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Nebentätigkeitsverbot missachtet: Welche Konsequenzen drohen Arbeitnehmern?

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 13 Minuten

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Grundsätzlich steht es Arbeitnehmern frei, neben ihrer Haupttätigkeit einer weiteren Beschäftigung nachzugehen. Dieses Recht leitet sich aus der Berufsfreiheit des Art. 12 Grundgesetz ab. Diese Freiheit findet ihre Grenze dort, wo die Interessen des Hauptarbeitgebers durch die Nebentätigkeit beeinträchtigt werden. ArbeitsverträgeTarifverträge oder Betriebsvereinbarungen enthalten daher häufig Klauseln, die Nebentätigkeiten regeln. Diese reichen von reinen Anzeigepflichten bis hin zu Genehmigungsvorbehalten, bei denen der Arbeitgeber der Aufnahme einer Nebentätigkeit vorab zustimmen muss. Verstößt ein Arbeitnehmer gegen eine solche wirksame Regelung, drohen mitunter erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Fehlende Genehmigung trotz Zustimmungsvorbehalt

Hat ein Arbeitnehmer gegen ein zulässiges Nebentätigkeitsverbot verstoßen, so ist zwischen einem Verstoß gegen den Zustimmungsvorbehalt des Arbeitgebers einerseits und der erheblichen Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch Ausübung einer unzulässigen Nebentätigkeit zu unterscheiden. Wurde es lediglich unterlassen, den Arbeitgeber trotz Zustimmungsvorbehalt über eine geplante Nebentätigkeit zu informieren und die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen, so liegt ein formaler Verstoß gegen das Nebentätigkeitsverbot vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer eigentlich einen Anspruch auf Zustimmung zur Nebentätigkeit gehabt hätte, weil die Tätigkeit die Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt.

Der Arbeitgeber kann hier eine Abmahnung aussprechen, im Wiederholungsfall droht dem Arbeitnehmer die Kündigung. Daher sollte spätestens nach dem ersten Verstoß darauf geachtet werden, die Zustimmung des Arbeitgebers vorab einzuholen. Die Rechtsprechung bestätigt die Bedeutung solcher Anzeigepflichten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über den Fall eines Zeitschriftenredakteurs zu entscheiden, dem tarifvertraglich auferlegt war, die anderweitige Verwertung von Nachrichten, die ihm bei seiner Tätigkeit bekannt wurden, anzuzeigen und genehmigen zu lassen (BAG, 15.06.2021 - Az: 9 AZR 413/19). Der Redakteur veröffentlichte einen Artikel bei einer anderen Zeitung, ohne die erforderliche Einwilligung einzuholen, nachdem sein Chefredakteur eine interne Veröffentlichung zuvor abgelehnt hatte. Das BAG entschied, dass die hierauf gestützte Abmahnung rechtmäßig war. Die Verpflichtung, den Arbeitgeber um Erlaubnis zu ersuchen, verstoße nicht gegen Grundrechte. Der Arbeitgeber müsse durch die Anzeige erst in die Lage versetzt werden zu überprüfen, ob seine berechtigten Interessen durch die beabsichtigte Veröffentlichung beeinträchtigt werden.

Folgenlos wäre die Sache nur dann, wenn keine Anzeigepflicht vertraglich vereinbart wurde oder aber die entsprechende Klausel unwirksam war. Dann sind Nebentätigkeiten nur anzuzeigen, wenn durch diese berechtigte Interessen des Arbeitgebers bedroht sind, beispielsweise wenn ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz eintreten würde. Die Ausübung einer eigentlich zulässigen Nebentätigkeit kann ansonsten nicht mit einer Abmahnung oder verhaltensbedingten Kündigung sanktioniert werden.

Ausübung einer unzulässigen Nebentätigkeit

Wird eine unzulässige Nebentätigkeit (heimlich) ohne Genehmigung des Arbeitgebers ausgeübt, so kann eine erhebliche Pflichtverletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber dem Hauptarbeitgeber vorliegen. Das Verhalten des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber zumindest mit einer Abmahnung und bei Wiederholung mit einer Kündigung beantworten. Eine Nebentätigkeit ist insbesondere dann unzulässig, wenn sie die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers im Hauptberuf beeinträchtigt, gesetzliche Vorschriften verletzt oder in Konkurrenz zum Arbeitgeber steht.

Sonderfall: Verbotene Konkurrenztätigkeit

Die folgenschwerste Form der unzulässigen Nebentätigkeit ist die Konkurrenztätigkeit. Nach der Rechtsprechung ist einem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (BAG, 24.03.2010 - Az: 10 AZR 66/09). Dem Arbeitnehmer sind alle Nebentätigkeiten verboten, die dem Wettbewerbsinteresse des Arbeitgebers zuwiderlaufen. Ein ausdrückliches arbeitsvertragliches Verbot ist hierfür nicht erforderlich; dieses Verbot ergibt sich bereits aus der allgemeinen Treuepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB).

