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Private Veräußerungsgeschäfte: Wann Gewinne aus Verkäufen steuerfrei bleiben und wann nicht

Geld & Recht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

Wer einen wertvollen Gegenstand aus seinem Privatvermögen – sei es ein Kunstwerk, eine Sammlung seltener Münzen oder gar eine Immobilie – mit Gewinn verkauft, muss wissen, wie dieser steuerlich behandelt wird. Die landläufig als „Spekulationssteuer“ bezeichnete Abgabe ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt und erfasst Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften. Entscheidend dafür, ob der Fiskus einen Anteil am Gewinn beansprucht, ist in den meisten Fällen der Ablauf einer bestimmten Zeitspanne zwischen dem Erwerb und dem Verkauf des Wirtschaftsgutes. Diese als „Spekulationsfrist“ bekannte Frist entscheidet über Steuerfreiheit oder Steuerpflicht. Die maßgebliche Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 23 des Einkommensteuergesetzes.

Was sind private Veräußerungsgeschäfte?

Der Gesetzgeber fasst unter dem Begriff der privaten Veräußerungsgeschäfte solche Verkäufe zusammen, die nicht dem betrieblichen, sondern dem privaten Vermögen einer Person zuzuordnen sind. Das Gesetz unterscheidet hierbei im Wesentlichen zwei Kategorien von Wirtschaftsgütern, für die unterschiedliche Haltefristen gelten: Immobilien einerseits und alle anderen Wirtschaftsgüter andererseits. Zu letzteren zählen beispielsweise Edelmetalle wie Gold und Silber in physischer Form, Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum, Kunstgegenstände, Schmuck, Oldtimer oder auch Wertpapiere, die nicht unter die Abgeltungsteuer fallen.

Die Besteuerung knüpft dabei stets an ein entgeltliches Geschäft an. Eine Schenkung oder ein Erbfall löst keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns aus, da es hier an einem Verkaufsvorgang fehlt. Für die Berechnung der Haltefrist ist bei unentgeltlichem Erwerb jedoch der Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers, also des Schenkers oder Erblassers, maßgeblich. Der Beschenkte oder Erbe tritt sozusagen in die Rechtsposition des Vorgängers ein.

Zehnjahresfrist bei Grundstücken und Immobilien

Für Immobilien und grundstücksgleiche Rechte, wie zum Beispiel Erbbaurechte, gilt eine Haltefrist von zehn Jahren. Das bedeutet: Liegen zwischen dem Datum des notariellen Kaufvertrags für den Erwerb und dem Datum des notariellen Kaufvertrags für den Verkauf mehr als zehn Jahre, ist ein eventuell erzielter Gewinn vollständig steuerfrei. Maßgeblich sind hierbei stets die schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte, also die Daten der notariellen Beurkundungen, nicht der Zeitpunkt der Grundbucheintragung oder der Kaufpreiszahlung.

Wird eine Immobilie hingegen innerhalb dieser Zehnjahresfrist veräußert, ist der Gewinn grundsätzlich steuerpflichtig und unterliegt dem persönlichen Einkommensteuersatz des Verkäufers. Dies kann insbesondere bei erheblichen Wertsteigerungen zu einer empfindlichen Steuerlast führen. Von dieser Regel gibt es jedoch eine wichtige Ausnahme, die den Verkauf des selbstgenutzten Eigenheims betrifft.

Ausnahme von der Besteuerung: Die Eigennutzung

Das Gesetz privilegiert Immobilien, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Ein Gewinn aus dem Verkauf einer solchen Immobilie bleibt auch bei einer Veräußerung innerhalb der Zehnjahresfrist steuerfrei, wenn eine von zwei Bedingungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erfüllt ist.

Die erste Alternative verlangt, dass die Immobilie im Zeitraum zwischen ihrer Anschaffung oder Fertigstellung und dem Verkauf ununterbrochen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Kauft jemand beispielsweise im Jahr 2022 ein Haus, zieht sofort ein und verkauft es im Jahr 2025 wieder, ist der Gewinn steuerfrei, da eine durchgehende Eigennutzung vorlag.

Die zweite, in der Praxis häufigere Alternative ist die Nutzung im Jahr der Veräußerung sowie in den beiden vorangegangenen Jahren. Hierbei ist keine ununterbrochene Nutzung über den gesamten Zeitraum erforderlich. Es genügt, wenn die Immobilie in einem zusammenhängenden Zeitraum, der das mittlere Kalenderjahr voll umfasst und sich auf das Vor- und das Folgejahr erstreckt, selbst bewohnt wurde. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Eine Person erwirbt eine Wohnung im Jahr 2020 und vermietet diese zunächst. Im Dezember 2023 zieht sie selbst ein und verkauft die Wohnung im Februar 2025. Obwohl die Wohnung nur gut 14 Monate selbst genutzt wurde, ist der Gewinn steuerfrei. Die Bedingung ist erfüllt, da die Wohnung im Veräußerungsjahr (2025, zumindest für einen Tag), im vorangegangenen Jahr (2024, komplett) und im vorvorangegangenen Jahr (2023, zumindest für einen Tag) selbst bewohnt wurde.

