungsinstitut abgeschlossen hatte, da dies die Organisation erheblich erleichtert.
Sichtung des Testaments und die Feststellung der Erbfolge
Eine entscheidende rechtliche Frage nach einem Todesfall lautet: Wer ist überhaupt Erbe? Die Erbfolge richtet sich entweder nach einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder, falls eine solche nicht existiert, nach der gesetzlichen Erbfolge.
Jede Person, die ein
Testament oder einen
Erbvertrag des Verstorbenen auffindet oder in Besitz hat, ist gesetzlich verpflichtet, dieses Dokument unverzüglich beim zuständigen Nachlassgericht abzuliefern (§ 2259 BGB). Das zuständige Nachlassgericht ist in der Regel das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers. Diese Ablieferungspflicht besteht auch für Schriftstücke, bei denen unklar ist, ob es sich um ein gültiges Testament handelt. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, riskiert eine Strafbarkeit wegen Urkundenunterdrückung nach § 274 des Strafgesetzbuches (StGB).
Befindet sich ein Testament in besonderer amtlicher Verwahrung beim Nachlassgericht, beispielsweise weil es notariell beurkundet wurde, leitet das Gericht nach Kenntnis vom Todesfall von Amts wegen das Eröffnungsverfahren ein. Das Nachlassgericht eröffnet das Testament und übersendet den darin benannten Erben sowie den gesetzlichen Erben eine Kopie nebst Eröffnungsprotokoll.
Existiert keine letztwillige Verfügung, greift die
gesetzliche Erbfolge, die in den §§ 1924 ff. BGB geregelt ist. Hierbei erben die Verwandten in einer bestimmten Reihenfolge, geordnet nach Ordnungen. Ein nichtehelicher Lebensgefährte ist nach dem Gesetz nicht erbberechtigt. Hat der Erblasser nahe Angehörige wie Kinder oder den Ehepartner per Testament enterbt, steht diesen in der Regel ein
Pflichtteilsanspruch zu. Hierbei handelt es sich um einen reinen Geldanspruch gegen die Erben in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft?
Mit der Testamentseröffnung oder der Kenntnis von der eigenen Stellung als gesetzlicher Erbe beginnt eine Frist von sechs Wochen, innerhalb der sich die potenziellen Erben entscheiden müssen, ob sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen. Eine Ausschlagung ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Nachlass überschuldet ist, denn Erben haften grundsätzlich auch für die
Schulden des Erblassers.
Um eine Entscheidung treffen zu können, ist es ratsam, sich schnellstmöglich einen Überblick über das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Erblassers zu verschaffen. Ein Nachlassverzeichnis, in dem alle Vermögenswerte und Schulden aufgelistet werden, ist hierfür hilfreich. Es dient nicht nur als Entscheidungsgrundlage für eine mögliche Ausschlagung, sondern auch zur Berechnung von Pflichtteilsansprüchen oder zur Aufteilung des Erbes innerhalb einer Erbengemeinschaft.
Die Ausschlagung muss gegenüber dem Nachlassgericht zur Niederschrift oder in öffentlich beglaubigter Form erklärt werden. Versäumt ein Erbe die Sechs-Wochen-Frist, gilt die Erbschaft als angenommen. Vorsicht ist geboten bei Handlungen, die als schlüssige Annahme der Erbschaft gewertet werden können. Wer beispielsweise einen Erbschein beantragt, hat die Erbschaft damit angenommen und kann sie nicht mehr ausschlagen.
Nachweis der Erbenstellung und Zugriff auf den Nachlass
Um über den Nachlass verfügen zu können, müssen sich die Erben gegenüber Dritten wie Banken, Behörden oder Grundbuchämtern als rechtmäßige Rechtsnachfolger ausweisen. Liegt ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag vor, genügt in der Regel die Vorlage dieses Dokuments zusammen mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts. Ein handschriftliches Testament wird oft ebenfalls akzeptiert, wenn es vom Gericht eröffnet wurde.
