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Volle Erstattung bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung des Reisevertrags

Reiserecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrags kann dem Reisenden eine volle Erstattung zustehen, selbst wenn ihm bestimmte Leistungen erbracht wurden. Dies ist der Fall, wenn die mangelhafte Erbringung von Reiseleistungen so schwerwiegend ist, dass die Pauschalreise zwecklos wird, und die Reise für den Reisenden nicht mehr von Interesse ist.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Zwei polnische Urlauber sind für einen All-inclusive-Aufenthalt in einem Fünfsternehotel nach Albanien gereist.

Am Tag nach ihrer Ankunft wurden sie durch den Lärm geweckt, der beim von den albanischen Behörden angeordneten Abriss der Schwimmbecken ihres Hotels entstand. Diese Arbeiten dauerten vier Tage, jeweils von 7.30 Uhr bis 19.30 Uhr und führten zum vollständigen Abriss der Schwimmbecken, der Strandpromenade sowie des gepflasterten Abstiegs zum Meer.

Die Urlauber mussten außerdem in langen Schlangen anstehen, um ihre Mahlzeiten zu erhalten, und zu Beginn der Essenszeiten zu den Mahlzeiten erscheinen, da die Zahl der verfügbaren Mahlzeiten begrenzt war. Überdies entfiel das Snackangebot am Nachmittag. Schließlich wurde während der letzten drei Tage des Aufenthalts mit neuen Bauarbeiten begonnen, um das Hotel um ein fünftes Stockwerk aufzustocken.

Die Reisenden forderten daraufhin vor einem polnischen Gericht die volle Erstattung des Reisepreises sowie Schadensersatz.

Das polnische Gericht hat den Gerichtshof um Klarzustellung ersucht, welche Rechte den Reisenden aus der Pauschalreiserichtlinie zustehen.

Der Gerichtshof stellt fest, dass ein Reisender nicht nur dann Anspruch auf volle Erstattung des gezahlten Preises hat, wenn sämtliche Reiseleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht wurden, sondern auch, wenn trotz der Erbringung bestimmter Leistungen ihre mangelhafte Erbringung so schwerwiegend ist, dass die Pauschalreise zwecklos wird, und die Reise für den Reisenden objektiv nicht mehr von Interesse ist.

Es ist Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände zu beurteilen, ob dies der Fall ist.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Richtlinie nur der Wiederherstellung des vertraglichen Gleichgewichts zwischen den Reisenden und dem Reiseveranstalter dient. Sie dient hingegen nicht dazu, den Reiseveranstalter zu sanktionieren, insbesondere durch Strafschadensersatz.

Der Reisende hat keinen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Reiseveranstalter nachweist, dass die Nichterbringung oder mangelhafte Erbringung von Reiseleistungen einem Dritten zuzurechnen ist und weder vorhersehbar noch vermeidbar war. Gemäß der Richtlinie hängt diese Möglichkeit, sich der Haftung gegenüber einem Reisenden zu entziehen, nicht von einem etwaigen Verschulden dieses Dritten ab. Folglich steht die Richtlinie dem polnischen Recht entgegen, das einen Nachweis dieses Verschuldens durch den Reiseveranstalter verlangt.

Zur Frage, ob die Abrissarbeiten als „unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand“ betrachtet werden können, der den Reiseveranstalter von seiner Schadensersatzpflicht befreit, weist der Gerichtshof darauf hin, dass diese Arbeiten auf einen Akt der öffentlichen Gewalt zurückzuführen sind. Solche Akte werden normalerweise in transparenter Weise erlassen und ihre Umsetzung wird im Allgemeinen in irgendeiner Form angekündigt.

Das nationale Gericht hat also zu prüfen, ob der Reiseveranstalter oder der Betreiber der touristischen Infrastruktur über das Verfahren informiert wurden, das zum Erlass der Entscheidung über den Abriss geführt hat, oder sie gar daran teilgenommen haben oder ob sie über den Inhalt der Entscheidung informiert wurden, bevor diese umgesetzt wurde.

War der Veranstalter oder der Betreiber informiert oder haben sie am Verfahren teilgenommen, so kann der Abriss der in Rede stehenden Infrastruktur nicht als unvorhersehbar angesehen werden. Folglich kann der Veranstalter nicht von seiner Schadenersatzpflicht gegenüber den Reisenden befreit werden.


EuGH, 23.10.2025 - Az: C-469/24

ECLI:EU:C:2025:833

Quelle: PM des EuGH

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