Fast jede zweite Betriebskostenabrechnung ist fehlerhaft: ➠ jetzt prüfen lassenOb Ameisen in der Küche, Motten im Kleiderschrank, Mäuse im Keller oder gar Ratten auf dem Grundstück –
Schädlinge und Ungeziefer beeinträchtigen nicht nur das Wohlbefinden, sondern können auch gesundheitliche Risiken darstellen und Schäden verursachen. Abgesehen von der Notwendigkeit einer schnellen und nachhaltigen Beseitigung stellt sich unweigerlich die Frage: Wer trägt die Kosten für den Kammerjäger? Die Antwort auf diese Frage ist nicht immer einfach und führt nicht selten zu Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern, die gerichtlich geklärt werden müssen.
Schädlingsbefall als Mangel der Mietsache
Rechtlich gesehen stellt ein erheblicher Schädlingsbefall in der Regel einen
Mangel der Mietsache dar. Ein vereinzelt auftretendes Insekt begründet zwar noch keinen Mangel, eine größere Ansammlung von Schädlingen jedoch schon. Gemäß
§ 535 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache während der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Das bedeutet, dass die Beseitigung eines solchen Mangels grundsätzlich in seinen Verantwortungsbereich fällt.
Für den Mieter ergibt sich aus dieser Konstellation eine wichtige Pflicht: Er muss den Mangel, also den Schädlingsbefall, dem Vermieter unverzüglich anzeigen. Unterlässt der Mieter diese Meldung, kann er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig machen, etwa wenn sich der Befall ausbreitet und dadurch höhere Beseitigungskosten entstehen. Es ist daher dringend davon abzuraten, eigenmächtig einen Kammerjäger zu beauftragen. Stattdessen sollte der Vermieter über den Befall informiert und ihm eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt werden. Nur so kann im Vorfeld geklärt werden, wer für die Kosten aufkommen muss und der Vermieter erhält die Gelegenheit, selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Umlagefähigkeit als Betriebskosten: Auf die Regelmäßigkeit kommt es an!
Trotz der grundsätzlichen Zuständigkeit des Vermieters für die Mangelbeseitigung können Kosten der Schädlingsbekämpfung unter bestimmten Voraussetzungen auf die Mieter umgelegt werden. Dies geschieht über die jährliche
Nebenkostenabrechnung. Die erste Voraussetzung dafür ist eine wirksame
mietvertragliche Vereinbarung. Entweder müssen die Kosten für die Ungezieferbekämpfung explizit im Mietvertrag als umlagefähige Position genannt sein, oder der Vertrag muss pauschal auf die
Betriebskostenverordnung (BetrKV) verweisen.
Die entscheidende materielle Voraussetzung findet sich in
§ 2 Nr. 9 BetrKV. Dort werden die „
Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung“ als potenziell umlagefähige Betriebskosten aufgeführt. Der Begriff der Betriebskosten ist jedoch gesetzlich definiert als Kosten, die dem Eigentümer durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes laufend entstehen. Aus diesem Merkmal der Regelmäßigkeit leitet die Rechtsprechung die zentrale Abgrenzung ab:
Umlagefähig sind ausschließlich die Kosten für regelmäßige, wiederkehrende und vorbeugende (prophylaktische) Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung. Hierzu zählt beispielsweise das regelmäßige Auslegen von Mäuseködern im Keller oder die präventive Behandlung von Gemeinschaftsflächen gegen einen bekannten, wiederkehrenden Schädlingsdruck, etwa aufgrund der Lage des Hauses an einem Gewässer. Der Begriff „laufend“ bedeutet dabei nicht zwangsläufig, dass die Kosten jedes Jahr anfallen müssen. Auch Maßnahmen, die in einem Turnus von mehreren Jahren stattfinden, können als umlagefähig anerkannt werden, solange sie Teil eines regelmäßigen Bekämpfungskonzepts sind (vgl. AG Köln, 16.12.1992 - Az: 203 C 483/92).
Nicht als Betriebskosten umlagefähig sind hingegen die Kosten für einmalige, akute Bekämpfungsmaßnahmen, die aufgrund eines konkreten Befalls notwendig werden. Solche Einsätze gelten als Instandhaltungs- bzw. Mängelbeseitigungsmaßnahmen und sind daher vom Vermieter zu tragen. Klassische Beispiele hierfür sind die Entfernung eines einzelnen Wespennestes (vgl. AG Freiburg, 09.06.1993 - Az: 5 C 1738/93), die akute Bekämpfung von Ameisen oder die Beseitigung eines plötzlichen Kakerlakenbefalls (AG Oberhausen, 13.09.1996 - Az: 32 C 358/96).
Beschränkung auf Gemeinschaftsflächen
Eine weitere wichtige Einschränkung für die Umlagefähigkeit ist, dass die präventiven Maßnahmen sich auf die von allen Mietern gemeinschaftlich genutzten Flächen und Gebäudeteile beziehen müssen. Nur dann ist es gerechtfertigt, die Kosten auf die gesamte Mieterschaft zu verteilen. Zu diesen Gemeinschaftsflächen zählen unter anderem das Treppenhaus, Flure, Kellergänge, Dachböden, Waschküchen sowie Außenanlagen wie Zugänge und gemeinschaftlich genutzte Höfe.
