Nicht jede Kündigung ist zulässig. ➠ Lassen Sie sich beraten.Die Entscheidung, für eine Partnerschaft den Wohnort zu wechseln und dafür das bestehende
Arbeitsverhältnis aufzugeben, ist ein tiefgreifender Schritt. Während dies für Ehepaare rechtlich seit Langem als sogenannter „wichtiger Grund“ anerkannt ist, der eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld ausschließt, war die Situation für Paare in einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft lange Zeit deutlich komplizierter. Die Rechtsprechung hat sich hier jedoch in den vergangenen Jahren entscheidend gewandelt und erkennt die Lebensrealität vieler Menschen zunehmend an. Dennoch sind die Hürden nicht beseitigt, und es kommt auf die genauen Umstände des Einzelfalls an.
Der „wichtige Grund“ als Voraussetzung für den Leistungsbezug
Wer ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis von sich aus kündigt, ohne bereits eine neue Stelle in Aussicht zu haben, verursacht seine Arbeitslosigkeit selbst. Der Gesetzgeber sieht in solchen Fällen zum Schutz der Versichertengemeinschaft eine Sanktion vor: die Sperrzeit. Gemäß § 159 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ruht der
Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von in der Regel zwölf Wochen, wenn sich der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund versicherungswidrig verhalten hat.
Die entscheidende Frage ist demnach, was die Rechtsprechung als einen solchen „wichtigen Grund“ anerkennt, der die Eigenkündigung rechtfertigt. Die Aufgabe des Arbeitsplatzes, um mit dem Ehepartner einen gemeinsamen Hausstand zu begründen oder aufrechtzuerhalten, gilt dabei als klassischer anerkannter Grund, sofern ein tägliches Pendeln zwischen dem neuen Wohnort und der bisherigen Arbeitsstelle unzumutbar ist.
Von der Ehe zur Partnerschaft: Die Entwicklung der Rechtsprechung
Lange Zeit vertrat das Bundessozialgericht (BSG) eine strikte Haltung: Die Aufgabe eines Arbeitsplatzes für den Umzug zu einem Partner, mit dem man in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt, stellte keinen wichtigen Grund dar. Dies führte regelmäßig zur Verhängung einer Sperrzeit. Diese Rechtsprechung wurde jedoch als nicht mehr zeitgemäß erkannt und schließlich aufgegeben. Mit einer grundlegenden Entscheidung hat das BSG klargestellt, dass auch der Umzug zum Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen wichtigen Grund darstellen kann (BSG, 17.10.2002 - Az:
B 7 AL 96/00 R).
Allerdings knüpft das Gericht die Anerkennung an strenge Voraussetzungen. Eine nichteheliche oder eheähnliche Lebensgemeinschaft liegt im sozialrechtlichen Sinne nur dann vor, wenn die Beziehung auf Dauer angelegt ist, keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art daneben zugelassen wird und sie von inneren Bindungen geprägt ist, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander erwarten lassen. Sie muss also über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen. Eine bestimmte Mindestdauer der Partnerschaft, etwa drei Jahre, kann dabei nicht pauschal gefordert werden. Entscheidend ist vielmehr der Gesamtcharakter der Beziehung.
Wann die Sperrzeit dennoch droht
Trotz dieser grundsätzlichen Öffnung lauern weiterhin Fallstricke. Die Rechtsprechung stellt klar, dass es nicht ausreicht, wenn die Lebensgemeinschaft durch den Umzug erst begründet werden soll. In einer späteren Entscheidung präzisierte das Bundessozialgericht seine Anforderungen weiter und stellte fest, dass ein auf Dauer angelegtes gemeinsames Wohnen eine notwendige Voraussetzung für die Annahme einer bereits bestehenden eheähnlichen Gemeinschaft ist (BSG, 17.10.2007 -
B 11a/7a AL 52/06 R). Die alleinige Absicht, erstmals zusammenzuziehen, rechtfertigt die Arbeitsaufgabe daher in der Regel nicht. Die Partnerschaft muss sich also bereits vor der Kündigung durch ein gemeinsames Leben verfestigt haben.
