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Kein grob fahrlässiges Verhalten bei Fahrradtransport eines Kindes ohne Helm

Familienrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Das Unterlassen, einem Kind beim Transport in einem Fahrradsitz das Tragen eines Schutzhelmes aufzuerlegen, begründet kein grob fahrlässiges Verhalten im Sinne der §§ 1664 Abs. 1, 277 BGB. Die elterliche Haftung nach § 1664 Abs. 1 BGB ist auf die eigenübliche Sorgfalt beschränkt, die Eltern in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Eine Überschreitung dieser Sorgfalt oder ein grober Verstoß liegt nur vor, wenn das Verhalten evident sorgfaltswidrig ist und das Maß der gewöhnlichen Pflichtverletzung erheblich übersteigt.

Das Tragen eines Fahrradhelms ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Weder die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) noch andere Verkehrsvorschriften enthalten eine Pflicht, Kinder beim Transport auf dem Fahrrad mit einem Helm auszustatten. Empfehlungen von Verkehrssicherheitsorganisationen oder Versicherungen, Kinder beim Radfahren mit Schutzhelm zu sichern, begründen keine allgemeine Verkehrspflicht. Auch besteht kein gefestigtes allgemeines Verkehrsbewusstsein, wonach das Fahren ohne Helm als sorgfaltswidrig anzusehen wäre.

Für die Beurteilung eines möglichen Mitverschuldens oder einer Aufsichtspflichtverletzung ist maßgeblich, ob das Verhalten gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt verstößt und zugleich den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigt. Grobe Fahrlässigkeit setzt ein besonders schweres Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt voraus. Wird ein Kind in einem handelsüblichen, ordnungsgemäß befestigten Fahrradsitz ohne Helm transportiert, lässt sich ein solches Verhalten nicht als grob fahrlässig einordnen.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist ein Mitverschuldensvorwurf wegen Nichttragens eines Fahrradhelms nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt, etwa bei sportlich ambitionierten Fahrten oder besonderen Gefährdungslagen. In der allgemeinen Teilnahme am Straßenverkehr, insbesondere bei Kindern im Beifahrersitz, besteht hingegen keine Verpflichtung, einen Schutzhelm zu tragen. Der bloße Umstand, dass das Helmtragen aus medizinischer oder technischer Sicht sinnvoll sein mag, begründet keine rechtliche Pflicht im Rahmen der elterlichen Sorgfalt.

Damit fehlt es an einem groben Sorgfaltsverstoß, wenn ein Elternteil den Transport eines Kindes in einem Fahrradsitz ohne Helm zulässt. Die elterliche Haftung bleibt in einem solchen Fall auf die nach § 1664 Abs. 1 BGB vorgesehene eigenübliche Sorgfalt beschränkt, und ein Mitverschulden ist dem Kind nicht zuzurechnen. Eine Zurechnung im Rahmen der §§ 840, 426 BGB scheidet aus, weil bereits die Voraussetzungen für ein haftungsbegründendes Fehlverhalten fehlen.


OLG Celle, 11.06.2008 - Az: 14 U 179/07

ECLI:DE:OLGCE:2008:0611.14U179.07.0A

Nachfolgend: LG Hannover, 07.08.2007 - Az: 14 O 435/06

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Antje , Karlsruhe