Die Kosten für eine gezielte Schädlingsbekämpfung, die ausschließlich innerhalb einer einzelnen Wohnung stattfindet, dürfen demnach nicht über die Betriebskosten auf alle Mieter umgelegt werden (LG München I, 05.12.2000 - Az:
20 S 19147/00). Dies gilt selbst dann, wenn der Befall in einer Wohnung auf einen als unsauber bekannten Mieter zurückzuführen ist. Die Kosten für die Bekämpfung in solchen „Problemwohnungen“ können nicht der Allgemeinheit zur Last gelegt werden, sondern sind entweder vom Vermieter als Mangelbeseitigung oder, bei Verschulden, vom verursachenden Mieter direkt zu tragen (AG Hamburg, 15.08.2001 - Az:
45 C 35/01).
Wer trägt die Kosten bei einmaligem Befall?
Ist eine Umlage als Betriebskosten ausgeschlossen, weil es sich um eine einmalige Maßnahme handelt, verbleibt die Frage, ob der Vermieter oder der betroffene Mieter die Rechnung des Kammerjägers bezahlen muss. Grundsätzlich bleibt es dabei, dass der Vermieter im Rahmen seiner
Instandhaltungspflicht die Kosten trägt.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht jedoch, wenn der Mieter den Schädlingsbefall nachweislich selbst verursacht oder begünstigt hat. Dies kann durch mangelnde Hygiene, unsachgemäße Lagerung von Lebensmitteln, regelmäßige Fütterung von Vögeln auf dem Balkon, die Ratten anlockt, oder die unsachgemäße Entsorgung von Müll geschehen. In einem solchen Fall muss der Mieter für die Kosten der Beseitigung aufkommen.
Die Schwierigkeit liegt in der Praxis jedoch häufig in der Beweislast. Grundsätzlich muss der Vermieter beweisen, dass die Ursache des Befalls allein aus der Sphäre des Mieters stammt. Kann die Ursache nicht zweifelsfrei geklärt werden, verbleibt die Kostentragungspflicht beim Vermieter. Die Rechtsprechung hat hierzu jedoch eine differenzierte Beweislastverteilung entwickelt. Zunächst muss der Vermieter darlegen und beweisen, dass keine Ursachen aus seinem Verantwortungsbereich, wie etwa bauliche Mängel, für den Befall verantwortlich sind. Gelingt ihm dieser Nachweis und spricht gleichzeitig ein erster Anschein dafür, dass der Schädling durch den Mieter eingeschleppt wurde – etwa bei Vorratsschädlingen in einer ansonsten mängelfreien Wohnung –, kann sich die Beweislast umkehren. Dann obliegt es dem Mieter nachzuweisen, dass er den Befall nicht zu vertreten hat (vgl. LG Hamburg, 04.07.2000 - Az:
307 S 17/00).
Sonderfälle in der Praxis
Im Mietalltag treten immer wieder besondere Konstellationen auf, die einer gesonderten Betrachtung bedürfen. So ist etwa die Bekämpfung von Bettwanzen ein zunehmendes Problem. Obwohl diese Parasiten fast immer von den Bewohnern, beispielsweise aus einem Urlaub, eingeschleppt werden, stellt dies in der Regel kein schuldhaftes Verhalten dar. Daher ist meist der Vermieter für die Beseitigung verantwortlich.
Ein anderer Fall betrifft unter Naturschutz stehende Tiere wie Schwalben. Deren Nester dürfen nicht entfernt werden. Die von ihnen möglicherweise eingeschleppten Parasiten wie Schwalbenwanzen müssen jedoch bekämpft werden. Da dies eine regelmäßig wiederkehrende, vorbeugende Maßnahme darstellt, können die Kosten hierfür als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden.
Kosten für die Bekämpfung von echtem Hausschwamm oder Holzbockkäfern sind hingegen nie umlagefähig. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen der Instandsetzung, die tief in die Bausubstanz eingreifen und somit eindeutig vom Vermieter zu tragen sind.
Überprüfung der Nebenkostenabrechnung
Erscheint in der Nebenkostenabrechnung ein Posten für Schädlingsbekämpfung, ist eine genaue
Prüfung ratsam. Fehlerhafte Umlagen können für Mieter mit erheblichen Kosten verbunden sein. Mietern steht das Recht zu, die der Abrechnung zugrunde liegenden Originalbelege und Verträge
einzusehen, um die Rechtmäßigkeit der Umlage zu überprüfen. Diese Belegeinsicht muss in den Geschäftsräumen des Vermieters oder der Verwaltung erfolgen, wobei es Mietern gestattet ist, Fotos oder Scans der Dokumente anzufertigen. Aus den Rechnungen sollte hervorgehen, ob es sich um eine einmalige Akutmaßnahme oder um eine regelmäßige, präventive Dienstleistung gehandelt hat.