Fast jede zweite Betriebskostenabrechnung ist fehlerhaft: ➠ jetzt prüfen lassenNebenkostenabrechnungen sind regelmäßig Gegenstand mietrechtlicher Auseinandersetzungen. Nicht selten stellen sich Positionen als unrechtmäßig heraus oder Abrechnungen erfolgen
verspätet. In bestimmten Fällen haben Mieter einen Anspruch auf Rückzahlung bereits geleisteter Beträge.
Fehlende oder verspätete Abrechnung
Der Vermieter ist verpflichtet, jährlich über die
Nebenkosten abzurechnen. Für die Abrechnung gilt eine gesetzliche
Frist von zwölf Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums. Gemäß
§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter nach Ablauf dieser Frist ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
Hingegen bleibt das Recht des Mieters bestehen, Rückzahlungen zu verlangen, wenn die geleisteten Vorauszahlungen die tatsächlich entstandenen Kosten übersteigen.
Eine
fehlende Abrechnung allein führt jedoch nicht automatisch zu einem Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der gesamten Vorauszahlungen, solange der Abrechnungsanspruch fortbesteht.
In einem bestehenden Mietverhältnis über Wohnraum kann der Mieter nicht die vollständige Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen, wenn der Vermieter nicht fristgerecht über die Betriebskosten eines Abrechnungszeitraums abgerechnet hat. In diesem Fall ist der Mieter dadurch hinreichend geschützt, dass ihm bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht jedenfalls hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen zusteht (BGH, 29.03.2006 - Az:
VIII ZR 191/05).
Formelle und materielle Mängel der Abrechnung
Eine formell ordnungsgemäße Abrechnung ist Grundvoraussetzung für etwaige Nachforderungen. Fehlen notwendige Angaben wie der Verteilerschlüssel, der Abrechnungszeitraum oder die Gesamtkosten, ist die Abrechnung formell
unwirksam. In einem solchen Fall kann der Mieter die geleisteten Vorauszahlungen nicht pauschal zurückverlangen, wohl aber eine ordnungsgemäße Abrechnung einfordern.
Materielle Fehler in der Abrechnung, etwa unberechtigte Kostenansätze oder falsche Umlageschlüssel, berechtigen zur Kürzung oder zur Rückforderung überzahlter Beträge. Voraussetzung ist in der Regel eine detaillierte Prüfung der Abrechnung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung entsprechender Belege.
Nicht umlagefähige Kostenpositionen
In Nebenkostenabrechnungen tauchen häufig Positionen auf, die nicht auf Mieter umgelegt werden dürfen. Dazu zählen insbesondere Verwaltungskosten, Reparaturkosten, Instandhaltungsausgaben oder Bankgebühren des Vermieters. Werden derartige Kosten dennoch abgerechnet, kann der entsprechende Betrag zurückgefordert werden.
Auch bei Personalkosten ist zu unterscheiden: Nur solche Anteile, die auf umlagefähige Leistungen entfallen (z. B. Hausreinigung oder Gartenpflege), dürfen angesetzt werden. Nicht umlagefähig sind hingegen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Verwaltung, Kontrolle oder Instandhaltung.
Fehlende Wirtschaftlichkeit
Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot müssen Nebenkosten in einem angemessenen Verhältnis zu Preis und Leistung stehen. Unverhältnismäßig hohe Kostenansätze, etwa für Gartenpflege oder Wartung, können beanstandet werden. Ein Rückforderungsanspruch besteht, wenn sich der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot konkret beziffern lässt und eine Überschreitung des üblichen Rahmens nachweisbar ist. Der Mieter, der wegen einer solchen Pflichtverletzung Ansprüche erhebt, trägt die Darlegungs- und Beweislast für ein pflichtwidriges Verhalten des Vermieters.
Maßstab ist dabei das ortsübliche Niveau vergleichbarer Leistungen. Ein pauschaler Hinweis auf hohe Kosten genügt nicht; erforderlich sind objektivierbare Vergleichswerte oder Indizien für Missverhältnisse.
Eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots kommt nur in Betracht, soweit dem Vermieter - im Falle eines nicht angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses - eine Korrektur der zu überhöhten Kosten führenden Maßnahme während des Mietverhältnisses - beispielsweise durch Kündigung eines Vertrags mit ungünstigen Bedingungen - möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und er diese Möglichkeit nicht ergriffen hat (BGH, 25.01.2023 - Az:
VIII ZR 230/21).
Falsche oder veraltete Verteilerschlüssel
Die Umlage der Nebenkosten erfolgt in der Regel nach einem im
Mietvertrag vereinbarten Schlüssel. Kommt ein falscher oder nicht mehr aktueller Schlüssel zur Anwendung, kann die Abrechnung unzutreffend sein. In solchen Fällen besteht ein Anspruch auf Korrektur und gegebenenfalls Rückzahlung zu viel gezahlter Beträge.
Verändert sich die
Wohnfläche durch An- oder Umbauten, ist eine Anpassung des Flächenschlüssels erforderlich. Auch bei leerstehenden Einheiten müssen diese korrekt berücksichtigt werden, sofern eine Umlage auf vermietete Flächen erfolgt.
Verstoß gegen das Recht auf Belegeinsicht
Vermieter sind verpflichtet, dem Mieter auf Verlangen
Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege zu gewähren. Wird die Einsicht verweigert oder sind die Belege unvollständig, kann dies die materielle Prüfbarkeit der Abrechnung beeinträchtigen.
