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Zeitvertrag als Krankheitsvertretung: Was gilt, wenn der Mitarbeiter nicht zurückkehrt?

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 11 Minuten

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In der arbeitsrechtlichen Praxis ist die befristete Einstellung von Mitarbeitern zur Vertretung erkrankter Stammkräfte ein alltäglicher und notwendiger Vorgang. Unternehmen sichern so die Fortführung ihrer betrieblichen Abläufe, während der erkrankte Arbeitnehmer in Ruhe genesen kann. Doch was geschieht, wenn die ursprüngliche Annahme – die Rückkehr des Stammmitarbeiters – sich nicht bewahrheitet? Wenn der Vertretene verstirbt, eine Erwerbsminderungsrente antritt oder aus anderen Gründen endgültig aus dem Unternehmen ausscheidet, stellt sich für den Vertreter die entscheidende Frage nach dem Schicksal seines eigenen Arbeitsvertrages.

Sachgrundbezogene Befristung zur Vertretung

Die Zulässigkeit eines befristeten Arbeitsvertrages zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Dies ist der klassische Fall der Krankheitsvertretung. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer solchen Befristung ist die Prognose des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Der Arbeitgeber muss mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen können, dass der vertretene Mitarbeiter nach dem Ende seiner Arbeitsunfähigkeit an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird.

Auch bei lang andauernden oder wiederholten Erkrankungen darf der Arbeitgeber grundsätzlich von einer Rückkehrabsicht der Stammkraft ausgehen. Selbst wenn ein Mitarbeiter bereits über Jahre hinweg arbeitsunfähig ist, rechtfertigt dies den Abschluss eines befristeten Vertretungsvertrages. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, vor jedem Vertragsabschluss die gesundheitliche Entwicklung beim erkrankten Mitarbeiter zu erfragen oder diesem gar zu kündigen, um eine unbefristete Stelle für die Vertretungskraft zu schaffen, besteht nicht. Solange der erkrankte Mitarbeiter nicht ausdrücklich erklärt hat, seine Arbeit nicht wieder aufnehmen zu wollen, bleibt der Sachgrund der Vertretung bestehen (LAG Rheinland-Pfalz, 05.07.2012 - Az: 11 Sa 26/12). Verlängert sich die Krankheit, können auch mehrere befristete Verträge hintereinander (sogenannte Kettenbefristungen) mit derselben Vertretungskraft abgeschlossen werden, solange der Vertretungsbedarf fortbesteht.

Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers

Ein zur Vertretung geschlossener Arbeitsvertrag ist in der Regel ein sogenannter zweckbefristeter Vertrag. Das bedeutet, er endet nicht an einem festen Datum, sondern mit dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses – in diesem Fall der Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters. Das Arbeitsverhältnis endet jedoch nicht am Tag der Rückkehr selbst. § 15 Abs. 2 TzBfG sieht eine Schutzfrist für den Arbeitnehmer vor. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Vertreter die Wiederaufnahme der Arbeit durch die Stammkraft mitzuteilen. Das befristete Arbeitsverhältnis endet dann frühestens zwei Wochen nach dem Zugang dieser schriftlichen Mitteilung. Dies stellt eine gewisse Planungssicherheit sicher, um sich auf das Ende der Beschäftigung einzustellen.

Das befristete Arbeitsverhältnis endet somit automatisch, wenn der Vertretene wieder gesund wird und zurückkehrt.

Wenn der Stammmitarbeiter endgültig nicht zurückkehrt

Schwierig wird es dann, wenn sich der Zweck der Befristung – die Überbrückung der Abwesenheit bis zur Rückkehr – zerschlägt. Dies ist der Fall, wenn der vertretene Mitarbeiter verstirbt, eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht oder das Arbeitsverhältnis der Stammkraft aus anderen Gründen (z.B. durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag) beendet wird. In diesen Fällen kann der Zweck der Befristung, nämlich die Rückkehr des Vertretenen, objektiv nicht mehr eintreten.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat hierzu klare Grundsätze entwickelt. Eine Befristungsabrede, die das Arbeitsverhältnis mit der Wiederaufnahme der Arbeit durch den vertretenen Mitarbeiter enden lassen soll, ist im Zweifel nicht so auszulegen, dass sie auch das endgültige Ausscheiden des Vertretenen umfasst (BAG, 26.06.1996 - Az: 7 AZR 674/95). Der Sachgrund der „Vertretung“ rechtfertigt für sich allein genommen nicht die Befristung bis zum endgültigen Ausscheiden der Stammkraft aus dem Unternehmen (BAG, 24.09.1997 - Az: 7 AZR 669/96). Der Grund dafür ist einleuchtend: Die vorübergehende Überbrückung eines personellen Engpasses ist eine andere unternehmerische Entscheidung als die dauerhafte Neubesetzung einer frei gewordenen Stelle. Für die dauerhafte Besetzung könnte der Arbeitgeber beispielsweise ein anderes Anforderungsprofil definieren oder die Stelle intern umstrukturieren wollen.

