Die Kläger begehren die Aufhebung einer Tekturgenehmigung, die unter anderem die Errichtung einer grenzständigen Sichtschutzwand auf dem Nachbargrundstück vorsieht. Die Genehmigung stellt eine Änderung der ursprünglich bereits bestandskräftigen Baugenehmigung für den Umbau einer Doppelhaushälfte dar und wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt. Die Sichtschutzwand ist 5,50 m lang, ca. 20 cm breit und 3,90 m hoch. Sie verläuft teilweise entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze und überragt das erhöhte Terrassenniveau des Nachbargrundstücks. Die Kläger machten geltend, die Wand verschatte das eigene Grundstück und verstoße gegen Abstandsflächenregelungen, das Gebot der Rücksichtnahme und die örtliche Einfriedungssatzung.
Die Tekturgenehmigung ist als unselbständige Änderung der bestehenden Baugenehmigung einzustufen. Sie ändert das Vorhaben nur geringfügig, sodass die Identität des Vorhabens gewahrt bleibt und keine eigenständige Genehmigungsneuerteilung vorliegt. Für die Anfechtbarkeit durch Nachbarn kommt es daher nur auf die neuen oder geänderten Bestandteile der Genehmigung an, die über die ursprüngliche, bestandskräftige Genehmigung hinausgehen. Dies ist auf die Sichtschutzwand und weitere geringfügige Änderungen wie Abänderungen der Treppenaufgänge zu Terrassen beschränkt.
Die Errichtung der Sichtschutzwand verletzt die Abstandsflächenpflicht gemäß Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO. Obwohl es sich bei der Wand nicht um eine Außenwand des Gebäudes handelt, geht von ihr eine gebäudegleiche Wirkung aus. Abstandsflächen sind daher erforderlich, da die Wand die in Art. 6 BayBO festgelegte Höhe von zwei Metern deutlich überschreitet. Eine Privilegierung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO oder die Anwendung der Doppelhausrechtsprechung scheidet aus, da diese nur Außenwände betreffen und auf Einfriedungen nicht übertragen werden können. Verbesserungen der Belichtung oder der Zweck der Wand zur Vermeidung von Einsichtnahmen haben auf die Abstandsflächenpflicht keine Auswirkungen.
Ein wechselseitiger Verstoß der Nachbarn gegen Abstandsflächenregelungen begründet keine Rechtsausübungsschranke, solange die Qualität der Beeinträchtigung nicht vergleichbar ist. Die vom Klägergrundstück bestehende, bereits vorhandene Einfriedung mit gebäudegleicher Wirkung reicht nicht aus, um den Anspruch auf Einhaltung der Abstandsflächen gegenüber der neuen Wand zu neutralisieren. Die Tekturgenehmigung verstößt daher gegen die öffentlich-rechtlich zu prüfenden Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn gewährleisten, und ist aufzuheben.