Dieser strengen Sichtweise des höchsten Sozialgerichts stehen Tendenzen in der Rechtsprechung unterer Instanzen gegenüber, die eine modernere und weniger formale Betrachtung befürworten. So entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, die Frage einer Sperrzeit an einen bestimmten familienrechtlichen Status zu knüpfen (LSG Niedersachsen-Bremen, 12.12.2017 - Az:
L 7 AL 36/16). Die Sperrzeit sei kein Instrument zur Durchsetzung gesellschaftspolitischer Vorstellungen, sondern diene allein dem Schutz der Versichertengemeinschaft. Es sei auf die spezifische Lebenssituation und die Vernünftigkeit der Entscheidung abzustellen. Wenn eine Partnerschaft erkennbar durch Kontinuität, Verantwortung und Fürsorge geprägt sei, stelle die Arbeitsaufgabe für einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt kein versicherungswidriges Verhalten dar, auch wenn damit erstmals ein gemeinsamer Haushalt begründet wird. Hierbei handelt es sich jedoch um eine untergerichtliche Entscheidung; die strengere Auslegung des Bundessozialgerichts bleibt vorerst maßgeblich. Unabhängig davon bleibt die Verpflichtung bestehen, dass der kündigende
Arbeitnehmer sich rechtzeitig und nachweisbar um eine neue Arbeitsstelle am Zuzugsort bemühen muss.
Sonderfall Kindeswohl und die Gründung einer Erziehungsgemeinschaft
Eine bedeutende Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Gemeinschaft bereits bestehen muss, hat das Bundessozialgericht jedoch selbst geschaffen. Dient der Umzug nicht nur dem Zusammenziehen der Partner, sondern vor allem der Herstellung einer Erziehungsgemeinschaft zum Wohle eines minderjährigen Kindes, kann dies einen wichtigen Grund für die Arbeitsaufgabe darstellen (BSG, 17.10.2007 -
B 11a/7a AL 52/06 R). Diese Wertung leitet das Gericht unmittelbar aus dem in Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) verankerten Elternrecht ab. Die Entscheidung eines Elternteils, wie und wo er seiner Erziehungsverantwortung am besten gerecht wird, genießt einen hohen Schutz, der das Interesse der Versichertengemeinschaft am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses überwiegen kann, wenn die Herstellung der Erziehungsgemeinschaft dem
Kindeswohl dient. Das Besondere an dieser Rechtsprechung ist, dass es nicht darauf ankommt, ob der neue Partner auch der leibliche Vater des Kindes ist. Entscheidend ist, dass eine ernsthafte und auf Dauer angelegte Erziehungsgemeinschaft begründet werden soll, in der der neue Partner bereit ist, Verantwortung für das Kind zu übernehmen.
Arbeitsverhältnis oder Gefälligkeit? Die Mitarbeit im Betrieb des Partners
Ein gänzlich anderes, aber ebenso relevantes Spannungsfeld in nichtehelichen Lebensgemeinschaften entsteht, wenn ein Partner im Betrieb des anderen mitarbeitet. Solange die Beziehung intakt ist, stellt dies selten ein Problem dar. Nach einer
Trennung kommt es jedoch häufig zum Streit darüber, ob für die geleistete Tätigkeit ein Arbeitslohn geschuldet wird. Hierbei gilt der Grundsatz, dass die Mitarbeit ohne eine ausdrückliche Vereinbarung als Beitrag zur gemeinsamen Lebensführung gewertet werden kann. Ein Vergütungsanspruch besteht dann nicht. Insbesondere wenn Lohnforderungen erst nach dem Scheitern der Partnerschaft geltend gemacht werden, ist dies ein starkes Indiz gegen das tatsächliche Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.
Anders liegt der Fall, wenn die Zusammenarbeit von Anfang an auf einer klaren rechtlichen Grundlage stand. Werden für den mitarbeitenden Partner ordnungsgemäß Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und wird der gezahlte Lohn als Betriebsausgabe verbucht, sind dies eindeutige Merkmale für ein wirksames Arbeitsverhältnis im Sinne des
§ 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dies hat weitreichende Konsequenzen bei einer Trennung: Das Ende der persönlichen Beziehung führt nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dieses muss vielmehr nach allen Regeln des Arbeitsrechts
gekündigt werden, also unter Einhaltung der gesetzlichen
Kündigungsfristen des
§ 622 BGB, oder alternativ durch einen
Aufhebungsvertrag beendet werden. Eine vertragliche Klausel, die das Arbeitsverhältnis von vornherein an den Fortbestand der Lebensgemeinschaft koppelt, ist arbeitsrechtlich unzulässig und unwirksam