Ein Fall des Arbeitsgerichts Köln verdeutlicht dies: Einer TV-Moderatorin im Bereich Finanzberichterstattung wurde gekündigt, weil sie trotz Abmahnungen eine Online-Kolumne für eine im Wettbewerb stehende Tageszeitung verfasst hatte. Das Gericht sah die Kündigung als wirksam an. Es urteilte, dass die begehrte Nebentätigkeit eine nicht genehmigungsfähige Konkurrenztätigkeit darstelle. Bei der Online-Kolumne handele es sich um Wettbewerbstätigkeit, da beide Unternehmen im Bereich der Onlineberichterstattung aktiv seien. Zudem betreffe die Kolumne den fachlichen Kernbereich ihrer Tätigkeit für den Arbeitgeber, in dem sie sich eine Reputation aufgebaut habe. Ein Arbeitnehmer, der Wettbewerbstätigkeiten entfaltet, verstoße gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme. Nach bewussten, fortgesetzten und groben Pflichtverletzungen sei das Vertrauen aufgebraucht und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar (ArbG Köln, 11.10.2023 - Az: 9 Ca 5402/22).

Allerdings ist nicht jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen automatisch unzulässig. Das Bundesarbeitsgericht entschied im Fall einer teilzeitbeschäftigten Briefsortiererin (15 Wochenstunden), die als Nebentätigkeit Zeitungen für ein anderes Unternehmen austrug, welches auch Briefe zustellte und somit in Konkurrenz zur Deutschen Post AG stand. Das BAG stellte fest, dass die Arbeitnehmerin die Nebentätigkeit ausüben dürfe. Eine anwendbare Tarifregelung lasse eine Untersagung nur bei unmittelbarer Wettbewerbstätigkeit zu. Eine solche liege nicht vor, da sich die Tätigkeiten nicht überschnitten. Die nur untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Konkurrenzunternehmens reiche für ein Verbot nicht aus, zumal die Arbeitnehmerin wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung auf den Zuverdienst angewiesen war (BAG, 24.03.2010 - Az: 10 AZR 66/09).

Was gilt bei Verletzung gesetzlicher Bestimmungen?

Eine Nebentätigkeit kann auch dann unzulässig sein, wenn sie gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt, insbesondere gegen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) oder das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).

Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten; sie kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn ein entsprechender Ausgleich erfolgt. Werden Haupt- und Nebentätigkeit zusammengerechnet, dürfen diese Höchstgrenzen nicht überschritten werden. Ebenso müssen die gesetzlichen Ruhezeiten eingehalten werden. Ein Verstoß hiergegen kann ein Nebentätigkeitsverbot rechtfertigen. In einem vom BAG entschiedenen Fall (BAG, 26.06.2001 - Az: 9 AZR 343/00) klagte ein Busfahrer (38,5 Std./Woche) auf Genehmigung einer Nebentätigkeit als LKW-Fahrer im Güterverkehr (15 Std./Woche). Ein Tarifvertrag verbot jedoch Nebentätigkeiten, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbunden sind. Das BAG wies die Klage ab. Das tarifvertragliche Verbot verstoße nicht gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs müsse sichergestellt sein, dass die Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden. Dies setze eine effektive Kontrollmöglichkeit des Hauptarbeitgebers voraus, weshalb der Ausschluss solcher Nebentätigkeiten für Vollzeit-Beschäftigte nicht zu beanstanden sei. Der Arbeitgeber durfte die Genehmigung verweigern.

Auch während des Erholungsurlaubs ist eine Nebentätigkeit nur eingeschränkt möglich. § 8 BUrlG untersagt eine Erwerbstätigkeit, die dem Zweck des Urlaubs widerspricht. Der Zweck des Urlaubs besteht darin, freie Zeit zur Erholung zu haben. Maßgeblich ist laut Rechtsprechung, ob die Tätigkeit auf die entgeltliche Verwertung der Arbeitskraft gerichtet ist (LAG Köln, 21.09.2009 - Az: 2 Sa 674/09). Nicht jede anstrengende Tätigkeit ist verboten. Eine Mithilfe im Familienbetrieb ohne Vergütung stellt regelmäßig keine solche Erwerbstätigkeit dar und widerspricht dem Urlaubszweck nicht. Der Arbeitgeber trägt die Darlegungslast, dass der Arbeitnehmer im Urlaub entgeltlich tätig geworden ist.

Wann droht die außerordentliche Kündigung?

In besonders schweren Fällen kann ein Verstoß gegen das Nebentätigkeitsverbot sogar eine außerordentliche, fristlose Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigen. Ausnahmsweise kann eine außerordentliche Kündigung zulässig sein, wenn der Verstoß eine besonders schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht darstellt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitnehmer im Krankenstand einer Nebentätigkeit nachgeht, die den Heilungsprozess eindeutig verzögert. Ebenso kann eine erhebliche Konkurrenztätigkeit eine sofortige Kündigung rechtfertigen. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG Rheinland-Pfalz, 24.09.2009 - Az: 11 Sa 214/09) hat geurteilt, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitnehmer nachweislich in nicht unerheblichem Umfang für ein konkurrierendes Unternehmen geschäftliche Tätigkeiten entfaltet hat. Auch die Nutzung von Eigentum des Hauptarbeitgebers, wie beispielsweise Arbeitsmittel, für die Nebentätigkeit kann eine sofortige Kündigung nach sich ziehen.
Stand: 29.10.2025
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