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Entmüllung der Wohnung eines Betreuten: Was ist zu beachten?

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 8 Minuten

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass ein Betreuter unter einem Messie-Syndrom leidet und die Sammelleidenschaft des Betreuten ein Aktivwerden des Betreuers sinnvoll erscheinen lässt, es um eine Gefahr für den Betreuten abzuwenden (z.B. Gesundheitsgefahr, Gefahr des Wohnungsverlustes etc.).

Darf der Betreuer die Wohnung des Betreuten überhaupt betreten?

Das Betreuungsrecht bietet keine Rechtsgrundlage für Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art 13 GG). Gegen den Willen des Betreuten darf seine Wohnung daher vom Betreuer nicht betreten werden. Dies gilt auch dann, wenn dem Betreuer die AufgabenbereicheWohnungsangelegenheiten“, „Aufenthaltsbestimmung“ oder „alle Aufgabenkreise“ übertragen wurden.

Ob das Betreuungsgericht eine solche Erlaubnis erteilen darf, ist streitig, wurde aber in der Vergangenheit von Gerichten zur Besichtigung und Kontrolle der Wohnung, durch die festgestellt werden soll, ob eine Vermüllung vorliegt, bejaht (vgl. LG Freiburg, 25.02.2000 - Az: 4 T 349/99, 4 T 350/99).

Erforderlich für einen Zutritt ist auf jeden Fall der Aufgabenbereich „Wohnungsangelegenheiten“ und teilweise der Aufgabenbereich „Zutritt zur Wohnung“.

Somit ist es bei entsprechender Erforderlichkeit - z.B. zur Entmüllung - möglich, den Betreuer zum zwangweisen Zutritt in einem gesonderten Verfahren zu ermöglichen. Das Betreuungsgericht muss jedoch die Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit dieser Maßnahme prüfen.

Ohne entsprechende Genehmigung ist das gewaltsame Betreten der Wohnung nur dann zulässig, wenn ein Notstand vorliegt bzw. konkrete Anhaltspunkte für einen solchen vorliegen (z.B. Lebensgefahr, Brandgefahr etc.).

Kann der Betreuer dagegen keinen wirksamen Willen bilden, so kann davon ausgegangen werden, dass das Betreten der Wohnung im mutmaßlichen Willen des Betreuten liegt.

Darf der Betreuer Gegenstände des Betreuten gegen dessen Willen wegwerfen?

Wenn der Betreuer die Wohnung des Betreuten - etwa zum Zwecke der Entmüllung - räumen lassen will, so sind vom Betreuer einige wichtige Punkte zu beachten:

Dem Betreuer muss der Bereich der Vermögensangelegenheiten übertragen sein. Zwar mag bei der Entmüllung einer Wohnung der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund stehen, da aber Gegenstände entsorgt werden sollen, die im Eigentum des Betreuten stehen, sind Betreuer auch Verfügungen über dessen Vermögen zu treffen. Dabei handelt es sich nicht nur um tatsächliche Vorgänge, sondern um Willenserklärungen.

Wenn die Geschäftsunfähigkeit des Betreuten nicht zweifelsfrei feststeht, benötigt der Betreuer deshalb, um gegen den Willen des Betreuten handeln zu können einen Einwilligungsvorbehalt.

Auch nach Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes ist der Betreuer nicht berechtigt, körperlichen Widerstand des Betreuten zu brechen. Eine Rechtfertigung unter Notstandsgesichtspunkten wird in den wenigsten Fällen möglich sein.

Die Hilfe der Polizei kann in Entmüllungsfällen dann beansprucht werden, wenn durch das Verhalten des Betreuten ein polizeiwidriger Zustand geschaffen worden ist, etwa durch Verstöße gegen Abfall-, gesundheitspolizeiliche oder Umweltschutzvorschriften.

Ansonsten kann das Betreuungsgericht dem Betreuer durch Beschluss die für die Zwangsvollstreckung erforderlichen und zulässigen Maßnahmen gestatten.

Eigener Aufgabenbereich für die Entrümpelung erforderlich?

Die Entrümpelung einer Wohnung kann grundsätzlich als Aufgabenkreis eines Betreuers bestimmt werden. Dies dürfte auch sinnvoll sein. Denn in diesem Zusammenhang hat das BayOLG entschieden, dass die Aufgabenbereiche Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über eine Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahmen und Betreten der Wohnung des Betroffenen auch gegen dessen Willen nicht zur Verwirklichung der Durchführung der Entrümpelung einer Wohnung bestimmt werden können, wenn nicht eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit des Betroffenen durch die Vermüllung verursacht ist (BayObLG, 19.06.2001 - Az: 3 ZBR 125/01).

Richtiger Umgang mit den Gegenständen des Betreuten

Grundsätzlich gilt zunächst einmal, dass der Betreuer nicht selber tätig werden muss. Es ist ein Dienstleister zu beauftragen. Was die Entsorgung von Gegenständen angeht, so dürfen offensichtlich werthaltige Gegenstände nicht ohne Weiteres entsorgt werden. Schenkungen an Angehörige sind jedoch aufgrund des allgemeinen Schenkungsverbots nicht möglich - wohl aber die leihweise Überlassung gegen Quittung.

Sofern es sich um Erinnerungsstücke handelt, so sollten diese nach Möglichkeit geordnet aufbewahrt werden, ggf. können auch Angehörige gefragt werden.

Gegenstände ohne wesentlichen Verkaufswert unterliegen nicht dem Schenkungsverbot, es handelt sich dann um eine Sittlichkeitsschenkung, welche zulässig ist.

Müll und vergleichbare Gegenstände können entsorgt werden.

Kann der Betreuer für die Vermüllung der Wohnung haftbar gemacht werden?

Soweit dem Betreuer der Vorwurf gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, den Betreuten davon abzuhalten, seiner Sammelwut weiter nachzugehen und die Wohnung in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren und reinigen zu lassen, kommt eine Haftung nur dann in Betracht, wenn insoweit eine Aufsichtspflicht besteht (OLG Düsseldorf, 26.08.2009 - Az: I-15 U 26/09).
Stand: 03.06.2024 (aktualisiert am: 20.05.2025)
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