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Asylantrag in Deutschland: Der Weg durch das Verfahren

Ausländerrecht | Lesezeit: ca. 18 Minuten

Menschen, die in Deutschland um Schutz nachsuchen, haben einen Anspruch auf ein rechtsstaatliches und faires Asylverfahren. Dieses Verfahren ist klar strukturiert und gliedert sich im Wesentlichen in drei Phasen: die Registrierung und Antragstellung, die persönliche Anhörung zu den Fluchtgründen und die abschließende Entscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Jeder dieser Schritte unterliegt genauen Regelungen, die den Ablauf und die Rechte sowie Pflichten der Schutzsuchenden definieren.

Das Asylgesuch nach der Einreise

Unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland kann eine Person bei jeder staatlichen Stelle den Wunsch äußern, Asyl zu beantragen. Dies wird als Asylgesuch oder Asylbegehren bezeichnet und stellt noch keinen formellen Asylantrag dar. Eine solche Äußerung kann beispielsweise direkt bei der Bundespolizei an der Grenze, aber auch im Inland bei der Landespolizei, einer Ausländerbehörde oder unmittelbar bei einer Dienststelle des BAMF erfolgen. 

Auf das Asylgesuch folgt die Registrierung der schutzsuchenden Person. Dabei nehmen die Behörden die persönlichen Daten auf, fertigen Lichtbilder an und erfassen bei Personen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, auch die Fingerabdrücke. Diese Fingerabdrücke werden in der europäischen EURODAC-Datenbank gespeichert und abgeglichen, um zu überprüfen, ob die betreffende Person bereits in einem anderen europäischen Staat einen Asylantrag gestellt hat oder dort registriert wurde. Im Anschluss an die Registrierung wird den Asylsuchenden oft eine Anlaufbescheinigung oder ein Ankunftsnachweis ausgestellt. Mit diesem Dokument wird der Aufenthalt im Bundesgebiet bis zur formellen Antragstellung als gestattet betrachtet.

Unterbringung und Verteilung: Die Erstaufnahmeeinrichtungen

Nach der Registrierung erfolgt die Zuweisung zu einer Erstaufnahmeeinrichtung. Die Verteilung der Asylsuchenden auf die einzelnen Bundesländer wird durch ein computergestütztes System namens EASY (Erstverteilung von Asylbegehrenden) gesteuert, das eine festgelegte Quote berücksichtigt. Diese Quote orientiert sich unter anderem an der Bevölkerungszahl und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Länder. In vielen dieser Einrichtungen, die je nach Bundesland auch als Ankunftszentren oder AnkER-Zentren bezeichnet werden, unterhält das BAMF eine Außenstelle, um die Verfahren zu beschleunigen.

Bei der Verteilung und Unterbringung ist der Grundsatz der Familieneinheit zu wahren. Enge Familienmitglieder, die sich bereits in Deutschland aufhalten, sollen grundsätzlich nicht getrennt werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, das Vorhandensein solcher Familienangehöriger so früh wie möglich im Verfahren anzugeben, um eine entsprechende Zuweisung zu erwirken oder einen Antrag auf Umverteilung nach § 51 Asylgesetz (AsylG) zu stellen.

Versorgung und Leistungen für Asylsuchende

Während des Aufenthalts in den Aufnahmeeinrichtungen sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, materielle Leistungen zu gewähren, die einen angemessenen Lebensstandard sicherstellen. Diese Leistungen müssen die Grundbedürfnisse, einschließlich einer Unterkunft, decken und die physische sowie psychische Gesundheit der Personen schützen. Ein Mitgliedstaat kann sich seiner Pflicht zur Deckung dieser Grundbedürfnisse auch nicht unter Berufung auf einen unvorhersehbaren und massiven Zustrom von Schutzsuchenden entziehen (vgl. EuGH, 01.08.2025 - Az: C-97/24). Selbst wenn die üblicherweise verfügbaren Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft sind, müssen die Staaten die Grundbedürfnisse unter allen Umständen gewährleisten, notfalls durch alternative Maßnahmen wie Geldleistungen oder Gutscheine. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann eine Schadensersatzhaftung des betreffenden Staates begründen.

Formelle Antragstellung beim BAMF

Der eigentliche Asylantrag muss grundsätzlich persönlich bei einer zuständigen Außenstelle des BAMF gestellt werden. Lediglich in Ausnahmefällen, etwa wenn eine Person bereits über einen gültigen Aufenthaltstitel für mehr als sechs Monate verfügt und nicht in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen muss, ist eine schriftliche Antragstellung zulässig. Bei der persönlichen Antragstellung werden, oft mit Unterstützung von Sprachmittlern, alle für das Verfahren relevanten Angaben erfasst. Zudem werden die Antragstellenden über ihre Rechte und Pflichten informiert und müssen alle vorhandenen Dokumente und Unterlagen zur Überprüfung ihrer Identität vorlegen. Mit der formellen Antragstellung wird der Ankunftsnachweis durch die sogenannte Aufenthaltsgestattung ersetzt, welche den Aufenthalt für die Dauer des Asylverfahrens legitimiert.

