Schnell, sicher, preiswert: ➠ Unterhaltsberechnung über AnwaltOnlineDie Finanzierung eines Studiums stellt für viele Familien eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Grundsätzlich sind Eltern verpflichtet, ihren Kindern eine angemessene Berufsausbildung zu finanzieren und ihnen somit den Weg in ein eigenständiges Leben zu ebnen. Doch was geschieht, wenn das Studium nicht in der vorgesehenen Zeit abgeschlossen wird? Die Frage, ob und wie lange
Unterhalt gezahlt werden muss, wenn das Kind das Studium scheinbar verzögert, führt schnell zu Konflikten zwischen Eltern und ihren studierenden Kindern.
Eltern sind zur Ausbildungsfinanzierung verpflichtet
Die Verpflichtung der Eltern, ihrem Kind eine Berufsausbildung zu finanzieren, ergibt sich aus den §§ 1601 ff. BGB in Verbindung mit
§ 1610 Abs. 2 BGB. Danach umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Hat das Kind beispielsweise das Abitur erlangt, so stellt ein Hochschulstudium in der Regel eine solche angemessene Ausbildung dar. Angemessen ist eine Ausbildung, die der Begabung, den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht. Die Eltern schulden die Finanzierung einer optimalen, begabungsbezogenen Berufsausbildung, soweit ihnen dies wirtschaftlich zumutbar ist. Diese Pflicht besteht für die Dauer der Erstausbildung fort.
Kinder sind zu Zielstrebigkeit und Fleiß verpflichtet
Die Unterhaltspflicht der Eltern ist jedoch keine Einbahnstraße. Ihr steht die Obliegenheit des Kindes gegenüber, die Ausbildung mit dem gebotenen Fleiß und der notwendigen Zielstrebigkeit zu betreiben. Das Kind ist verpflichtet, die Ausbildung so zu gestalten, dass sie innerhalb eines angemessenen und üblichen Zeitrahmens beendet werden kann. Diese Mitwirkungspflicht des Kindes ist die entscheidende Voraussetzung für den fortbestehenden Unterhaltsanspruch. Vernachlässigt das Kind seine Ausbildung vorwerfbar, kann dies zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen. Dies bedeutet, dass ein sogenanntes „Bummelstudium“ nicht von den Eltern finanziert werden muss. Ist ersichtlich, dass das Studium nicht ernsthaft betrieben wird, können die Unterhaltszahlungen eingestellt werden (vgl. OLG Köln, 19.08.1997 - Az:
4 UF 42/97).
Regelstudienzeit als Orientierungsmaßstab
Ein wesentlicher Anhaltspunkt zur Bestimmung der angemessenen Ausbildungsdauer ist die in der jeweiligen Studienordnung festgelegte Regelstudienzeit. Die Förderungshöchstdauer nach dem BAföG kann ebenfalls als Orientierung dienen. Allerdings hat die Rechtsprechung wiederholt klargestellt, dass diese Vorgaben den privatrechtlichen Unterhaltsanspruch nicht starr begrenzen (vgl. OLG Schleswig, 30.09.2002 - Az:
13 WF 48/02). Uneingeschränkt besteht die Unterhaltspflicht jedoch nur während der Regelstudienzeit (vgl. LG Hamburg, 13.05.1997 -
313 S 91/97).
In der Praxis wird von den Gerichten anerkannt, dass ein Studium nicht immer idealtypisch verläuft. Daher wird Studenten in der Regel eine gewisse Toleranzzeit zugestanden. Als üblicher Rahmen für die Dauer der Unterhaltspflicht gilt im Allgemeinen die Regelstudienzeit zuzüglich einer Verlängerung von bis zu zwei Semestern sowie der anschließenden Prüfungszeit (vgl. OLG Celle, 22.01.2001 - Az:
12 UF 205/00). Vorübergehende Verzögerungen, die beispielsweise durch eine Krankheit oder eine kurzzeitige Leistungsschwäche bedingt sind, müssen unterhaltspflichtige Eltern hinnehmen.
Anerkannte Gründe für eine längere Studiendauer
Nicht jede Überschreitung der Regelstudienzeit stellt sofort ein pflichtwidriges „Bummeln“ dar. Es gibt eine Reihe von Gründen, die eine längere Studiendauer rechtfertigen können, ohne dass der Unterhaltsanspruch erlischt.
