Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG setzt eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen eines in der Norm genannten Merkmals voraus. Maßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung, die auf einer Gesamtwürdigung des individuellen Vortrags und der Lage im Herkunftsstaat beruht. Erforderlich ist ein schlüssiger, widerspruchsfreier und substantiiert vorgetragener Sachverhalt. Allein wirtschaftliche Not oder private Schulden begründen kein flüchtlingsrechtlich relevantes Risiko. Eine Verfolgung aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen liegt nicht vor, wenn der geltend gemachte Zusammenhang nicht glaubhaft gemacht oder nur in pauschaler Form behauptet wird. Bloße Beleidigungen oder vereinzelte Diskriminierungen erreichen nicht die für eine Verfolgung notwendige Intensität. Zudem ist eine inländische Fluchtalternative nach § 3e AsylG zu berücksichtigen, wenn der Betroffene in einem anderen Teil des Herkunftsstaats Schutz finden und seinen Lebensunterhalt sichern kann.
Die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor, wenn weder die Gefahr der Todesstrafe noch Folter oder unmenschliche Behandlung noch eine ernsthafte individuelle Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt in einem bewaffneten Konflikt drohen. Die allgemeine Situation in der Türkei begründet keine derartigen Risiken.
Auch nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK oder nach § 60 Abs. 7 AufenthG sind nicht gegeben. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK setzt eine tatsächliche Gefahr extremer materieller Not voraus, die die Befriedigung elementarster Bedürfnisse unmöglich macht. Hierbei ist auch auf eigene Erwerbstätigkeit, familiäre Unterstützung sowie mögliche Rückkehrhilfen abzustellen. Nur in außergewöhnlichen Fällen zwingt eine humanitäre Lage im Herkunftsstaat zu einem Abschiebungsverbot. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (z.B. BVerwG, 21.04.2022 - Az: 1 C 10/21; 27.04.2010 - Az: 10 C 5.09; 29.06.2010 - Az: 10 C 10.09) und des EuGH (19.03.2019 - Az: C-297/17 u.a.) ist hierfür ein sehr hohes Gefahrenniveau erforderlich. Auch die verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verlangt eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende Extremgefahr, die hier nicht festzustellen ist.