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Wie sollte auf eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung reagiert werden?

Urheberrecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

Der Erhalt einer Abmahnung wegen einer vermeintlichen Urheberrechtsverletzung ist für die meisten Betroffenen ein Schock. Ein förmliches Schreiben einer fremden Anwaltskanzlei, in dem hohe Geldbeträge gefordert werden, löst verständlicherweise Unruhe und Unsicherheit aus. In dieser Situation ist es entscheidend, einen kühlen Kopf zu bewahren und überlegt zu handeln. Voreilige oder unüberlegte Reaktionen können die rechtliche und finanzielle Situation erheblich verschlimmern. Genauso gefährlich ist es jedoch, das Schreiben zu ignorieren und die Sache „auszusitzen“. Regelmäßig entstehen so enorme weitere Kosten, die durch ein strategisch kluges Vorgehen von Anfang an vermieden werden sollten.

Die Abmahnung: Was bezweckt der Gegner damit?

Eine Abmahnung ist ein zivilrechtliches Instrument zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Im Urheberrecht dient sie dem Rechteinhaber dazu, eine Rechtsverletzung, wie beispielsweise das illegale Anbieten einer Datei in einer Tauschbörse (Filesharing) oder die unlizenzierte Verwendung eines Fotos auf einer Webseite, zu beenden und eine Wiederholung für die Zukunft auszuschließen. Sie ist der gesetzlich vorgesehene Versuch, den Konflikt ohne die Anrufung eines Gerichts zu klären. Gemäß § 97a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) soll der Verletzer vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf die Rechtsverletzung hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben werden, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungserklärung beizulegen.

Eine typische Abmahnung besteht daher aus mehreren Teilen: der Schilderung des angeblichen Verstoßes, der rechtlichen Begründung des Anspruchs, der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen, die sich meist aus Schadensersatz und den Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme zusammensetzen.

Fristen beachten, aber nicht unüberlegt handeln

Jede Abmahnung enthält kurze und verbindliche Fristen für die Abgabe der Unterlassungserklärung und für die Zahlung der geforderten Beträge. Diese Fristen sollten unter allen Umständen ernst genommen werden. Das Verstreichenlassen der Frist für die Unterlassungserklärung gibt der Gegenseite die Möglichkeit, ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, was mit erheblich höheren Kosten verbunden ist. Dennoch sollte der gesetzte Zeitdruck nicht zu panischen Kurzschlussreaktionen verleiten. Insbesondere sollte keinesfalls ohne vorherige anwaltliche Prüfung Kontakt zur gegnerischen Kanzlei aufgenommen werden.

Telefonate oder E-Mails können unbeabsichtigte Eingeständnisse enthalten, die später kaum noch zu korrigieren sind. Ebenso fatal wäre es, die geforderten Beträge vorschnell zu überweisen, da dies als Schuldanerkenntnis gewertet werden kann. Der erste und wichtigste Schritt ist, Ruhe zu bewahren, die gesetzten Fristen im Kalender zu notieren und professionellen Rechtsrat einzuholen.

Gefahren der beigefügten Unterlassungserklärung

Der Kern einer jeden Abmahnung ist die Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterschreiben. Nahezu immer ist dem Schreiben ein vorformuliertes Exemplar beigefügt, das der Empfänger nur noch unterzeichnen und zurücksenden soll. Davor kann jedoch nur eindringlich gewarnt werden. Das Unterschreiben einer solchen vorgefertigten Erklärung hat weitreichende Konsequenzen. Es handelt sich hierbei nicht um eine bloße Formalität, sondern um den Abschluss eines lebenslang gültigen Vertrages, der in der Regel eine vertragliche Bindung von 30 Jahren zur Folge hat.

Diese vorformulierten Erklärungen sind ausnahmslos zugunsten des Abmahnenden formuliert und enthalten für den Abgemahnten erhebliche Nachteile. Oftmals sind sie so weit gefasst, dass sie einem umfassenden Schuldanerkenntnis gleichkommen, das nicht nur den konkreten Verstoß, sondern auch die Verpflichtung zur Zahlung aller geforderten Beträge umfasst. Zudem werden willkürlich hoch angesetzte und starre Vertragsstrafen für den Fall einer zukünftigen, auch unverschuldeten Zuwiderhandlung akzeptiert. Ein erneuter Verstoß würde dann automatisch die vereinbarte, oft vierstellige Vertragsstrafe auslösen. Die Erklärung ist zudem häufig zu weit gefasst und würde den Abgemahnten in seinen zukünftigen Handlungen stärker einschränken als gesetzlich erforderlich.

Die modifizierte Unterlassungserklärung als strategische Lösung

Ratsam ist es daher in den meisten Fällen, eine modifizierte und eingeschränkte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, die individuell auf den jeweiligen Fall zugeschnitten ist und keine der genannten Nachteile mit sich bringt. Ziel einer solchen modifizierten Erklärung ist es, den Unterlassungsanspruch der Gegenseite zu erfüllen und die sogenannte Wiederholungsgefahr auszuräumen, ohne jedoch ein Schuldanerkenntnis abzugeben oder sich übermäßig zu binden. Eine professionell erstellte modifizierte Erklärung enthält in der Regel den Zusatz, dass die Erklärung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich“ abgegeben wird. Damit wird der Rechtsfrieden für die Zukunft sichergestellt, ohne die Rechtswidrigkeit des vergangenen Verhaltens zuzugeben.