Ist kein solcher Nachweis möglich oder wird dieser nicht anerkannt, muss ein
Erbschein beantragt werden. Dies ist ein amtliches Zeugnis, das ausweist, wer Erbe geworden ist und wie groß der jeweilige Erbteil ist. Der Antrag ist beim zuständigen Nachlassgericht zu stellen und kann dort oder bei einem Notar beurkundet werden. Da die Erteilung eines Erbscheins mit Kosten verbunden ist, die sich nach dem Nachlasswert richten, sollte vorab geprüft werden, ob er tatsächlich erforderlich ist.
Vom Erblasser erteilte Kontovollmachten erlöschen nicht automatisch mit dem Tod. Die Erben sollten daher umgehend prüfen, welche Vollmachten bestehen, und diese gegenüber Dritten, die nicht Miterben sind, widerrufen, um einen möglichen Missbrauch zu verhindern. Sind sich die Erben unsicher über die Existenz aller Bankkonten, kann eine Nachforschung über die jeweiligen Bankenverbände eingeleitet werden.
Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, bilden diese eine
Erbengemeinschaft. In dieser Gemeinschaft gehört der Nachlass allen Mitgliedern gemeinschaftlich; sie können nur zusammen darüber verfügen. Dies erfordert oft eine enge Abstimmung und birgt erhebliches Konfliktpotenzial, weshalb viele Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen.
Abwicklung von Verträgen und laufenden Verbindlichkeiten
Da die Erben in alle bestehenden Verträge des Erblassers eintreten, ist eine sorgfältige Sichtung seiner Unterlagen unerlässlich. Laufende Verträge wie Abonnements, Mitgliedschaften in Vereinen oder Telekommunikationsverträge müssen gekündigt oder, falls gewünscht, auf einen der Erben umgeschrieben werden.
Eine besondere Regelung gilt für den Mietvertrag. Lebte der Verstorbene allein, geht das
Mietverhältnis auf die Erben über (
§ 564 BGB). Sowohl die Erben als auch der Vermieter haben in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod und der Erbfolge. Lebte der Erblasser hingegen mit seinem Ehe- oder Lebenspartner oder anderen Familienangehörigen in einem gemeinsamen Haushalt, treten diese Personen in den Mietvertrag ein (
§ 563 BGB). Wollen sie das Mietverhältnis nicht fortführen, müssen sie dies dem Vermieter ebenfalls innerhalb eines Monats erklären.
Auch Versicherungsverträge wie Hausrat-, Haftpflicht- oder Kfz-Versicherungen gehen auf die Erben über oder enden mit dem Tod. Hier ist eine zeitnahe Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Versicherungsgesellschaften erforderlich, um die Verträge zu kündigen oder anzupassen.
Steuerliche und sozialrechtliche Pflichten
Der Erwerb von Todes wegen unterliegt der Erbschaftsteuer. Die Erben sind verpflichtet, dem zuständigen Finanzamt den Erbfall innerhalb von drei Monaten anzuzeigen (§ 30 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz). Eine Ausnahme von dieser Anzeigepflicht besteht unter anderem dann, wenn ein notarielles Testament vom Gericht eröffnet wird und der Nachlass keine Immobilien, kein Betriebs- oder Auslandsvermögen enthält. Zudem müssen die Erben für den Verstorbenen gegebenenfalls eine letzte Einkommensteuererklärung für das Todesjahr abgeben.
Auch Sozialversicherungsträger sind zu informieren. Die
Krankenkasse des Verstorbenen muss benachrichtigt werden. Eine bisherige Familienversicherung für Angehörige endet mit dem Tod des Hauptversicherten, der Versicherungsschutz bleibt jedoch zunächst bestehen, und die Angehörigen müssen sich um eine eigene Versicherung kümmern. An die
Rentenversicherung ist ebenfalls eine Meldung zu richten. Hinterbliebene Ehepartner oder Kinder haben unter Umständen Anspruch auf eine Witwen-, Witwer- oder Waisenrente, die beantragt werden muss. Insbesondere der Antrag auf den Vorschuss auf die Witwenrente im sogenannten Sterbevierteljahr sollte zeitnah gestellt werden