Als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gilt auch, wenn der Steuerpflichtige die Immobilie einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag hat, unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat. Die Nutzung einer Ferien- oder Zweitwohnung kann ebenfalls die Voraussetzungen erfüllen, sofern diese nicht zur kurzfristigen Vermietung an Dritte bereitgehalten wird.

Einjahresfrist für andere Wirtschaftsgüter

Für alle anderen privaten Wirtschaftsgüter, die keine Immobilien sind, gilt eine deutlich kürzere Spekulationsfrist von nur einem Jahr. Verkauft ein Anleger beispielsweise physisches Gold, Kunst oder Kryptowährungen, so ist der Gewinn steuerpflichtig, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr liegt. Nach Ablauf dieser Frist ist der realisierte Gewinn komplett steuerfrei.

Gerade bei Wirtschaftsgütern, die in Tranchen erworben werden, wie es bei Kryptowährungen oder Edelmetallen häufig der Fall ist, stellt sich die Frage, welche Stücke als zuerst verkauft gelten. Die Finanzverwaltung wendet hier in der Regel die sogenannte FiFo-Methode (First-in, First-out) an. Es wird unterstellt, dass die zuerst angeschafften Einheiten auch zuerst wieder veräußert werden. Dies ist für die exakte Berechnung der Haltefrist von entscheidender Bedeutung. Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie ein normaler Pkw oder gebrauchte Möbel, fallen in der Regel nicht unter die Regelung, da hier bei einem Verkauf üblicherweise kein Gewinn, sondern ein Verlust erzielt wird.

Gewinnberechnung und Freigrenzen

Sofern ein Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig ist, muss der Gewinn ermittelt werden. Dieser errechnet sich aus dem Veräußerungspreis abzüglich der Anschaffungskosten und der Werbungskosten. Zu den Anschaffungskosten zählt nicht nur der reine Kaufpreis, sondern auch Nebenkosten wie die Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchgebühren oder Maklercourtagen beim Immobilienkauf. Als Werbungskosten können wiederum Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Verkauf geltend gemacht werden, beispielsweise Kosten für Verkaufsinserate, Gutachten oder erneut anfallende Maklergebühren.

Das Gesetz sieht für Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften eine Freigrenze vor, die in § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG festgelegt ist. Diese beträgt derzeit 1.000 Euro pro Kalenderjahr. Hierbei ist besondere Vorsicht geboten, denn es handelt sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Das bedeutet: Liegt die Summe aller Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften innerhalb eines Jahres bei 999 Euro, bleibt alles steuerfrei. Beträgt der Gewinn jedoch 1.001 Euro, so ist der gesamte Betrag steuerpflichtig und nicht nur der eine Euro, der die Grenze übersteigt.

Umgang mit Veräußerungsverlusten

Nicht jeder Verkauf führt zu einem Gewinn. Entsteht bei einem privaten Veräußerungsgeschäft ein Verlust, kann dieser steuerlich ebenfalls relevant sein. Solche Verluste dürfen jedoch ausschließlich mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften im selben Kalenderjahr verrechnet werden. Eine Verrechnung mit anderen Einkunftsarten, wie beispielsweise dem Gehalt aus nichtselbstständiger Arbeit oder Einkünften aus Vermietung, ist nicht gestattet.

Übersteigen die Verluste die Gewinne in einem Jahr, kann der verbleibende Verlust entweder in das vorangegangene Jahr zurückgetragen (Verlustrücktrag) oder auf zukünftige Jahre vorgetragen (Verlustvortrag) werden. Auch in den Folgejahren ist eine Verrechnung dann aber nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften möglich.

Abgrenzung zum gewerblichen Handel

Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn Veräußerungsgeschäfte in einem Umfang getätigt werden, der über eine normale private Vermögensverwaltung hinausgeht. In solchen Fällen kann die Finanzverwaltung die Tätigkeit als gewerblichen Handel einstufen. Die Konsequenz wäre gravierend: Die Spekulationsfristen des § 23 EStG fänden keine Anwendung mehr, und alle Gewinne wären unabhängig von der Haltedauer als Einkünfte aus Gewerbebetrieb voll steuerpflichtig. Zusätzlich könnte Gewerbesteuer anfallen.

Ein bekanntes Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel ist die sogenannte Drei-Objekt-Grenze. Wer innerhalb eines Zeitraums von etwa fünf Jahren mehr als drei Objekte (Häuser, Wohnungen, Grundstücke) kauft und wieder verkauft, bei dem wird in der Regel ein gewerblicher Handel vermutet. Dies ist zwar keine starre Regel, aber ein starker Anhaltspunkt für die Finanzämter. Auch bei anderen Wirtschaftsgütern, wie beispielsweise bei intensivem Handel mit Oldtimern oder Kryptowährungen, kann die Grenze zum Gewerbe überschritten werden, wenn die Tätigkeit nach außen erkennbar, planmäßig und auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist.
Stand: 21.08.2025
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