Es besteht ein nachbarrechtlicher Anspruch dahingehend, dass ein großes Trampolin (Durchmesser von ca. 4,5 m und Höhe von ca. 2,8 m) an einen Standort auf dem Grundstück verlegt wird, der mindestens 1,80 Meter von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt ist - nicht aber dahingehend, dass es zu unterlassen ist, bei der Nutzung des Trampolins über den Zaun zu schauen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Ein Trampolin stellt eine sonstige mit dem Boden nicht fest verbundene Anlage nach § 27 BbgNRG dar. Dies sind solche Anlagen, die normalerweise nicht wie loses Material aufgeschichtet werden, aber auch nicht unter bauliche Anlagen fallen, die mit dem Erdboden fest verbunden sind. Auf eine dauerhafte Errichtung kommt es nicht an. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es zum einen, den Nachbarn vor Gefahren, die von der Aufschichtung oder Anlage ausgehen können, zu schützen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass eine Ausnahme für Aufschichtungen oder Anlagen besteht, die eine Wand oder geschlossene Einfriedung nicht überragen. Die in § 27 Abs. 2 Nr. 1 BbgNRG geregelte Ausnahme für Baugerüste hat ihren Grund darin, dass das Aufstellen dicht an der Grundstücksgrenze für eine geordnete Bautätigkeit notwendig sein kann. Zudem bezweckt die Vorschrift als Ausfluss des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses, den Nachbarn auch unter ästhetischen Gesichtspunkten nicht direkt an der Grundstücksgrenze zu stören.
Ob das Trampolin für das Nachbargrundstück eine Gefahr darstellen kann, kann offen bleiben. Indem das Trampolin den Holzlamellenzaun um einen Meter überragt, hat es Einfluss auf die Ästhetik im Bereich der Grundstücksgrenze und stellt damit eine im Sinne des § 27 BbgNRG störende Anlage dar. Maßgebend ist hierfür die Gesamthöhe des Trampolins, also einschließlich seines Netzes. Ob das Netz gekürzt werden könnte, ist ohne Relevanz, da die tatsächlichen Verhältnisse zugrunde zu legen sind. Folglich richtet sich der nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BbgNRG zu berechnende Mindestabstand nach der Gesamthöhe des Trampolins einschließlich Netz und muss um soviel über 0,50 m betragen, als seine Höhe das Maß von 1,50 m übersteigt. Bei einer Höhe von 2,80 m ist danach einen Grenzabstand von mindestens 1,80 m (2,80 - 1,50 + 0,5) zur Grundstücksgrenze zu wahren.
Ein Anspruch auf vollständige Entfernung des Trampolins oder hilfsweise auf Unterlassung der Benutzung oder von Sprüngen, die über 1,80 m Höhe hinausgehen, besteht hingegen nicht.
Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus § 1004 BGB analog oder aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis nach Treu und Glauben bzw. dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme aus § 1 BbgNRG.
Es besteht kein Anspruch dahingehend, dass es unterlassen wird, bei der Nutzung des Trampolins über den Zaun zu schauen.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt nicht aus § 1004 Abs. 1 BGB. Wenngleich § 1004 BGB unmittelbar lediglich aus dem Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen abgeleitete dingliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche statuiert, werden durch seine entsprechende Anwendung zugleich alle so genannten absoluten Rechte wie das aus Art. 1 und 2 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt, welches das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner personalen und sozialen Identität und Entfaltung sowie Entwicklung seiner Persönlichkeit in all ihren Ausprägungen – einerseits im Sinne einer Abwehr von Einblicken und unerwünschten Einflussnahmen Dritter und andererseits im Sinne eines Rechts auf selbstbestimmtes Handeln, auf freie Entfaltung und auf aktive Entschließungs- und Handlungsfreiheit – im Intim, Privat- und Sozialbereich gewährleistet. Insbesondere gibt das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Inhaber das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden und selbst zu bestimmen, mit welchen Personen er in welchem Umfang Kontakt haben will, sofern sich ein – auch unerwünschter – Kontakt nicht als sozialadäquat erweist. Hierzu gehört die Integrität eines räumlichen Bereichs, der dazu bestimmt ist, für sich zu sein, zu sich zu kommen, sich zu entspannen oder sich auch gehenlassen zu können. Die Bereiche eines Wohngrundstücks, die von öffentlichen Flächen oder angrenzenden Privatgrundstücken aus nicht einsehbar sind, sind typischerweise Rückzugsorte des jeweiligen Nutzers, weshalb Beobachtungen anderer Personen als Ausspähung das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.
Demgegenüber üben auch die Nutzer des Trampolins ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht aus. Eine solche sportliche Betätigung in privaten
Gärten ist sozialadäquat und nicht darauf gerichtet, gezielt die Privatsphäre der Kläger zu stören. Die Abwägung beider Grundrechte der Parteien führt nicht zu einem Überwiegen einer der Interessen. Erst Recht mit dem einzuhaltenden Abstand von mindestens 1,80 m zur Grundstücksgrenze ist die Möglichkeit einer Einsicht bereits so deutlich reduziert. Weil für eine gezielte Störung der Privatsphäre durch die Nutzung des Trampolins nichts ersichtlich ist, überwiegen die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht stammenden Rechte nicht das Recht auf freie Nutzung des Grundstücks so weit, dass die Nutzung des Trampolins vollständig zu untersagen wäre. Vielmehr sind in der Abwägung der beiderseitigen Interessen als Ausfluss des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses eventuelle geringfügige und gerade nicht gezielte Störungen zu dulden. Das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis als bloße Schranke der Rechtsausübung ist für einen möglichen Unterlassungsanspruch auf aus zwingenden Gründen gebotene Ausnahmefälle beschränkt. Das Rechtsinstitut des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses dient nur in Extremfällen als Korrektiv nach Treu und Glauben zur einzelfallgerechten Bewältigung atypischer nachbarlicher Interessenkonflikte. Ein derartig schwerwiegender oder atypischer Eingriff ist bei der Nutzung eines Trampolins nicht feststellbar.