Der für Hecken aufgestellte Grundsatz, dass bei einer Anpflanzung auf einem Grundstück, das höher liegt als das Nachbargrundstück, die nach den Landesnachbargesetzen zulässige Wuchshöhe von der Stelle aus zu messen ist, an der die Anpflanzungen aus dem Boden austreten, gilt auch für Bäume, Sträucher und andere Gehölze. Auch insoweit ist, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der Anpflanzung eine (künstliche) Erhöhung des Grundstücksniveaus im Bereich der Grundstücksgrenze erfolgt, davon abweichend das ursprüngliche Geländeniveau maßgeblich.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Die Beklagten haben ihr Grundstück im hinteren, der Straße abgewandten Bereich bei der Errichtung ihres Hauses im Jahr 1994 um einen Meter aufgefüllt. Auf dem Grundstück befinden sich entlang der Grenze zum Grundstück der Kläger - soweit noch von Interesse - ein portugiesischer Lorbeerbaum, ein Fliederbaum, eine Kreppmyrte und ein Rosenstrauch.
Die Kläger verlangen von den Beklagten in der Hauptsache, diese Gewächse jährlich im Zeitraum zwischen Oktober eines Jahres und Februar des Folgejahres auf eine Höhe von 1,80 Metern zu kürzen, gemessen von dem Bodenniveau des klägerischen Grundstücks. Das Amtsgericht hat die Beklagten zum jährlichen Rückschnitt des Lorbeerbaums, des Fliederbaums und der Kreppmyrte auf 1,80 Meter verurteilt, jeweils gemessen vom Austritt der Pflanze aus dem Boden; hinsichtlich des Rosenstrauchs hat es die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat das Urteil auf die beiderseitigen Berufungen dahingehend abgeändert, dass der Lorbeerbaum auf vier Meter sowie der Fliederbaum, die Kreppmyrte und der Rosenstrauch auf 1,80 Meter zu kürzen sind, jeweils gemessen vom Bodenniveau des Grundstücks der Kläger. Mit ihrer von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, wollen die Beklagten erreichen, dass die Klage hinsichtlich des Lorbeerbaums und des Rosenstrauchs abgewiesen wird und der Fliederbaum sowie die Kreppmyrte auf 1,80 Meter zu kürzen sind, jeweils gemessen vom Austritt der Pflanze aus dem Boden.
Hierzu führte das Gericht aus:
Das Berufungsgericht meint, den Klägern stehe gegen die Beklagten aus § 16 Abs. 3 des Nachbarrechtsgesetzes Baden-Württemberg (NRG BW) ein Kürzungsanspruch zu, da die Pflanzen die jeweils nach § 16 Abs. 1 NRG BW zulässige Höhe überschritten. Bezugspunkt für die Bemessung der zulässigen Höhe sei das Bodenniveau des im Grenzbereich einen Meter tiefer gelegenen Grundstücks der Kläger. Der Bundesgerichtshof habe hinsichtlich der Grenzbepflanzung eines tieferliegenden Grundstücks entschieden, dass die nach nachbarrechtlichen Vorschriften zulässige Pflanzenwuchshöhe von dem höheren Geländeniveau des Nachbargrundstücks aus zu messen sei. Bei einer Bepflanzung des tiefer gelegenen Grundstücks widerspreche eine Messung von der Austrittsstelle der Pflanze dem Sinn und Zweck der in den Grenzabstandsvorschriften von dem Gesetzgeber getroffenen Interessenabwägung. Diese Argumentation lasse sich auf den hier gegebenen Fall der Bepflanzung auf dem höher liegenden Grundstück übertragen. Auch die zulässige Höhe von Einfriedungen (§ 11 NRG BW) bemesse sich Rechtsprechung und Literatur zufolge von dem Bodenniveau des niedrigeren Nachbargrundstücks aus.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass ein Anspruch auf Rückschnitt eines Gehölzes bestehen kann, wenn gesetzliche Vorgaben über Grenzabstände nicht eingehalten sind. Dieser Anspruch folgt vorliegend unmittelbar aus § 16 Abs. 3 NRG BW. Nach dieser Vorschrift ist der Besitzer eines Gehölzes, das die nach Absatz 1 Nummern 1, 2 oder 4 Buchstabe c der Norm zulässige Höhe überschritten hat, zur Verkürzung verpflichtet, jedoch nicht in der Zeit vom 1. März bis 30. September. Nach § 16 Abs. 1 NRG BW sind bei der Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und anderen Gehölzen bestimmte Grenzabstände einzuhalten. So dürfen näher bezeichnete Gehölze bei einem Grenzabstand von bis zu zwei Metern die Höhe von 1,80 Metern nicht überschreiten, andere Gehölze dürfen bei einem Abstand von bis zu drei Metern eine Höhe von vier Metern nicht überschreiten. Daraus folgt, dass der Nachbar einen (nach § 26 Abs. 3 NRG BW nicht der Verjährung unterworfenen) Anspruch auf Kürzung derjenigen Gehölze hat, die die - sich aus ihrem Abstand zur Grundstücksgrenze ergebende - zulässige Höhe überschreiten.
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