Dublin-Prüfung: Welcher Staat ist zuständig?

Nach der Antragstellung prüft das BAMF zunächst, ob Deutschland überhaupt für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Prüfung erfolgt auf Grundlage der sogenannten Dublin-III-Verordnung. Diese europäische Regelung legt fest, dass für jedes Asylverfahren immer nur ein einziger Mitgliedstaat der EU (sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz) zuständig sein kann. Kriterien für die Zuständigkeit sind beispielsweise die nachgewiesene unerlaubte Einreise in einen anderen Staat, die Erteilung eines Visums durch einen anderen Staat oder die Anwesenheit von nahen Familienangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat. Stellt das BAMF fest, dass ein anderer Staat zuständig ist, wird der in Deutschland gestellte Antrag als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung in den zuständigen Staat angeordnet. Diese Überstellung muss grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten erfolgen, nachdem der andere Staat zugestimmt hat. Gegen eine solche Entscheidung kann gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden.

Die persönliche Anhörung

Ist Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig, folgt der wichtigste Termin des gesamten Verfahrens: die persönliche Anhörung. Dieser Termin bietet die Gelegenheit, die individuellen Fluchtgründe persönlich und ausführlich darzulegen. Eine sorgfältige Vorbereitung ist daher unerlässlich, wobei Beratungsstellen und Rechtsanwälte Unterstützung leisten können.

In der Anhörung, die von geschulten Entscheidern des BAMF durchgeführt wird, sollen die Asylsuchenden ihre persönliche Furcht vor Verfolgung schildern und erklären, welche Gefahren ihnen in ihrem Herkunftsland drohen. Eine klare, zusammenhängende und widerspruchsfreie Schilderung der Ereignisse ist von entscheidender Bedeutung für die Glaubhaftigkeit des Vorbringens. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung. Es genügt nicht die bloße Möglichkeit einer Verfolgung ; vielmehr muss das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit des Vortrags gewinnen (vgl. BVerwG, 16.04.1985 – Az: 9 C 109/85). Widersprüche, Detailarmut oder eine Steigerung des Vortrags im Verfahrensverlauf können die Glaubhaftigkeit erschüttern (vgl. VGH Bayern, 19.04.2021 – Az: 11 B 19.30575).

Die Anhörung ist nicht öffentlich; die Teilnahme von Rechtsanwälten oder anderen Vertrauenspersonen ist jedoch nach Absprache möglich. Das gesamte Gespräch wird protokolliert und am Ende in die Muttersprache des Antragstellenden zurückübersetzt. Dieses Protokoll sollte sorgfältig geprüft werden, bevor es unterschrieben wird.

Das unentschuldigte Nichterscheinen zur Anhörung hat gravierende Folgen. Das Gesetz vermutet in einem solchen Fall, dass der Antragsteller das Verfahren nicht mehr betreiben möchte, was zur Einstellung des Verfahrens nach § 33 AsylG führt. Diese Vermutung kann nur widerlegt werden, wenn innerhalb eines Monats nachgewiesen wird, dass das Fernbleiben auf Umstände zurückzuführen war, die der Antragsteller nicht zu vertreten hatte (vgl. VG Bayreuth, 06.06.2025 - Az: B 8 K 23.30730). Hierfür genügt eine einfache Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht; es bedarf in der Regel eines qualifizierten ärztlichen Attests, das die Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit bestätigt.

Entscheidung des BAMF: Schutzstatus oder Ablehnung

Auf Grundlage der Anhörung und der vorliegenden Informationen erlässt das BAMF einen schriftlichen Bescheid. Dieser entscheidet darüber, ob und welcher Schutzstatus gewährt wird. Die möglichen Schutzformen sind:

Asylberechtigung nach Art. 16a Grundgesetz

Dieser Schutz wird Personen gewährt, die politisch verfolgt werden. Da die Einreise nach Deutschland in der Regel über sichere Drittstaaten erfolgt, kommt dieser Status in der Praxis nur noch selten zur Anwendung.

Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG

Dies ist der international anerkannte Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Er wird gewährt, wenn eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe besteht. Als soziale Gruppe gelten beispielsweise auch homosexuelle Personen, wenn ihnen im Herkunftsland aufgrund ihrer Orientierung Kriminalisierung oder erhebliche Diskriminierungen drohen (vgl. VG München, 28.04.2025 - Az: M 26a K 24.30848). Es kann dabei nicht verlangt werden, dass Betroffene ihre sexuelle Orientierung verbergen, um einer Verfolgung zu entgehen. Rein wirtschaftliche Notlagen oder private Schulden begründen hingegen keinen Flüchtlingsschutz. ·

Subsidiärer Schutz nach § 4 AsylG

Dieser Schutz wird gewährt, wenn im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Darunter fallen die Verhängung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche Behandlung sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts. Auch die Gefahr von häuslicher Gewalt oder einer drohenden Zwangsverheiratung kann unter Umständen die Voraussetzungen für subsidiären Schutz erfüllen, wenn staatlicher Schutz hiergegen nicht gewährleistet ist. ·

Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG

Liegt keine der vorgenannten Schutzformen vor, wird geprüft, ob andere Gründe einer Abschiebung entgegenstehen. Dies kann der Fall sein, wenn die Abschiebung eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellen würde oder wenn im Zielstaat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Hürden hierfür sind jedoch sehr hoch; allgemeine schlechte humanitäre oder wirtschaftliche Bedingungen genügen in der Regel nicht (vgl. VG München, 02.05.2024 - Az: M 15 K 23.30664).

Ablehnung des Asylantrags

Fällt die Prüfung negativ aus, wird der Asylantrag abgelehnt. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen einer einfachen Ablehnung als „unbegründet“ und einer qualifizierten Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“.

Eine Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ erfolgt, wenn das Vorbringen des Antragstellers gravierende Mängel aufweist. Dies ist etwa der Fall, wenn der Antrag sich ausschließlich auf wirtschaftliche Gründe stützt (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) oder wenn die gemachten Angaben eindeutig unstimmig, widersprüchlich oder offensichtlich unwahr sind (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Allerdings darf die Behörde nicht vorschnell von einer offensichtlichen Unbegründetheit ausgehen. Werden neben nicht relevanten Gründen auch solche vorgetragen, die asylrechtlich erheblich sein können, scheidet eine solche Einstufung aus (vgl. VG München, 26.07.2024 - Az: M 28 S 24.31483). Das Offensichtlichkeitsurteil setzt voraus, dass an der Unrichtigkeit des Vortrags keinerlei vernünftige Zweifel bestehen (vgl. VG Würzburg, 10.10.2024 - Az: W 8 S 24.31970). Werden Widersprüche festgestellt, die nicht offenkundig sind, muss dem Antragsteller die Gelegenheit zur Aufklärung gegeben werden, bevor eine negative Entscheidung getroffen wird.

Rechtsmittel und gerichtlicher Schutz

Gegen einen ablehnenden Bescheid des BAMF kann Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Die Fristen hierfür sind sehr kurz und müssen unbedingt eingehalten werden. Wurde der Antrag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, hat eine Klage keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, die Ausreisepflicht bleibt bestehen und eine Abschiebung ist weiterhin möglich. Um dies zu verhindern, muss zusätzlich zur Klage ein Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt werden. Ein solcher Antrag hat Erfolg, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des BAMF-Bescheids bestehen (vgl. BVerfG, 14.05.1996 - Az: 2 BvR 1516/93).

Besondere Aspekte: Kindeswohl und sichere Herkunftsstaaten

Im gesamten Verfahren sind besondere Schutzbedarfe zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für Minderjährige. Das Kindeswohl hat einen hohen Stellenwert. Eine Abschiebungsandrohung gegen einen Elternteil kann unzulässig sein, wenn dies zu einer Trennung von seinem minderjährigen Kind führen würde, zu dem eine tatsächlich gelebte familiäre Beziehung besteht (vgl. VG München, 13.03.2024 - Az: M 31 K 23.32881).

Ein weiterer relevanter Aspekt ist das Konzept der „sicheren Herkunftsstaaten“. Stellt eine Person aus einem solchen Staat einen Antrag, kann dieser in einem beschleunigten Verfahren geprüft und abgelehnt werden. Die Einstufung eines Staates als sicher kann durch einen Gesetzgebungsakt erfolgen, muss aber einer wirksamen gerichtlichen Überprüfung zugänglich sein. Dabei müssen die Informationsquellen, auf denen die Einstufung beruht, sowohl dem Antragsteller als auch dem Gericht zugänglich gemacht werden, um eine faire Prüfung der Sicherheitsvermutung zu ermöglichen (vgl. EuGH, 01.08.2025 - Az: C-758/24, C-759/24).
Stand: 27.09.2025
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