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Testament kann abweichend von der gesetzlichen Erbfolge der Nachlass geregelt werden. Insbesondere für Ehegatten ist es wichtig, sich über den Nachlass Gedanken zu machen. Denn es ist keinesfalls so, dass im Todesfall der Überlebende alles erbt. Üblicherweise wird hierzu ein
gemeinschaftliches Testament erstellt und hierbei oft das Berliner Testament gewählt. Doch was sich genau dahinter verbirgt, ist oftmals nicht klar – ebenso wenig wie der Umstand, dass das Berliner Testament nicht immer die ideale Lösung zur Regelung des Nachlasses sein muss.
Was ist das Berliner Testament und wer kann es errichten?
Es handelt sich hierbei um ein gemeinschaftliches Testament, das Ehepaare und
eingetragene Lebenspartner errichten können. Unverheiratete Paare haben diese Möglichkeit hingegen nicht.
Die Erbfolge unterscheidet sich hierbei von der
gesetzlichen Erbfolge, die für die gemeinsamen Nachkommen ebenfalls einen Erbteil vorsieht und zur Bildung einer Erbengemeinschaft mit dem überlebenden Elternteil führen würde. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der überlebende Ehegatte die gemeinsamen Kinder ausbezahlen muss und beispielsweise hierzu das gemeinsam bewohnte Haus verkauft werden muss.
Berliner Testament ist nicht rechtlich definiert!
Auch wenn der Begriff landläufig bekannt ist, so kann man nicht einfach verfügen, dass das „Berliner Testament“ als Testament gelten soll. Denn dieser Begriff unterliegt ebenso wie andere gebräuchliche Varianten des Testaments keiner rechtlich definierten Struktur – es sind vielmehr mehrere Ausgestaltungen denkbar. Das Testament muss daher immer konkret ausformuliert werden.
Aus diesem Grund ist eine testamentarische Bestimmung, nach der die „Erbschaft gemäß dem Berliner Testament erfolgen“ soll, auch keine wirksame Erbeinsetzung des überlebenden Ehegatten, wenn nicht festgestellt werden kann, welche inhaltlichen Vorstellungen der Erblasser mit einem „Berliner Testament“ verbunden hatte (OLG Hamm, 22.07.2014 - Az:
15 W 98/14).
Welche rechtliche Gestaltung enthält das Berliner Testament typischerweise?
Beim Berliner Testament handelt es sich um eine sehr weit verbreitete Unterart des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments, bei dem sich die Ehegatten gegenseitig und wechselbezüglich als Alleinerben einsetzen. Dies hat zur Folge, dass der überlebende Ehepartner zunächst Alleinerbe wird. Die Kinder werden im Allgemeinen als Erben des längerlebenden Ehegatten eingesetzt. Diese Regelung soll dafür sorgen, dass das gemeinsam geschaffene Vermögen der Ehegatten zunächst beim Überlebenden verbleibt.
Die Kinder werden somit zunächst von der Erbschaft ausgeschlossen - haben jedoch Anspruch auf den
Pflichtteil. Zur Sicherstellung einer fairen Erbverteilung wird in der Regel eine Klausel aufgenommen, nach der ein Kind, dass im ersten Erbfall seinen Pflichtteil verlangt auch im zweiten Erbfall lediglich den Pflichtteil erhalten soll (Jastrowsche Klausel).
Die garantiert freilich nicht, dass die Kinder nicht bereits im ersten Erbfall ihren Pflichtteil verlangen. Im Berliner Testament wird dies lediglich finanziell unattraktiv gestaltet. Sicher verhindert werden kann dies durch einen Pflichtteilsverzicht im Rahmen eines
Erbvertrags. Ansonsten verjährt die Möglichkeit, den Pflichtteil einzufordern, nach drei Jahren.
Welche Varianten des Berliner Testaments gibt es?
Die konkrete Ausgestaltung kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Die Ehegatten können sich gegenseitig als Alleinerben, Vorerben oder Vermächtnisnehmer einsetzen. Dies führt zu wichtigen Unterschieden, wobei mehrheitlich die Einheitslösung gewählt wird:
1. Gegenseitige Einsetzung als Alleinerben
Hierbei handelt es sich um die sogenannte Einheitslösung, bei der die Kinder Schlusserben werden und ihren Anteil am Erbe erst nach dem Tod beider Elternteile erhalten.