Ein Studienfachwechsel stellt insbesondere in der Anfangsphase des Studiums einen solchen anerkannten Grund dar. Eine Neuorientierung nach ein oder zwei Semestern wird von der Rechtsprechung als unschädlich angesehen, da von einem jungen Menschen nicht erwartet werden kann, von Anfang an die richtige Entscheidung für sein gesamtes Berufsleben zu treffen. Ein Studienfachwechsel innerhalb des ersten Semesters ist daher zulässig und verlängert die Ausbildungszeit nicht unangemessen (vgl. OLG Celle, 22.01.2001 - Az:
12 UF 205/00). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein artverwandtes Studium handelt (vgl. OLG Celle, 22.02.2002 - Az:
18 UF 170/01).
Auch Auslandssemester oder studienbegleitende Praktika rechtfertigen eine längere Studiendauer, sofern sie sachlich begründet sind und der Ausbildung dienen. So entschied das OLG Schleswig, dass Eltern im Falle eines Jurastudiums den Unterhalt nicht einstellen dürfen, wenn das Studium für zwei Auslandssemester unterbrochen wurde, der Student aber ansonsten alle erforderlichen Leistungsnachweise und Praktika vorweisen kann. Ein Bummelstudium liegt in einem solchen Fall nicht vor, insbesondere wenn die tatsächliche durchschnittliche Studiendauer in dem betreffenden Fach ohnehin über der Regelstudienzeit liegt (OLG Schleswig, 30.09.2002 - Az:
13 WF 48/02).
Selbst eine erhebliche Überschreitung der Regelstudienzeit führt nicht zwingend zum Verlust des Unterhaltsanspruchs, wenn sie auf sachlichen Gründen beruht, die dem Kind nicht vorwerfbar sind. Das OLG Koblenz hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Studentin sich nach 16 Semestern bei einer Regelstudienzeit von 8 Semestern immer noch im Studium befand. Dennoch bejahte das Gericht den Unterhaltsanspruch, da die Verzögerung auf einem notwendigen Wechsel des Studienortes, gehäuften Infekten und einer daraus resultierenden Kurmaßnahme beruhte. Zudem konnte die Studentin durchweg sehr gute Studienleistungen und sinnvolle Praktika nachweisen, was gegen die Annahme einer vorwerfbaren Vernachlässigung des Studiums sprach (OLG Koblenz, 04.11.2002 - Az:
13 UF 242/02).
Kontroll- und Informationsrechte der Eltern
Da die Eltern die Ausbildung finanzieren, steht ihnen auch ein gewisses Kontrollrecht zu. Sie können von ihrem Kind verlangen, über den Fortgang der Ausbildung
informiert zu werden. Dies geschieht in der Regel durch die Vorlage von Leistungsnachweisen, Scheinen oder Immatrikulationsbescheinigungen.
Kommt das Kind dieser Informationspflicht nicht nach, führt dies jedoch nicht automatisch zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs. Der Anspruch ist nicht verwirkt. Den Eltern steht in einem solchen Fall jedoch ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Unterhaltszahlungen zu. Sie können die Zahlungen also so lange verweigern, bis die entsprechenden Nachweise vorgelegt werden (vgl. OLG Celle, 22.01.2001 - Az:
12 UF 205/00). Es ist den Eltern nicht zuzumuten, „ins Blaue hinein“ zu zahlen, ohne einen Einblick in die Studienbemühungen des Kindes zu haben.
Konsequenzen eines echten Bummelstudiums
Liegt hingegen ein tatsächliches, vorwerfbares Bummelstudium vor, hat dies gravierende Folgen für den Unterhaltsanspruch. Wenn das Kind die Ausbildung nicht mit dem nötigen Nachdruck und Erfolg betreibt, entfällt die Grundlage für die Unterhaltspflicht der Eltern. Ein Indiz hierfür kann eine erhebliche Überschreitung der Regelstudienzeit ohne triftige Gründe sein, das wiederholte Nichtbestehen von Prüfungen oder die fehlende Erbringung von Leistungsnachweisen über einen längeren Zeitraum.
In einem solchen Fall sind die Eltern berechtigt, die Unterhaltszahlungen einzustellen. Das Kind muss dann darlegen und beweisen, dass die Verzögerungen nicht auf seinem Verschulden beruhen. Gelingt ihm das nicht, ist es auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherung seines eigenen Lebensunterhalts zu verweisen. Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt dann endgültig. Bei der Bewertung kommt es jedoch auf den konkreten Einzelfall an, wobei stets die Ursachen für die Verzögerung und die bisherigen Leistungen des Studenten zu berücksichtigen sind. Nur wenn sich das Gesamtbild einer nachhaltigen und vorwerfbaren Vernachlässigung des Studiums ergibt, ist die Einstellung der Unterhaltszahlungen gerechtfertigt.