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Dienstreise: Wann der Arbeitgeber für Unfälle, Schäden und Erkrankungen haftet

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

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Mit jeder Dienstreise geht auch ein Risiko einher, und zwar sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber. Schließlich kann es überall zu Unfällen oder anderen Schadensfällen kommen. Wenig bekannt ist jedoch, dass Unternehmen in der Fürsorgepflicht stehen und umfassend für Schäden bei Dienstreisen haften, wenn der Arbeitnehmer verletzt wurde. Denn Unternehmen müssen die Sicherheit und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter bei der Arbeit gewährleisten – ganz gleich, wo sich der Arbeitnehmer befindet. Die Risikobereiche sind vielfältig und erstrecken sich von der Dienstreise selbst (Fahrt, Flug, Bahn) über den Aufenthalt (Hotel, Werkswohnung, etc.) und können Erkrankungen, Unfälle, Vermögensschäden und weiteres betreffen.

Grundsatz der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht

Die Haftung des Arbeitgebers für seine Mitarbeiter auf Dienstreisen ergibt sich aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht, die in § 618 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert ist. Diese Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt ist. Diese Schutzpflicht ist nicht auf den eigentlichen Betriebsort beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Tätigkeiten, die im Auftrag des Arbeitgebers ausgeführt werden, also auch auf Dienstreisen. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht schuldhaft, so ist er dem Arbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichtet.

Unfälle auf Dienstreisen: Wann greift die gesetzliche Unfallversicherung?

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer auf Dienstreisen durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. Allerdings greift dieser Schutz nicht lückenlos. Wie das Landessozialgericht Hessen in einem Urteil vom 13. August 2019 (Az: L 3 U 198/17) klarstellte, sind nur solche Tätigkeiten auf einer Dienstreise versichert, die einen inneren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit aufweisen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Mitarbeiterin nach einem Kongress in Lissabon einen privaten Urlaub geplant. Bei dem Versuch, ein Taxi für die Abholung eines Mietwagens zu rufen, stürzte sie im Hotelzimmer und verletzte sich. Die Richter entschieden, dass dieser Unfall nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt, da die Handlungstendenz – die Organisation des privaten Urlaubs – rein privater Natur war. Ähnlich urteilte das Sozialgericht Frankfurt am Main bereits am 23. November 2017 (Az: S 8 U 47/16) in einem vergleichbaren Fall.

Auch das morgendliche Duschen im Hotel ist grundsätzlich eine unversicherte, rein private Verrichtung, wie das Thüringer Landessozialgericht am 20. Dezember 2018 (Az: L 1 U 491/18) entschied. Ein Arbeitnehmer war beim Verlassen der Dusche ausgerutscht und hatte sich eine Knieverletzung zugezogen. Das Gericht verneinte einen Arbeitsunfall, da das Duschen als höchstpersönliche Verrichtung nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe.

Selbst bei als geschäftlich deklarierten Reisen fallen Freizeitaktivitäten aus dem Versicherungsschutz. Das Landessozialgericht Hessen lehnte am 14. August 2020 (Az: L 9 U 188/18) die Anerkennung eines Skiunfalls eines Geschäftsführers während einer Kundenreise als Arbeitsunfall ab. Das Skifahren, so die Richter, sei dem Freizeitbereich zuzuordnen und gehöre nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, auch wenn die Reise der Kundenbindung dienen sollte.

Anders liegt der Fall jedoch, wenn der Unfall in unmittelbarem Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit steht. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat am 11. Februar 2021 (Az: Au 2 K 20.1654) entschieden, dass das Betanken eines Privatfahrzeugs während einer Dienstreise unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht. Die Dienstreise als solche sei Dienst, weshalb auch notwendige Begleithandlungen wie das Tanken vom Versicherungsschutz erfasst seien.

Wird ein Arbeitnehmer auf dem Weg zum Hotel überfallen und bei der Verfolgung des Diebes verletzt, liegt ebenfalls kein Arbeitsunfall vor. Das Landessozialgericht Hessen entschied am 11. März 2019 (Az: L 9 U 118/18), dass die Verfolgung eines Diebes zur Wiedererlangung der eigenen Geldbörse eine rein persönliche Angelegenheit sei und nicht unter dem Schutz der Unfallversicherung stehe.

Haftung bei Dienstreisen mit dem Fahrzeug

Besondere Haftungsfragen stellen sich bei Dienstreisen, die mit einem Fahrzeug zurückgelegt werden. Hier ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Dienstwagen, einen Mietwagen oder das Privatfahrzeug des Arbeitnehmers handelt.

Nutzung des Privatfahrzeugs im Auftrag des Arbeitgebers

Setzt der Arbeitnehmer sein privates Fahrzeug auf Weisung des Arbeitgebers oder aus zwingenden betrieblichen Gründen für eine Dienstreise ein, liegt eine betriebliche Risikosphäre vor. Kommt es in einem solchen Fall zu einem Unfall, bei dem das Fahrzeug des Arbeitnehmers beschädigt wird, hat dieser einen Ersatzanspruch gegen den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber kann sich in diesen Fällen nicht darauf berufen, dass der Arbeitnehmer den Schaden selbst verschuldet hat, es sei denn, dem Arbeitnehmer fällt grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz zur Last.

Haftung unter Arbeitskollegen bei Fahrgemeinschaften

Komplizierter wird die Haftungsfrage, wenn Arbeitskollegen gemeinsam eine Dienstreise unternehmen und es zu einem Unfall kommt. Grundsätzlich greift hier das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII). Danach haften Arbeitskollegen untereinander für Personenschäden nur bei Vorsatz oder bei Unfällen auf dem Weg zur oder von der Arbeit. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 15. September 2009 (Az: 4 U 375/08 - 117) klargestellt, dass Dienstreisen als sogenannte Betriebswege gelten, bei denen das Haftungsprivileg eingreift.

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Stand: 27.08.2025 (aktualisiert am: 31.08.2025)
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