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Anlage eines offenen Treuhandkontos durch Behindertentestaments-Vollstreckerin

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 18 Minuten

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Durch die Anlageform eines offenen Treuhandkontos verstößt eine aufgrund eines Behindertentestaments (in Form des Vor- und Nachvermächtnissen in Verbindung mit einer Dauertestamentsvollstreckung) eingesetzte Testamentsvollstreckerin nicht gegen ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses gegenüber dem behinderten Vorvermächtnisnehmer. Sie überschreitet nicht die Grenze des pflichtgemäßen Ermessens, denn die Anlage in einem offenen Treuhandkonto begründet weder nicht mehr abwägbare Risiken noch ist darin eine absehbare Schädigung zu sehen.

Hierzu führte das Gericht aus:

1. Der Testamentsvollstrecker hat gemäß § 2203 BGB die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen. Er hat den Nachlass in Besitz zu nehmen und dann insbesondere für die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten sowie die Erfüllung oder Sicherstellung von Vermächtnissen und Auflagen zu sorgen. Gemäß § 2223 BGB kann der Erblasser einen Testamentsvollstrecker auch zu dem Zwecke ernennen, dass dieser für die Ausführung der einem Vermächtnisnehmer auferlegten Beschwerungen sorgt. Wird eine Dauervollstreckung gemäß § 2209 BGB in Bezug auf den Vermächtnisgegenstand angeordnet, hat der Testamentsvollstrecker diejenigen Rechte des Testamentsvollstreckers, die dieser in Bezug auf den Nachlass hat, wenn er den gesamten Nachlass verwaltet. Er kann also auf die Dauer der Testamentsvollstreckung den Vermächtnisgegenstand in Besitz nehmen, verwalten und hierüber verfügen. Eine Dauervollstreckung über den Vermächtnisgegenstand ist nach herrschender Meinung zulässig.

Nach § 2216 BGB ist der Testamentsvollstrecker – soweit er zur Verwaltung des Nachlasses berechtigt ist – auch zu dessen ordnungsmäßiger Verwaltung verpflichtet. Die Pflicht des Testamentsvollstreckers zur ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses besteht gegenüber den Erben beziehungsweise den Vermächtnisnehmern (vgl. §§ 2219, 2223 BGB), die den Testamentsvollstrecker auf Erfüllung dieser Verpflichtung verklagen können.

a) Was unter „ordnungsmäßiger Verwaltung“ zu verstehen ist, richtet sich nach den letztwilligen Anordnungen des Erblassers, nach dem Zwecke der Verwaltung und nach den Umständen des einzelnen Falls. Der Begriff der Ordnungsmäßigkeit ist in erster Linie ein objektiver, so dass selbst eine von persönlichen Interessen des Testamentsvollstreckers geleitete Verwaltung nicht ordnungswidrig ist, wenn er bei pflichtmäßiger Einstellung so hätte handeln dürfen, wie er es getan hat.

Zu den Pflichten des Testamentsvollstreckers nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung gemäß § 2216 BGB gehört es, das ihm anvertraute Vermögen zu sichern und zu erhalten, Verluste zu verhindern und Nutzungen zu gewährleisten. Dabei muss er Möglichkeiten zu besserem Erfolg wahrnehmen und ist zu Kontrollmaßnahmen verpflichtet, um rechtzeitig drohenden Gefahren und Verlusten zu begegnen.

Zu berücksichtigen ist aber auch, dass der Testamentsvollstrecker in eigener Verantwortung weitgehend nach seinem Ermessen entscheidet. Er handelt erst dann pflichtwidrig, wenn er die Grenze seines Ermessens überschreitet. Dabei wird die Grenze der objektiven Handlungsmaßstäbe insbesondere dort erreicht, wo die Struktur des Nachlasses eine besondere Eigeninitiative des Testamentsvollstreckers erfordert; hier ist ein Ermessensspielraum anzuerkennen, innerhalb dessen eine ordnungsmäßige Verwaltung möglich ist, ohne dass es auf die objektiv günstigste Maßnahme ankommt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbietet es sich daher insbesondere bei Anlageentscheidungen des verwaltenden Testamentsvollstreckers, die Grenzen der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung bereits dort zu ziehen, wo der sogenannte „sicherste Weg verlassen wird“. Das Gesetz schreibt, wo es den Gesichtspunkt der Sicherheit ganz in den Vordergrund rückt, sogenannte mündelsichere Anlagen vor. Das gilt etwa für den Vormund und auch im Erbrecht gibt es eine derartige Anlagevorschrift für den Vorerben, § 2119 BGB, nicht jedoch für den Testamentsvollstrecker. Eine äußerste Grenze des Ermessens des Testamentsvollstreckers bildet § 2205 S. 3 BGB, der dem Testamentsvollstrecker unentgeltliche (und nicht voll entgeltliche) Verfügungen grundsätzlich verbietet. Das Kriterium der Ordnungsmäßigkeit im Sinne von § 2216 BGB findet daher seine Linie in den angemessenen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit. Die Ermessensgrenze wird demnach insbesondere bei absehbaren Schädigungen des Nachlasses und bei nicht mehr abwägbaren Risiken erreicht sein.

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