Online-Auktionen erfreuen sich großer Beliebtheit – insbesondere über bekannte Plattformen wie eBay, bei denen Gebote in digitaler Form abgegeben werden. Dabei stellt sich regelmäßig die Frage, welche rechtliche Bedeutung ein vom Anbieter festgelegtes Mindestgebot hat. Maßgeblich ist, unter welchen Bedingungen ein Vertrag zustande kommt und welche rechtlichen Wirkungen mit dem Mindestgebot verbunden sind.
Welche Grundsätze gelten eigentlich bei Online-Auktionen?
Bei
Online-Auktionen handelt es sich im rechtlichen Sinne nicht um klassische Versteigerungen gemäß § 156 BGB, sondern vielmehr um Angebote, die im Rahmen elektronischer Kommunikation unter bestimmten Bedingungen angenommen werden können. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei der Einstellung eines Artikels zum Sofortkauf oder zur Auktion ein rechtlich verbindliches Angebot des Anbieters vor, das auf den Abschluss eines
Kaufvertrags gerichtet ist.
Bei Auktionen gilt: Der Anbieter erklärt, den Artikel an denjenigen zu verkaufen, der innerhalb der Bietzeit das höchste
Gebot abgibt – vorausgesetzt, dieses Gebot entspricht bestimmten Voraussetzungen. Eine dieser Voraussetzungen kann ein Mindestgebot sein.
Der Verkäufer ist auch nicht berechtigt, sein Verkaufsangebot zurückzunehmen, weil er zwischenzeitlich den Kaufgegenstand anderweitig gewinnbringender verkauft hat (AG Menden, 24.08.2011 - Az:
4 C 390/10).
Funktion und Zweck des Mindestgebots
Ein Mindestgebot – auch als „Startpreis“ oder „Mindestpreis“ bezeichnet – legt den niedrigsten Preis fest, zu dem der Anbieter bereit ist, den Artikel zu verkaufen. Damit dient es in erster Linie dem Schutz des Anbieters vor einem Verkauf zu einem aus seiner Sicht unzureichenden Preis.
Im Unterschied zur klassischen Auktion in Präsenz, bei der ein Auktionator ein Mindestgebot mitteilen kann, wird bei Online-Auktionen der Mindestpreis im System hinterlegt. Nur wenn ein Gebot den Mindestpreis erreicht oder übersteigt, kann es überhaupt zu einem Vertragsschluss kommen.
Rechtlicher Charakter des Mindestgebots
Rechtlich handelt es sich beim Mindestgebot um eine Bedingung für das Zustandekommen des Vertrags. Wird diese Bedingung nicht erfüllt – also kein Gebot abgegeben, das den festgelegten Mindestpreis erreicht –, kommt kein Kaufvertrag zustande. Dies ergibt sich aus der rechtlichen Konstruktion des Angebots: Der Anbieter erklärt sich nur zum Verkauf bereit, wenn die Bedingung (Gebot mindestens in Höhe des Mindestpreises) erfüllt wird.
Dabei ist zu unterscheiden zwischen:
Offensichtlich sichtbaren Mindestgeboten (etwa bei eBay in Form des Startpreises): Hier ist für jeden potenziellen Bieter klar, welchen Mindestpreis er bieten muss, damit sein Gebot überhaupt berücksichtigt wird.
Verdeckten Mindestpreisen (z. B. bei eBay als „Mindestpreis“ hinterlegt, ohne dass dieser sichtbar ist): In diesem Fall gibt der Anbieter ein Mindestgebot vor, das intern hinterlegt ist. Gebote unterhalb dieses Betrags werden nicht zum Vertragsabschluss führen, auch wenn sie formal das höchste abgegebene Gebot sind.
In beiden Fällen ist das Mindestgebot eine bindende Bedingung für das Zustandekommen des Kaufvertrags. Ein Bieter kann aus einem nicht akzeptierten Gebot unterhalb des Mindestpreises keine Rechte herleiten.
Kein Vertrag bei Nichterreichen des Mindestpreises
Wurde bei eBay ein Verkaufsgegenstand unter Festsetzung eines Mindestpreises eingestellt, so kommt bei einem vorzeitigen
Auktionsabbruch und bei Auktionsende durch Zeitablauf dann kein Kaufvertrag mit dem zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden zustande, wenn der Mindestpreis noch nicht erreicht wurde (AG Neuwied, 08.07.2013 - Az:
42 C 430/13).
Wird der Mindestpreis nicht erreicht, besteht also auch kein Anspruch des Höchstbietenden auf Übereignung der Ware. Der Anbieter ist in diesem Fall nicht verpflichtet, den Artikel zu verkaufen – auch nicht zum höchsten unter dem Mindestgebot liegenden Preis. Der Vertrag kommt schlicht nicht zustande, weil die Angebotsbedingung nicht erfüllt wurde.