Automatische Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis

Fällt der Befristungsgrund weg, weil der Stammmitarbeiter endgültig nicht zurückkehrt, bedeutet dies nicht automatisch das sofortige Ende des Vertretungsvertrages. Vielmehr wandelt sich das ursprünglich befristete Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes um. Da der Zweck der Befristung nicht mehr erreicht werden kann, entfällt die Rechtfertigung für die zeitliche Begrenzung des Vertrages. Der Arbeitsvertrag wird somit so behandelt, als sei er von Anfang an auf unbestimmte Zeit geschlossen worden.

Ein Arbeitgeber kann diese Umwandlung nur verhindern, wenn er bereits bei Abschluss des Vertrages einen anderen, weitergehenden Sachgrund für eine Befristung hatte, der auch das endgültige Ausscheiden der Stammkraft abdeckt. Ein solcher Grund könnte beispielsweise vorliegen, wenn von vornherein feststand, dass die Stelle nach dem Ausscheiden des Stammmitarbeiters wegfallen oder mit einer Person besetzt werden soll, die über Qualifikationen verfügt, welche die Vertretungskraft nachweislich nicht besitzt. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines solchen weitergehenden Sachgrundes liegt allein beim Arbeitgeber, was in der Praxis eine hohe Hürde darstellt (BAG, 08.07.1998 - Az: 7 AZR 382/97). Ohne einen solchen, von Anfang an bestehenden und dokumentierten Grund, wird aus dem Vertreter ein fester Mitarbeiter. Auch die bloße Gewährung einer zeitlich befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente an den Stammmitarbeiter führt noch nicht zum Ende des Vertretungsvertrages, da hier eine Rückkehr theoretisch weiterhin möglich bleibt (LAG Berlin, 20.05.1997 - Az: 9 Sa 22/97).

Ausnahme: Kalendermäßige Befristung

Arbeitgeber haben jedoch eine Möglichkeit, die automatische Umwandlung in ein unbefristetes Verhältnis zu vermeiden. Dies kann durch eine kombinierte Befristung erreicht werden, die sowohl an den Zweck (Rückkehr des Vertretenen) als auch an ein festes Kalenderdatum gekoppelt ist. Eine solche Vertragsklausel könnte lauten: „Das Arbeitsverhältnis wird zur Vertretung des erkrankten Herrn/Frau ... geschlossen und endet mit dessen/deren Rückkehr an den Arbeitsplatz, spätestens jedoch am TT.MM.JJJJ, ohne dass es einer Kündigung bedarf.“

Das Bundesarbeitsgericht hat eine solche doppelte Befristung für zulässig erachtet (BAG, 23.01.2002 - Az: 7 AZR 440/00). In dem entschiedenen Fall war ein Vertreter für einen Mitarbeiter eingestellt worden, der eine befristete Erwerbsunfähigkeitsrente bezog. Der Vertretungsvertrag war zweckgebunden, aber zugleich kalendermäßig bis zum Ende des Rentenbezugs befristet. Als der vertretene Mitarbeiter noch vor Ablauf des Datums verstarb, klagte der Vertreter auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Das BAG wies die Klage ab. Die kalendermäßige Befristung behielt ihre Gültigkeit.

Der Grund hierfür ist, dass der Arbeitnehmer durch die kalendermäßige Höchstgrenze von Anfang an weiß, wann seine Beschäftigung spätestens endet. Er wird also nicht im Ungewissen gelassen. Diese Befristung ist auch dann wirksam, wenn der Vertretungszweck vor dem Erreichen des Kalenderdatums wegfällt. Das Arbeitsverhältnis endet in diesem Fall mit dem früheren der beiden Ereignisse: entweder mit der (verspäteten) Rückkehr der Stammkraft (unter Beachtung der Zwei-Wochen-Frist) oder eben mit dem Erreichen des vereinbarten Kalenderdatums. Diese Vertragsgestaltung bietet dem Arbeitgeber die größtmögliche Rechtssicherheit, um eine ungewollte Dauerbeschäftigung der Vertretungskraft zu verhindern.
Stand: 21.08.2025
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