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Wie wirkt sich ein Nießbrauchsrecht an Immobilien aus?

Familienrecht | Lesezeit: ca. 16 Minuten

Das Nießbrauchsrecht, gesetzlich in § 1030 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert, ist ein weitreichendes Nutzungsrecht an einer fremden Sache. Es gewährt dem Berechtigten, dem sogenannten Nießbraucher, die Befugnis, sämtliche Nutzungen aus der Sache zu ziehen. Im Zusammenhang mit Immobilien bedeutet dies in der Regel das Recht, ein Grundstück oder eine Wohnung selbst zu bewohnen oder zu vermieten und die Mieteinnahmen für sich zu behalten. Damit geht der Nießbrauch deutlich über ein reines Wohnrecht hinaus, das lediglich zur eigenen Nutzung der Räumlichkeiten berechtigt. In der Praxis wird der Nießbrauch häufig im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge eingesetzt, um Vermögen bereits zu Lebzeiten zu übertragen, während sich der Übergeber die wirtschaftliche Nutzung bis zu seinem Tod vorbehält.

Entstehung, Übertragung und Beendigung des Nießbrauchs

Die Einräumung eines Nießbrauchs an einem Grundstück bedarf, wie bei Immobiliengeschäften üblich, einer notariellen Beurkundung der Einigung zwischen Eigentümer und Nießbraucher sowie der anschließenden Eintragung des Rechts in Abteilung II des Grundbuchs. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Hauptformen: den Vorbehaltsnießbrauch und den Zuwendungsnießbrauch. Beim Vorbehaltsnießbrauch überträgt der Eigentümer sein Grundstück an eine andere Person (z.B. an sein Kind), behält sich aber selbst das lebenslange Nießbrauchsrecht vor. Beim Zuwendungsnießbrauch bleibt der Eigentümer unverändert, bestellt aber zugunsten einer dritten Person ein Nießbrauchsrecht an seiner Immobilie.

Das Nießbrauchsrecht ist ein höchstpersönliches Recht. Gemäß § 1059 BGB ist es nicht übertragbar und nicht vererblich. Es endet somit zwingend mit dem Tod des Berechtigten, wie in § 1061 BGB festgelegt. Zwar kann die Ausübung des Rechts einer anderen Person überlassen werden, der ursprüngliche Nießbraucher bleibt jedoch rechtlich in seiner Position. Diese Unübertragbarkeit ist ein zentrales Merkmal und unterscheidet den Nießbrauch von vielen anderen dinglichen Rechten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Konstellation des Grundstückserwerbs durch einen Minderjährigen, bei der gleichzeitig ein Nießbrauch für den Veräußerer bestellt wird. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass eine solche Belastung nicht der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf, wenn sie sich wirtschaftlich als Teil des Erwerbsvorgangs darstellt. Erwirbt der Minderjährige das Grundstück von vornherein nur in belasteter Form, stellt dies keine genehmigungspflichtige Verfügung über sein Vermögen dar (BGH, 11.03.2021 - Az: V ZB 127/19).

Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher

Das Gesetz regelt die Rechte und Pflichten zwischen Eigentümer und Nießbraucher detailliert. Der Nießbraucher ist zur umfassenden Nutzung und Fruchtziehung berechtigt, hat im Gegenzug aber die Pflicht, den wirtschaftlichen Bestand der Sache zu erhalten. Dies bedeutet, dass er für die gewöhnliche Unterhaltung und für Ausbesserungen sowie Erneuerungen im üblichen Rahmen verantwortlich ist (§ 1041 BGB). Außergewöhnliche Maßnahmen, wie beispielsweise eine komplette Dacherneuerung, fallen hingegen in die Verantwortung des Eigentümers.

Des Weiteren trägt der Nießbraucher die sogenannten gewöhnlichen öffentlichen Lasten, die auf der Sache ruhen, wie die Grundsteuer (§ 1047 BGB). Private Lasten, wie die Zinsen für Grundpfandrechte, muss er ebenfalls tragen.

Kommt es zu Auseinandersetzungen über die Betriebskosten, gelten die mietrechtlichen Grundsätze analog. So muss der Nießbraucher Einwendungen gegen eine Betriebskostenabrechnung innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Zugang erheben, wie es § 556 Abs. 3 BGB für Mieter vorsieht. Verweigert der Nießbraucher dem Ableseunternehmen den Zutritt zur Wohnung, um eine verbrauchsabhängige Abrechnung zu ermöglichen, so steht ihm ein Kürzungsrecht nach der Heizkostenverordnung nicht zu. Ein solches Verhalten wäre treuwidrig (LG München I, 24.01.2022 - Az: 15 O 17492/18).

Auswirkungen des Nießbrauchs im Mietrecht

Besondere praktische Relevanz hat der Nießbrauch bei vermieteten Immobilien. Vermietet der Nießbraucher die mit seinem Recht belastete Immobilie, so tritt nach seinem Tod und dem damit verbundenen Erlöschen des Nießbrauchs der Eigentümer gemäß § 1056 Abs. 1 BGB in den bestehenden Mietvertrag ein. Diese Vorschrift schützt den Mieter vor einem plötzlichen Verlust seines Besitzrechts und ist eine Parallele zur Regelung „Kauf bricht nicht Miete“ (§ 566 BGB).

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Stand: 03.09.2025
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Sehr weitergeholfen und auch im Nachgang noch mal geantwortet und weiter geholfen.
Vielen Dank.

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Ich bin Ihnen sehr dankbar über die rasche und konstruktive Beratung .
Mit herzlichen Grüßen
Dirk Beller

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