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Störerhaftung bei Filesharing: Grenzen der Haftung für den Anschlussinhaber

Urheberrecht | Lesezeit: ca. 15 Minuten

Erhält der Inhaber eines Internetanschlusses eine urheberrechtliche Abmahnung wegen Filesharings, ist der Schreck oft groß. Insbesondere dann, wenn die Rechtsverletzung nicht selbst begangen wurde, stellt sich die drängende Frage nach der eigenen Verantwortlichkeit. Streitig sind dabei häufig die Grundsätze der sogenannten Störerhaftung. Diese kommt dann in Betracht, wenn der Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung zwar nicht als Täter selbst begangen hat, aber in zurechenbarer Weise dazu beigetragen hat. Die Rechtsprechung hat hierzu insbesondere die zumutbaren Prüf- und Sicherungspflichten des Anschlussinhabers konkretisiert. Eine pauschale Haftung für das Verhalten Dritter gibt es jedoch nicht; die Störerhaftung unterliegt Grenzen.

Vermutung der Täterschaft und sekundäre Darlegungslast

Im Falle einer über einen Internetanschluss begangenen Urheberrechtsverletzung spricht zunächst eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber auch der Täter ist. Dies hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung etabliert (vgl. BGH, 12.05.2010 - Az: I ZR 121/08). Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderlegbar. Dem Anschlussinhaber obliegt es, diese sogenannte Täterschaftsvermutung zu entkräften. Hierfür muss er Tatsachen vortragen und im Bestreitensfall beweisen, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen.

An dieser Stelle kommt die sekundäre Darlegungslast ins Spiel. Der Anschlussinhaber muss nicht beweisen, wer der tatsächliche Täter war. Es genügt, wenn er darlegt, welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und daher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Gelingt ihm dieser Vortrag, ist die gegen ihn sprechende Vermutung erschüttert. Die Beweislast für die Täterschaft des Anschlussinhabers fällt dann wieder vollumfänglich auf den Kläger, also den Rechteinhaber, zurück (LG Frankenthal, 06.08.2019 - Az: 6 O 398/17). Wer für den Rechtsverstoß tatsächlich verantwortlich ist, muss der Anschlussinhaber nicht ermitteln oder benennen. Es reicht die Darlegung, dass die Täterschaft eines anderen Nutzers des Anschlusses ernsthaft möglich ist (AG Berlin-Charlottenburg, 19.12.2013 - Az: 210 C 194/13).

Verletzung von Prüfpflichten

Auch wenn die Täterschaftsvermutung erfolgreich widerlegt wurde, kann der Anschlussinhaber noch als Störer in die Haftung genommen werden. Als Störer kann in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da diese Haftung jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von zumutbaren Verhaltens- und Prüfpflichten voraus. Der Umfang dieser Pflichten bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Prüfung zuzumuten ist (AG Berlin-Charlottenburg, 08.06.2016 - Az: 231 C 65/16). Einschränkungen zur Störerhaftung werden daher regelmäßig dort vorgenommen, wo der Anschlussinhaber seinen Aufsichts-, Handlungs- und Prüfpflichten nachgekommen ist und damit alles ihm Zumutbare unternommen hat, um Rechtsverletzungen zu verhindern.

Haftung für Familienangehörige: Differenzierung nach Alter und Beziehung

Ein besonders praxisrelevanter Bereich betrifft die Haftung für Familienangehörige, die den Internetanschluss mitnutzen. Hier hat der Bundesgerichtshof klare Grundsätze entwickelt, die zwischen minderjährigen und volljährigen Nutzern unterscheiden.

Bei minderjährigen Kindern genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht und damit ihren Prüfpflichten als Anschlussinhaber regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine solche Teilnahme ausdrücklich verbieten. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, die Internetnutzung des Kindes zu überwachen oder den Computer zu überprüfen, besteht grundsätzlich nicht. Erst wenn die Eltern konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt, müssen sie weitergehende Maßnahmen ergreifen (vgl. BGH, 15.11.2012 – Az: I ZR 74/12).

Anders verhält es sich bei volljährigen Familienangehörigen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen grundsätzlich nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Anschluss für illegales Filesharing missbraucht. Aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Familienangehörigen und der Eigenverantwortung von Volljährigen muss der Anschlussinhaber einen volljährigen Angehörigen nicht belehren oder dessen Internetnutzung überwachen. Erst wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch vorliegen, beispielsweise durch eine vorangegangene Abmahnung, entstehen Handlungspflichten (BGH, 08.01.2014 - Az: I ZR 169/12).

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Stand: 02.09.2025
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