Weiterhin wird der Unterlassungsanspruch auf den konkret vorgeworfenen Verstoß beschränkt und nicht pauschal auf ähnliche Handlungen ausgedehnt. Auch die Höhe einer möglichen Vertragsstrafe wird angepasst. Anstelle einer festen Summe kann beispielsweise der sogenannte „Hamburger Brauch“ vereinbart werden. Hierbei wird im Falle eines Verstoßes die Höhe der Vertragsstrafe in das Ermessen des Gläubigers gestellt und kann von einem zuständigen Gericht auf ihre Angemessenheit überprüft werden. Die Zahlungsansprüche werden aus einer solchen Erklärung vollständig herausgestrichen. Über diese wird separat verhandelt. Die fristgerechte Abgabe einer solchen modifizierten Erklärung nimmt dem Abmahnenden den Wind aus den Segeln, da der zentrale Unterlassungsanspruch erfüllt ist.

Gerichtliches Verfahren droht, wenn nicht reagiert wird

Die vollständige Verweigerung der Abgabe einer Unterlassungserklärung empfiehlt sich in der Regel nicht, selbst wenn man sich keiner Schuld bewusst ist. Besteht der Unterlassungsanspruch objektiv zu Recht, kann der Abmahnende seinen Anspruch vor Gericht im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen. Dieses Eilverfahren birgt erhebliche Risiken. Da der Abgemahnte in der Regel aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit vor Erlass der Verfügung nicht angehört wird, verläuft dieser Weg meist zu seinem Nachteil. Das Gericht erlässt die Verfügung, die dem Abgemahnten dann förmlich zugestellt wird. Die Kosten dieses Verfahrens übersteigen die Kosten der ursprünglichen Abmahnung um ein Vielfaches und sind vom Unterlegenen zu tragen.

Darüber hinaus besteht für den Abmahnenden die Möglichkeit, die geltend gemachten Schadensersatzansprüche und die Rechtsverfolgungskosten gerichtlich einzuklagen. Dies birgt nicht zuletzt ein enormes Kostenrisiko. Verliert der Abgemahnte den Prozess, trägt er nämlich nicht nur die eigenen Anwaltskosten, sondern auch die Gerichtskosten sowie die vollen Rechtsanwaltsgebühren des Gegners. Es wird deutlich, dass eine passive Haltung oder das bloße Ignorieren der Abmahnung die denkbar schlechteste Strategie darstellt und zu einer massiven Kostenexplosion führen kann.

Überprüfung der Zahlungsansprüche

Hinsichtlich der in der Abmahnung geltend gemachten Zahlungsansprüche ist eine detaillierte rechtliche Überprüfung unerlässlich. Es sollte anwaltliche geprüft werden, ob überhaupt entsprechende Zahlungsansprüche dem Grunde und der Höhe nach bestehen oder ob diese erfolgreich abgewehrt werden können. Die geforderten Anwaltskosten richten sich nach dem sogenannten Gegenstandswert, der von der abmahnenden Kanzlei oft bewusst sehr hoch angesetzt wird, um die Gebühren in die Höhe zu treiben. Hier gibt es oft erheblichen Verhandlungsspielraum. Für bestimmte Fälle des privaten Filesharings sieht das Gesetz in § 97a Abs. 3 UrhG sogar eine Deckelung des Gegenstandswertes vor.

Auch die Höhe des geforderten Schadensersatzes ist kritisch zu hinterfragen. Dieser wird oft auf Basis der sogenannten Lizenzanalogie berechnet, also nach dem Betrag, den der Verletzer als angemessene Lizenzgebühr hätte zahlen müssen. Auch hier sind die angesetzten Beträge häufig überhöht und nicht selten verhandelbar. Zudem müssen die individuellen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Wer haftet beispielsweise, wenn nicht der Anschlussinhaber selbst, sondern ein Dritter die Rechtsverletzung über dessen Internetanschluss begangen hat? Liegt möglicherweise bereits eine Verjährung der Ansprüche vor? All diese Fragen erfordern eine fundierte juristische Analyse.

In jedem Fall empfiehlt sich daher die unverzügliche Prüfung der jeweiligen Abmahnung im Einzelfall durch einen auf das Urheberrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Nur ein versierter Jurist kann die Rechtmäßigkeit der Abmahnung einschätzen, eine eigens für den Fall formulierte und rechtssichere modifizierte Unterlassungserklärung anfertigen und die in der Abmahnung geltend gemachten finanziellen Ansprüche prüfen, verhandeln oder erfolgreich abwehren. Die Investition in eine qualifizierte Rechtsberatung ist in der Regel weitaus geringer als die potenziellen Kosten, die durch unüberlegtes Handeln oder Untätigkeit entstehen können.
Stand: 19.08.2025 (aktualisiert am: 20.08.2025)
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