Nach § 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe besteht und kein Ausschlussgrund vorliegt. Eine Verfolgung im Sinne dieser Vorschrift liegt gemäß § 3a AsylG vor, wenn Handlungen aufgrund ihrer Art oder Wiederholung eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellen oder kumulativ zu einer vergleichbar gravierenden Beeinträchtigung führen. Zu den Verfolgungshandlungen zählen insbesondere physische oder psychische Gewalt, diskriminierende Strafverfolgung oder sonstige Eingriffe, die in diskriminierender Weise erfolgen. Zwischen dem Verfolgungsgrund und der Handlung muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG).
Eine Verfolgung kann sowohl vom Staat selbst als auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen (§ 3c AsylG). Maßgeblich ist, ob der Staat in der Lage oder willens ist, Schutz zu gewähren (§ 3d AsylG). Eine interne Schutzalternative besteht nur, wenn in einem anderen Landesteil effektiver Schutz besteht und der Betroffene diesen in zumutbarer Weise in Anspruch nehmen kann (§ 3e AsylG).
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass dem Betroffenen die Gefahr politischer, religiöser oder sozialer Verfolgung tatsächlich droht. Nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU) wird bei bereits erlittener oder unmittelbar drohender Vorverfolgung vermutet, dass eine Wiederholung der Verfolgung droht, sofern keine stichhaltigen Gründe dagegen sprechen (vgl. BVerwG, 27.04.2010 - Az: 10 C 5/09).
Zur Prüfung der Glaubhaftigkeit des Vortrags ist eine umfassende Würdigung des individuellen Sachverhalts vorzunehmen. Dabei ist der typische Beweisnotstand im Asylverfahren zu berücksichtigen. Die Angaben müssen substantiiert, widerspruchsfrei und in sich stimmig sein (vgl. BVerwG, 24.03.1987 - Az: 9 C 321/85; BVerwG, 12.11.1985 - Az: 9 C 27/85).
Homosexuelle Personen bilden in Uganda eine bestimmte soziale Gruppe im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG. Die sexuelle Orientierung stellt ein unveränderliches Merkmal dar, das für die Identität einer Person wesentlich ist und auf das sie nicht verzichten kann. Diese Auslegung entspricht auch Art. 10 Abs. 1 Buchst. d der Qualifikationsrichtlinie.
In Uganda besteht eine ausgeprägte gesellschaftliche und rechtliche Diskriminierung homosexueller Personen. Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln werden Homosexuelle regelmäßig Opfer von Anfeindungen, Übergriffen, Mobbing, Erpressungen und Gewalttaten durch nichtstaatliche Akteure. Staatliche Schutzmechanismen sind weitgehend unzureichend. Zwar bekennt sich die Regierung Ugandas offiziell zum Schutz vor „Mobjustiz“, tatsächliche Schutzmaßnahmen bleiben aber meist aus. Häufig werden Betroffene selbst strafrechtlich verfolgt oder müssen Bestechungsgelder zahlen, um Haft oder öffentliche Bloßstellung zu vermeiden.
Die Homophobie in der ugandischen Gesellschaft wird durch die Strafgesetzgebung verstärkt. Der „Anti-Homosexuality Act 2023“ sieht für homosexuelle Handlungen lebenslange Haft und in bestimmten Fällen die Todesstrafe vor. Auch die bloße Unterstützung oder Förderung gleichgeschlechtlicher Beziehungen kann mit bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Diese gesetzlichen Regelungen legitimieren Übergriffe privater Akteure und führen zu einer systematischen gesellschaftlichen Ächtung.
Begleitet wird diese Lage von einer medialen Hetze gegen homosexuelle Personen. Medienberichte, insbesondere Boulevardpublikationen, haben wiederholt Fotos und Namen vermeintlicher Homosexueller veröffentlicht. Die betroffenen Personen werden infolgedessen häufig Opfer von Gewalttaten, sozialer Ausgrenzung und öffentlicher Demütigung (vgl. VG Berlin, 13.11.2015 - Az: 34 K 55.12 A).
Eine Geheimhaltung der sexuellen Orientierung zur Vermeidung von Verfolgung ist nicht zumutbar. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung umfasst auch das Recht, die eigene Identität offen zu leben (vgl. EuGH, 07.11.2013 - Az: C-199/12 bis C-201/12). Homosexuelle Personen dürfen daher nicht darauf verwiesen werden, ihre Identität zu verbergen.
Da der ugandische Staat weder hinreichend willens noch fähig ist, Schutz zu gewähren, und eine interne Schutzmöglichkeit nicht besteht, liegt eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung vor. Die Voraussetzungen des § 3 AsylG sind erfüllt.