Verweigert der Betroffene im Verfahren zur Verlängerung einer
Betreuung und eines
Einwilligungsvorbehaltes beim erstinstanzlichen Anhörungstermin die Kommunikation mit dem Richter, ergibt sich allein hieraus keine Verpflichtung des Beschwerdegerichts zur erneuten Anhörung des Betroffenen.
Dies gilt auch dann, wenn in der ersten Instanz verfahrensfehlerhaft die Bestellung eines
Verfahrenspflegers unterblieben ist.
Tenor:
Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 08.10.2020 - Az: 51 XVII 6940 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass
der
Aufgabenkreis der Betreuung auf die Aufgabenbereiche Gesundheitssorge eingeschränkt auf Heilbehandlungen im psychiatrischen Bereich und Vermögenssorge beschränkt wird,
der Einwilligungsvorbehalt im Aufgabenkreis der Vermögenssorge eingeschränkt wird auf den Bereich der Bankangelegenheiten
und der Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Aufenthaltsbestimmung aufgehoben wird.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Betroffene, der an einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis leidet, wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wedding vom 08.10.2020, mit dem die Betreuung einschließlich bestehender Einwilligungsvorbehalte in der Hauptsache verlängert wurde.
Auf
Anregung der Mutter des Betroffenen und ärztlicher Stellungnahme aus dem Klinikum W. vom 13.03.1996 richtete das Amtsgericht Lehrte mit Beschluss vom 13.05.1996 eine Betreuung für den Betroffenen ein. Diese wurde immer wieder verlängert und bestand zuletzt in einem die Aufgabenbereiche „Sorge der Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge“ umfassenden Aufgabenkreis, wobei für die Aufgabenbereiche Vermögenssorge und Aufenthaltsbestimmung jeweils ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde (erstmals eingerichtet mit Beschl. v. 04.06.1996 und Beschl. v. 25.04.2001). Die Anordnung des Einwilligungsvorbehaltes im Bereich der Aufenthaltsbestimmung hatte der
Betreuer beantragt, da dem Betroffenen zuvor sein
Heimplatz gekündigt worden war. Die letzte Verlängerung der Betreuung einschließlich der Einwilligungsvorbehalte erfolgte in unverändertem Umfang und einer Überprüfungsfrist zum 07.10.2027 mit dem - vorliegend angefochtenen - Beschluss vom 08.10.2020.
In dem unter anderem anlässlich der letzten Verlängerung der Betreuung durch das Amtsgericht mit Beweisbeschluss vom 29.06.2020 eingeholten Gutachten (v. 11.07.2020), auf das Bezug genommen wird, diagnostizierte der Sachverständige Dr. med. ... eine paranoide Schizophrenie mit stabilem Residuum und episodischen Zuspitzungen (ICD-10: F20.02) bei dem Betroffenen. Er führte aus, dass sich die langjährig bestehende Erkrankung des Betroffenen durch ein anhaltendes paranoides Beeinträchtigungserleben mit hoher handlungsleitender Dynamik kennzeichne. Es bestehe ein stark gelockerter Realitätsbezug bei fehlender Krankheitseinsicht. Der Betroffene sei durchgängig gereizt und emotional kaum zugänglich. Zudem liege ein erhebliches Selbstpflegedefizit vor. Angesichts der fortbestehenden psychopathologischen Beeinträchtigung bestehe die anhaltende Unterstützungsbedürftigkeit. Krankheitsbedingt sei der Betroffene nicht in der Lage, einen freien Willen unbeeinflusst von seiner schizophrenen Grunderkrankung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln.
Zu seiner persönlichen Anhörung am 21.08.2020 erschien der Betroffene nicht. Der anwesende weitere Beteiligte zu 1), der mit Beschluss vom 18.09.2001 vom Amtsgericht zum
Berufsbetreuer des Betroffenen bestellt worden war, schilderte, dass ihm das Pflegepersonal der Wohneinrichtung auf telefonische Nachfrage mitgeteilt habe, dass der Betroffene nicht am Anhörungstermin teilnehmen wolle. Darüber hinaus berichtete der weitere Beteiligte zu 1), dass sich die Zusammenarbeit mit dem Betroffenen schwierig gestalte, da er Kontaktversuche meist abwehre, unberechenbar und aggressiv sei. Da sich der Zustand des Betroffenen eher verschlechtere als verbessere, wolle er die Betreuung dennoch weiter ausüben. Am 08.10.2020 suchte der Amtsrichter den Betroffenen in dem Krankenheim ... zwecks Anhörung auf, wo ein persönliches Gespräch daran scheiterte, dass der Betroffene den Zugang zu seinem Zimmer versperrte und dem Amtsrichter in aufgebrachter, aggressiver Stimmung zurief, er habe „keinen Bock“ und wolle nicht mit ihm reden. Gleichermaßen ablehnend und bedrohlich war der Betroffene bereits gegenüber dem weiteren Beteiligten zu 2), der vom Amtsgericht als Verfahrenspfleger im parallel geführten
Unterbringungsverfahren bestellt worden war, aufgetreten, als dieser am 17.07.2020 das Gespräch zu ihm gesucht hatte. Auf die Anhörungsvermerke und das Schreiben des Verfahrenspflegers wird verwiesen.
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