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Rückzahlungsanspruch des Mieters bei Wohnflächenabweichung

Mietrecht | Lesezeit: ca. 27 Minuten

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Eine konkrete Kenntnis des Mieters von sämtlichen in die Wohnflächenberechnung einzustellenden Maßen ergibt sich jedenfalls nicht ohne Weiteres bereits durch den Bezug beziehungsweise die Nutzung der Wohnung.

Ein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, dass bei Bezug einer Wohnung üblicherweise sämtliche Wände und Raumhöhen durch den Mieter ausgemessen werden, existiert nicht. Allein der durch Nutzung vermittelte optische Eindruck oder das Ausmessen einzelner Wände vermittelt dem Mieter jedoch keine Kenntnis sämtlicher für eine Wohnflächenberechnung erforderlichen Tatsachen.

Ein Mieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, anlässlich des Bezugs der Wohnung diese vollständig auszumessen, um eine im Mietvertrag enthaltene Wohnflächenangabe zu überprüfen, sofern nicht besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin ist seit dem 16. April 2014 Mieterin einer im dritten Obergeschoss gelegenen preisfreien Wohnung der Beklagten in Bonn. Die Wohnfläche ist im Mietvertrag vom 24. März 2014 mit 49,18 m² vereinbart; sie war bei Erbauung des Objekts in den 1960er Jahren nach den damals gültigen Berechnungsgrundlagen ermittelt worden. Die monatliche Miete belief sich bis einschließlich April 2017 auf 528 € und seit Mai 2017 auf 537,78 €.

Aus Anlass eines Mieterhöhungsverlangens der Beklagten im April 2021 ließ die Klägerin ihre Wohnung vermessen.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin - gestützt auf ihre Behauptung, die Wohnfläche der Wohnung betrage tatsächlich nur 42,64 m² und weiche daher um 13,3 % von der vereinbarten Wohnfläche ab - die Beklagte auf Rückzahlung überzahlter Miete für den Zeitraum vom 16. April 2014 bis einschließlich Juni 2021 in Höhe von insgesamt 6.139,03 € sowie Ersatz der ihr für eine vorgerichtliche Wohnflächenberechnung entstandenen Sachverständigenkosten in Höhe von 258,23 €, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen. Die Beklagte hat einen Mangel der Mietsache in Abrede gestellt und die Verjährungseinrede erhoben.

Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, welches in Anwendung der Vorschriften der Wohnflächenverordnung die Wohnfläche der Wohnung mit 43,3 m² berechnet hat; hierin enthalten ist die Fläche des Balkons der Wohnung mit einem Viertel (entspricht 1,069 m²). Auf der Basis der sich bei dieser tatsächlichen Wohnungsgröße ergebenden Flächenabweichung von 11,96 % zu der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche hat das Amtsgericht der Klage in Höhe von insgesamt 5.779,21 € nebst Zinsen stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.

Dabei hat das Berufungsgericht die hinsichtlich der Wohnfläche zwischen den Parteien allein noch streitige Frage, ob der Balkon mit lediglich einem Viertel der Fläche anzurechnen sei und dadurch eine Abweichung von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 % - nämlich 11,96 % - vorliege, bejaht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Begriff der „Wohnfläche“ im frei finanzierten Wohnraum grundsätzlich anhand der für den preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen auszulegen und vorliegend aufgrund der im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses am 24. März 2014 geltenden Wohnflächenverordnung (WoFlV) zu ermitteln. Entgegen der Auffassung der Beklagten folge aus der Überleitungsvorschrift des § 5 WoFlV nicht, dass vorliegend die Zweite Berechnungsverordnung Anwendung finde, nach der die Grundfläche eines Balkons bis zur Hälfte angerechnet werden könne. Die Mietvertragsparteien hätten stillschweigend die Berechnungsvorschriften im materiellen Sinne vereinbart, nicht hingegen die Anwendung einer Überleitungsvorschrift, die sonstige Normen heranziehe. Die Balkonfläche sei vorliegend mit einem Viertel anzurechnen, wie es in § 4 Nr. 4 WoFlV für den Regelfall vorgeschrieben sei. Anhaltspunkte für eine höhere Anrechnung seien nicht ersichtlich. Der vorhandene Balkon weise im Vergleich zu normalen Balkonen keinen besonders hohen Wohnwert auf. Er sei aufgrund der üblichen regionalen Witterungsbedingungen und seiner Größe von gut 4 m² nur eingeschränkt nutzbar. Dass der Balkon zur straßenabgewandten Seite gelegen, sonnenreich und bei Regen nutzbar sein und einen Blick ins Grüne bieten möge, begründe im Vergleich zu anderen Balkonen keine außergewöhnlichen Umstände. Außerdem sei der Balkon nach den vorgelegten Lichtbildern von anderen Balkonen umliegender Häuser einsehbar und den Geräuschen vom Innenhof und anderer Balkone ausgesetzt.

Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin sei auch nicht teilweise verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist beginne gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlange oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Eine solche Kenntnis habe die Klägerin erst mit der im Jahr 2021 veranlassten Vermessung ihrer Wohnung erlangt, so dass die Verjährungsfrist bei Klageeinreichung im Dezember 2021 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Mit dem Bezug der Wohnung sei hingegen noch keine Kenntnis der genauen Größe der Wohnung verbunden. Die Größe der Wohnung lasse sich nur durch eine Vermessung feststellen, zu welcher häufig allein Fachleute in der Lage seien. Mangels einer den Mieter treffenden Untersuchungs- und Prüfungspflicht könne der Klägerin auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Eine besondere Veranlassung, das Mietobjekt auszumessen, habe für die Klägerin nicht bestanden.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

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