Dem Mieter steht gegenüber der Nachforderung des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu, solange der Vermieter ihm nicht die Überprüfung der Abrechnung ermöglicht. Hierzu gehört die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen (BGH, 08.03.2006 - Az:
VIII ZR 78/05; BGH, 29.03.2006 - Az:
VIII ZR 191/05).
Das Zurückbehaltungsrecht gilt gleichermaßen hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen für Heizung und Warmwasser, solange der Vermieter dem Mieter nicht die Einsicht in den zugrundeliegenden Wärmeliefervertrag gewährt (BGH, 22.06.2010 - Az: VIII ZR 288/09).
Mieter können in einem laufenden Mietverhältnis die Rückzahlung der auf die vereinbarten Nebenkosten geleisteten Abschlagszahlungen jedoch nicht verlangen, wenn der Vermieter die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen zu Unrecht verweigert (BGH, 22.06.2010 - Az: VIII ZR 288/09; BGH, 26.10.2021 - Az:
VIII ZR 150/20).
Einwendungen und Fristen
Einwendungen gegen die Abrechnung müssen grundsätzlich innerhalb von zwölf Monaten nach Zugang der Abrechnung erhoben werden. Nach Ablauf dieser Frist sind Beanstandungen nur noch in Ausnahmefällen möglich, etwa bei arglistiger Täuschung oder fehlender Belegeinsicht.
Die Rückforderung zu viel gezahlter Nebenkosten unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Betriebskostenpauschale: In der Regel keine Rückforderung möglich!
Wurde im Mietvertrag eine Betriebskostenpauschale vereinbart, entfällt die Pflicht zur Abrechnung. In solchen Fällen besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Rückzahlung, selbst wenn die tatsächlichen Kosten unterhalb der Pauschale liegen. Nur bei nachgewiesener sittenwidriger Überhöhung oder bei einer unzulässigen Pauschalvereinbarung können Rückforderungen durchgesetzt werden.
Doppelte Berechnung und Abrechnungsfehler
Werden einzelne Positionen versehentlich doppelt berechnet und damit dem Mieter mehrfach in Rechnung gestellt, besteht ein klarer Rückforderungsanspruch. Gleiches gilt für Rechenfehler, unzutreffende Flächenangaben oder fehlerhafte Summenbildungen.
Entsprechende Korrekturen können eingefordert werden, sobald der Fehler nachgewiesen ist. Im Streitfall ist eine Prüfung durch einen Fachkundigen ratsam, insbesondere wenn die Abrechnung umfangreich oder unübersichtlich ist.
Kürzung der Vorauszahlungen bei zu hohen Vorauszahlungen
Sind die Vorauszahlungen höher gewesen als die tatsächlich angefallenen Betriebskosten, so kann der Mieter die monatlichen Vorauszahlungen entsprechend
kürzen.
Die Höhe der Kürzung muss im angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich angefallenen bzw. zu erwartenden Kosten stehen.
Rechtsfolgen bei berechtigter Rückforderung
Besteht ein Anspruch auf Rückzahlung, handelt es sich um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Voraussetzung ist, dass der Vermieter eine Leistung ohne rechtlichen Grund erhalten hat. Die Anspruchshöhe bemisst sich nach der Differenz zwischen gezahlter Vorauszahlung und tatsächlich umlagefähigen Kosten.
Ein Rückforderungsanspruch kann auch mit laufenden Mietzahlungen verrechnet werden, sofern kein ausdrücklicher Ausschluss im Mietvertrag vereinbart ist. Im Zweifel empfiehlt sich eine schriftliche Ankündigung der Verrechnung gegenüber dem Vermieter, um etwaige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Rückforderung der Betriebskostenvorschüsse bei beendetem Mietverhältnis
Der Mieter kann nach dem Ende des Mietverhältnisses sämtliche Betriebskostenvorschüsse, über die während des Mietverhältnisses nicht abgerechnet worden ist, zurückfordern – jedoch nur dann, wenn er zuvor keine Möglichkeit hatte, seinen Abrechnungsanspruch durch die Zurückbehaltung der Betriebskostenvorauszahlungen durchzusetzen (BGH, 07.07.2021 - Az:
VIII ZR 52/20).
Andernfalls bliebe die Abrechnungsfrist ohne praktische Bedeutung, und der Vermieter hätte es in der Hand, die Fälligkeit eines Rückzahlungsanspruchs des Mieters nach Belieben hinauszuzögern. Der Rückforderungsanspruch des Mieters wird deshalb in einem solchen Fall nicht erst mit der Mitteilung der Abrechnung des Vermieters, sondern bereits dann fällig, wenn die Abrechnungsfrist erfolglos abgelaufen ist.
Der Rückforderungsanspruch ist indes ausgeschlossen, wenn der Vermieter - wenn auch verspätet - abgerechnet hat und die angefallenen Kosten die Zahlungen der Mieter übersteigen. Denn eine Abrechnung ist dem Vermieter im Rechtsstreit zur Verteidigung gegen den Rückforderungsanspruch auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist möglich. Insoweit handelt es sich bis zur Höhe der vereinbarten Vorauszahlungen nicht um Nachforderungen im Sinne von § 556 Abs. 3 BGB. Das Nichteinhalten der Abrechnungsfrist ist kein formeller Mangel, sondern schließt gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nur Nachforderungen über die vereinbarten Vorschüsse hinaus aus (LG Berlin, 12.07.2016 - Az:
63 S 24/16).