Der
Einwilligungsvorbehalt ist eine spezielle Anordnung des
Betreuungsgerichtes, die zusätzlich zu einer
Betreuerbestellung erfolgen kann und die die
Geschäftsfähigkeit des Betroffenen einschränkt.
Welchen Hintergrund hat der Einwilligungsvorbehalt?
Durch die Anordnung einer Betreuung wird die Geschäftsfähigkeit des Betreuten nicht berührt. Der
Betreute kann also auch dann, wenn eine Betreuung angeordnet wurde, ohne Mitwirkung des
Betreuers Rechtsgeschäfte tätigen.
Ob diese Geschäfte wirksam geschlossen wurden, richtet sich danach, ob der Betreute beim Abschluss des Geschäfts geschäftsfähig war oder nicht.
Das Problem in dieser Situation liegt einmal darin, dass es leicht zu Entscheidungen des Betreuers einerseits und des Betreuten andererseits kommen kann, die miteinander nicht zu vereinbaren sind, z.B. wenn der Betreute einen Gegenstand kauft, den der Betreuer für unnötig oder zu kostspielig hält. Zum anderen ist es, da bei vielen Betreuten die psychische Verfassung stark schwankt, oft schwierig, nachträglich zuverlässige Feststellungen über die Geschäftsfähigkeit des Betreuten zu einem bestimmten Zeitpunkt zu machen.
Diese Schwierigkeiten lassen sich durch die zusätzliche Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts durch das Betreuungsgericht weitgehend vermeiden (
§ 1903 BGB).
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?
Voraussetzung für die Einrichtung eines Einwilligungsvorbehalts ist, dass dieser zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, etwa weil der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmten kann.
Der Einwilligungsvorbehalt müsse für einen oder mehrere der
Aufgabenkreise des Betreuers angeordnet werden und kann sich nicht auf Bereiche erstrecken, für die kein Aufgabenkreis eingerichtet wurde.
Wer ordnet den Einwilligungsvorbehalt an?
Gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt), wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Anordnung kann zusammen mit der
Betreuungsanordnung oder auch später erfolgen.
Ein Einwilligungsvorbehalt kann aber nicht gegen den freien Willen des Betroffenen angeordnet werden. Denn der Staat hat von Verfassungs wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zu freier Willensbestimmung fähigen Bürger zu erziehen, zu „bessern“ oder daran zu hindern, sich selbst zu schädigen (BGH, 17.05.2017 - Az:
XII ZB 495/16).
Nach
§ 278 Abs. 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zudem persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen (BGH, 06.07.2022 - Az:
XII ZB 551/21).
Die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach
§ 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren, wobei hiervon abgesehen werden kann, wenn u.a. die Anhörung bereits durch das Gericht des ersten Rechtszugs ohne Verletzung von zwingenden Verfahrensvorschriften vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.
Neue Erkenntnisse sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH insbesondere dann zu erwarten, wenn der Betroffene an seinem in der amtsgerichtlichen Anhörung erklärten Einverständnis mit einer Betreuung im Beschwerdeverfahren nicht mehr festhält (BGH, 04.05.2022 - Az:
XII ZB 50/22; BGH, 22.09.2021 - Az:
XII ZB 93/21; BGH, 15.06.2022 - Az:
XII ZB 13/22).
Sofern seit der letzten Begutachtung des Betroffenen mehr als sechs Monate verstrichen sind, ist ein erneutes Sachverständigengutachten erforderlich (
§ 293 FamFG).
In Eilfällen kann ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt im Rahmen einer einstweiligen Anordnung beantragt werden.
Einwilligungsvorbehalt wirkt nur für die Zukunft!
Ein Einwilligungsvorbehalt wirkt sich ausschließlich auf Geschäfte des Betreuten in der Zukunft aus.
Bereits getätigte Rechtsgeschäfte können nur dann angefochten werden, wenn der Nachweis gelingt, das zu diesem Zeitpunkt die Geschäftsunfähigkeit nach
§ 104 Nr. 2 BGB bestand.
Wenn der Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde
Nach der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts kann der Betroffene rechtswirksame Willenserklärung in den betroffenen Bereichen nur mit der Einwilligung des Betreuers tätigen. In diesem Bereich ist der Betreute also beschränkt geschäftsfähig.
Diese Einwilligung kann der Betreuer auch nachträglich erteilen, wobei der Betreuer die Entscheidung für oder gegen eine Einwilligung am Wohl und den Wünschen des Betreuten messen muss. Wird dies nicht beachtet, kann der Betreuer sich schadensersatzpflichtig machen.
Die Genehmigung kann der Betreuer bis zu vier Wochen nach Erhalt einer entsprechenden Aufforderung durch den Vertragspartner vornehmen. Wird die Genehmigung nicht erteilt, ist der Vertrag als nicht genehmigt anzusehen und war daher von Anfang an nichtig.
Ein nicht genehmigter Vertrag ist dann ggf. nach den Bestimmungen der ungerechtfertigten Bereicherung abzuwickeln, ggf. empfangene Ware und Gelder sind wechselseitig zu erstatten. Bei zwischenzeitlicher Entreicherung ist der Kaufpreis dennoch zu erstatten.
Für einseitige Rechtsgeschäfte gilt, dass der Betreuer dieses zwingend vorab genehmigen muss.
Werden Willenserklärungen gegenüber den Betreuten abgegeben, so werden die erst dann wirksam, wenn der Betreuer diese erhalten hat. Dies bedeutet, dass Fristen erst dann zu laufen beginnen. Dies gilt auch für die Zustellung von Schriftstücken. Diese sind erst mit Zugang beim Betreuer als zugestellt zu betrachten.
Dürfen trotzdem noch Rechtsgeschäfte ohne den Betreuer abgeschlossen werden?
Alle Rechtsgeschäfte, die nicht vom Einwilligungsvorbehalt erfasst sind, kann der Betreute weiterhin abschließen. Daneben gibt es aber eine Reihe von Ausnahmen, für die die Einwilligung des Betreuers trotzdem nicht erforderlich ist.
Dies betrifft zunächst Geschäfte, die ausschließlich rechtlich vorteilhaft für den Betreuten sind (z.B. Schenkungen), neutrale (zB unentgeltliche) Rechtsgeschäfte und geringfügige
Geschäfte des täglichen Lebens und die Verfügung über Geldmittel, die dem Betreuten vom Betreuer zur freien Verfügung oder für einen bestimmten Zweck überlassen wurden.
Für die Schließung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft ist lediglich die
Ehegeschäftsfähigkeit, für
Testamente und
Erbverträge Testierfähigkeit erforderlich.
Wann wird der Einwilligungsvorbehalt aufgehoben?
Wird die Betreuung aufgehoben, so ist der Einwilligungsvorbehalt automatisch aufgehoben. Ein gleiches gilt für den Fall, dass ein Aufgabenkreis aufgehoben wird. Wurde in diesem Aufgabenkreis ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, so ist diese automatisch aufgehoben.
Weiterhin kann der Einwilligungsvorbehalt auch getrennt aufgehoben werden, wenn die Betreuung weiterhin erforderlich sein sollte.
Wenn für den Betreuer ersichtlich ist, dass ein Einwilligungsvorbehalt nicht mehr erforderlich ist, ist die Aufhebung beim Betreuungsgericht zu beantragen.
Ansonsten erfolgt spätestens nach sieben Jahren die Überprüfung der weiteren Erforderlichkeit des Einwilligungsvorbehalts.