Dies gilt auch dann, wenn dem Höchstbietenden nicht bewusst war, dass ein verdeckter Mindestpreis existiert. Der Vertragsschluss ist in diesem Fall vom Eintritt einer Bedingung abhängig, die nicht eingetreten ist.
Niedriger Startpreis rechtfertigt keinen Auktionsabbruch
In der Praxis setzen Anbieter immer wieder sehr niedrige Startpreise als sichtbares Mindestgebot fest, ohne einen separaten Mindestpreis zu hinterlegen. Wer etwa einen Gebrauchtwagen mit einem Startgebot von 1 Euro einstellt, ohne einen Mindestpreis festzulegen, erklärt damit ein verbindliches Verkaufsangebot zu diesen Bedingungen. Geht in diesem Fall nur ein Gebot über 1 Euro ein und läuft die Auktion aus, kommt ein Vertrag zu diesem Preis zustande. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Kaufvertrag dann nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig ist (BGH, 12.11.2014 - Az:
VIII ZR 42/14).
Denn bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB.
Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem „Schnäppchenpreis“ zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen.
Dem Startpreis ist angesichts der Besonderheiten einer Internetauktion im Hinblick auf den Wert des angebotenen Gegenstandes grundsätzlich kein Aussagegehalt zu entnehmen. Denn der bei Internetauktionen erzielbare Preis ist von dem Startpreis völlig unabhängig, da er aus den Maximalgeboten der Interessenten gebildet wird, so dass auch Artikel mit einem sehr geringen Startpreis einen hohen Endpreis erzielen können, wenn mehrere Bieter bereit sind, entsprechende Beträge für den Artikel zu zahlen (BGH, 28.03.2012 - Az:
VIII ZR 244/10).
Die Preisgestaltung beruht auf den freien Entscheidungen des Verkäufers, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen ist. Er ist in diesem Fall auch nicht zum Auktionsabbruch berechtigt, wenn die Auktion für ihn ungünstig läuft - vielmehr verwirklicht der Verkäufer durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion dieses Risiko.
Mindestgebot und der Sofortkauf
Bei vielen Online-Plattformen besteht die Möglichkeit, einen Artikel parallel zur Auktion auch mit einer „
Sofort-Kaufen“-Option zu versehen. Dabei handelt es sich um ein zusätzliches Angebot auf Abschluss eines Vertrags zu einem festen Preis, das unabhängig von der Auktion gilt, solange es nicht durch ein höheres Gebot erlischt oder vom Anbieter beendet wird.
Die Verknüpfung eines Mindestgebots mit einer Sofortkauf-Option führt zu einer doppelten Angebotslage: Während das Mindestgebot die untere Grenze für den Vertragsabschluss in der Auktion definiert, stellt die Sofortkauf-Option ein separates, sofort annehmbares Angebot dar. Wird die Auktion nicht durch ein ausreichendes Gebot abgeschlossen, kann dennoch ein Vertrag über die Sofortkauf-Funktion zustande kommen.
Gibt es Besonderheiten bei gewerblichen Verkäufern?
Mindestgebote müssen so gestaltet sein, dass sie nicht gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Eine Irreführung über den tatsächlichen Preis, zu dem der Artikel erhältlich ist, kann eine unzulässige geschäftliche Handlung darstellen.
Mindestgebot und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Die Regelungen der Plattformbetreiber zu Mindestgeboten sind regelmäßig Bestandteil der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die zwischen Anbieter und Plattform, aber auch zwischen Anbieter und Bieter gelten. Die Ausgestaltung dieser Bedingungen kann entscheidend dafür sein, wie das Mindestgebot im Einzelfall zu bewerten ist.
Plattformen wie eBay stellen in ihren AGB klar, dass das Einstellen eines Artikels mit einem verdeckten Mindestpreis kein vollständiges Angebot zum Verkauf darstellt, sondern nur unter Vorbehalt der Erreichung dieses Preises steht. Rechtlich handelt es sich damit um ein sogenanntes „invitatio ad offerendum“ mit bindender Annahme unter Bedingung.
Unklare Regelungen zulasten des Verbrauchers können unwirksam sein.
Kann ein Mindestpreis nur in der Beschreibung festgelegt werden?
Wird ein Mindestpreis lediglich im
Beschreibungstext angegeben, aber nicht technisch durchgesetzt, besteht das Risiko, dass trotz dieser Angabe ein wirksamer Vertrag zu einem niedrigeren Preis zustande kommt. In diesem Fall ist entscheidend, ob die Angabe als verbindliche Vertragsbedingung verstehen musste.