2. Gegenseitige Einsetzung als Vorerben
Setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Vorerben ein, so werden die Kinder zu Nacherben. Diese Variante ist die Trennungslösung. Der überlebende Ehegatte kann hierbei nur bedingt über das Erbe verfügen, wenn er nicht zum befreiten Vorerben erklärt wird. Ziel dieser Variante ist die Erhaltung des Erbes für die Kinder.
3. Gegenseitige Einsetzung als Vermächtnisnehmer
Diese Variante fällt streng genommen nicht mehr unter den Begriff Berliner Testament. Hier erben die Kinder beispielsweise die gemeinsam genutzte Immobilie, der Überlebende erhält jedoch ein Nießbrauch- oder Wohnungsrecht. Auf diese Weise wird den Kindern weitestgehend die Möglichkeit entzogen, den Pflichtteil geltend zu machen, wenn der Wert der Immobilie den Pflichtteil erreicht.
Was erbt der überlebenden Ehegatten beim Berliner Testament?
Durch die Benennung des überlebenden Partners als Alleinerbe soll die Entstehung einer Erbengemeinschaft verhindert werden. Das bedeutet dennoch nicht zwingend, dass der Überlebende tatsächlich „alles“ erbt. Das hängt nämlich konkret davon ab, wie sich die gemeinsamen Kinder verhalten. Machen die Kinder keinen Pflichtteilsanspruch geltend, fällt dem überlebenden Ehegatten das gesamte Vermögen zu. Andernfalls reduziert sich der Nachlass um den Pflichtteil des Kindes, das seinen Pflichtteil – die Hälfte des gesetzlichen Erbteils - einfordert. Dieses Kind bekommt dann in der Regel auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur noch den Pflichtteil.
Steuerliche Nachteile beim Berliner Testament
Die Konstruktion der Einheitslösung enthält einen steuerlichen Nachteil, da zwei Erbgänge entstehen, für die jeweils Erbschaftssteuer anfällt, ohne dass Kinderfreibeträge (€ 400.000 je Kind) beim ersten Erbgang geltend gemacht werden können, da die Kinder als enterbt gelten.
Soll das Berliner Testament dennoch auch im Falle einer größeren Erbschaft verwendet werden, so ist es ratsam, die Gestaltung zu variieren, um die Steuerschuld zu senken. Denkbar wäre beispielsweise eine Vermächtnisanordnung in Verbindung mit einer Stundungsabrede, sodass es zu keiner unmittelbaren Belastung des längerlebenden Ehegatten kommt. Möglich ist auch eine rückwirkende Pflichtteilsvereinbarung, die auch noch nach dem Erbfall und erfolgter Besteuerung Steuern sparen kann.
Setzen Ehegatten in einem sogenannten Berliner Testament ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kinder aus, die beim Tod des Erstverstorbenen ihren Pflichtteil nicht fordern (Jastrowsche Klausel), kann der überlebende Ehegatte als Erbe des erstversterbenden Ehegatten die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist. Das berechtigte Kind hat den Erwerb des betagten Vermächtnisses bei dem Tod des länger lebenden Ehegatten zu versteuern. Ist das Kind aufgrund der Anordnung des Berliner Testaments auch Schlusserbe nach dem länger lebenden Ehegatten geworden, kann es bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs von dem überlebenden Ehegatten die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen (BFH, 11.10.2023 - Az:
II R 34/20).
Für größere Erbschaften kann zur Steueroptimierung das
Sylter Testament daher eine Alternative sein.
Berliner Testament kann später nur schwer geändert werden
Ein weiterer Nachteil des Berliner Testaments ist, dass dem Überlebenden eine abweichende Erbeinsetzung nicht gestattet ist - auch nicht hinsichtlich des eigenen Vermögens. Ein abweichendes Testament kann nicht mehr errichtet werden, es sei denn, dass im Berliner Testament ausdrücklich vereinbart wurde, dass der Überlebende frei verfügen darf.
Eine gemeinsame Beseitigung des gemeinschaftlichen Testaments ist - sofern beide Partner testierfähig sind - jederzeit möglich. Will ein Partner seine Verfügungen beseitigen, so muss der entsprechende Widerruf dem anderen Partner amtlich zugehen, der Widerruf ist notariell zu beurkunden.
Welche Folgen haben eine Scheidung oder eine erneute Heirat?
Nach §§ 2268, 2077 BGB ist ein gemeinschaftliches Testament unwirksam, wenn die Ehe
geschieden wird oder die Voraussetzungen für eine Scheidung vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder einem Scheidungsantrag zugestimmt hatte. Eine Ausnahme nach § 2268 Abs. 2 BGB besteht dann, wenn anzunehmen ist, dass die Eheleute beim Abfassen des Testaments festlegen wollten, dass das gemeinsame Testament auch im Scheidungsfall gültig bleibt (OLG Oldenburg, 26.09.2018 - Az:
3 W 71/18). Sollen bestimmte Anordnungen im Testament über die Scheidung hinaus gelten, so muss dies ausdrücklich im Testament aufgenommen werden.
Heiratet der überlebende Partner erneut, so ist der neue Ehepartner pflichtteilsberechtigt, etwaige aus dieser Ehe hervorgehende Kinder sind ebenfalls pflichtteilsberechtigt. Die Ansprüche der Kinder aus erster Ehe werden in diesem Fall reduziert. Um diesen Effekt zu verhindern, kann eine Wiederverheiratungsklausel in das Testament mit aufgenommen werden. Eine solche Klausel sieht vor, dass die Kinder in diesem Fall den Erbteil des zuerst verstorbenen Elternteils erhalten und nicht erst nach dem Tod des zweiten Elternteils.
Welche Rechte hat der Schlusserbe?
Die Erbschaft kann vom Schlusserben des Berliner Testaments erst dann ausgeschlagen werden, wenn er Erbe geworden ist (BGH, 08.10.1997 - Az: IV ZR 236/96).
Ein Schlusserbe kann zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten trotz eingetretener Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments nicht verlangen, dass dieser sich bestimmter Verfügungen unter Lebenden enthält (OLG Celle, 11.02.2003 - Az:
6 W 9/03).
Der überlebende Ehegatte ist nämlich jedenfalls kraft seiner Stellung als Vollerbe nicht daran gehindert, über den Nachlass des vorverstorbenen Ehegatten - und erst recht über sein eigenes Vermögen - durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen. Der Schlusserbe hat keinen Anspruch darauf, dass sich im Zeitpunkt des Todes des Letztlebenden noch bestimmte Vermögensgegenstände oder überhaupt ein Vermögen von wirtschaftlichem Wert im Nachlass befindet. Selbst im Falle beeinträchtigender Schenkungen des Erblassers entsteht ein Anspruch des Schlusserben in entsprechender Anwendung von § 2287 BGB erst in dem Zeitpunkt, in dem ihm die Erbschaft angefallen ist, und auch dann nur gegen den Beschenkten.
Zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten kann dem Schlusserben allenfalls ein Feststellungsinteresse dahin zugebilligt werden, dass der überlebende Ehegatte nicht befugt ist, entgegen der eingetretenen Bindung nach § 2271 Abs. 1 S. 2 BGB abweichend letztwillig zu verfügen oder das Testament anzufechten.
Wenn der Träger der Sozialhilfe Pflichtansprüche stellt ...
Wenn Eltern in einer gemeinschaftlich errichteten letztwilligen Verfügung ihre Kinder gleichmäßig als Schlusserben eingesetzt haben, ohne ausdrückliche Regelungen im Sinne eines sogenannten
Behindertentestaments zu treffen und bestimmt haben, dass dasjenige ihrer Kinder, das nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils seinen Pflichtteil fordert, auch nach dem Tod des später versterbenden Elternteils auf den Pflichtteil beschränkt sein soll, dann greift diese „Pflichtteilsstrafklausel“ auch ein, wenn nicht das (behinderte) Kind selbst, sondern der Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht die Pflichtansprüche geltend macht (OLG Hamm, 28.02.2013 - Az:
I-10 U 71/12).
Die Erbeinsetzung der gemeinsamen Kinder für den Schlusserbfall ist nicht von der Pflichtteilsstrafklausel zu trennen. Ein Abweichen von der wechselbezüglich verfügten Schlusserbeneinsetzung der Kinder nach Maßgabe der Pflichtteilssanktionsklausel durch eine eigene letztwillige Verfügung ist dem überlebenden Elternteil gemäß § 2271 Abs. 2 BGB nicht gestattet.
Müssen Leistungsempfänger den Pflichtteil geltend machen?
Das Jobcenter kann von einem Leistungsempfänger grundsätzlich nicht verlangen, seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Das ist nicht zumutbar, weil damit der ausdrücklich vereinbarte Wille der Eltern unterlaufen würde. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn ausreichend Barvermögen vorhanden ist, um den ausgeschlossenen Erben auszuzahlen, ohne dass z.B. ein Grundstück verkauft oder beliehen werden muss (SG Mainz, 23.08.2016 - Az:
S 4 AS 921/15).
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