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Corona-Krise: Muss die Restzahlung für die Reise noch geleistet werden?

Reiserecht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Für viele Reisende werden die Restzahlungen für den Sommerurlaub fällig. Doch ob die Reise überhaupt stattfinden wird, ist bislang nicht sicher. Soll hier überhaupt noch eine Zahlung an den Veranstalter getätigt werden?

Zunächst einmal gilt, dass geschlossene Verträge einzuhalten sind – und zwar von beiden Vertragspartnern.

Es besteht daher für den Reisenden neben dem Abwarten, ob eine Reiseabsage durch den Veranstalter erfolgt, nur die Möglichkeit, den Reisevertrag zu kündigen oder aber von der Reise zurückzutreten.

Wenn der Veranstalter die Reise absagt, muss der Reisende selbstverständlich auch keine weiteren Zahlungen leisten. Bereits gezahlte Beträge sind zu erstatten.

Kündigung

Eine Kündigung kann vom Reisenden jederzeit vorgenommen werden. Einen Grund benötigt man hierfür nicht, dies zieht aber die üblichen Stornogebühren nach sich. Es wäre daher sicherlich wenig sinnvoll, wenn Restzahlungen einfach nicht getätigt werden und der Urlaub noch so weit in der Zukunft liegt, dass es nicht möglich ist, mit hinreichender Sicherheit abzuschätzen, ob die Reise wie geplant stattfinden kann.

Denn dann bleibt der Reisende auf den Kosten sitzen – auch dann, wenn sich später herausstellt, dass ein Rücktritt wegen höherer Gewalt möglich gewesen wäre. Daher sollte im Zweifel bis zum letztmöglichen Zeitpunkt der Restzahlung gewartet werden, ehe sich für oder gegen eine Kündigung entschieden wird.

Kündigung wegen erheblicher Beeinträchtigung

Der Reisende kann eine Reise wegen erheblicher Beeinträchtigung – auch bereits vor Reiseantritt - kündigen. Auch wenn diese Regelung des § 651 l BGB üblicherweise erst nach Reiseantritt genutzt wird, so kann dies in der derzeitigen Situation auch eine Möglichkeit sein, sich von einer Reise loszusagen. Denn wenn erhebliche Mängel vorliegen, die der Reiseveranstalter trotz Aufforderung und Fristsetzung nicht beheben kann oder will, kann der Reisende den Reisevertrag kündigen.

Dies gilt auch dann, wenn entsprechende erhebliche Mängel objektiv vorhersehbar sind. Dies kann beispielsweise eine Einreisesperre in das Urlaubsland, konkrete Gesundheitsgefahren oder eine erforderliche Quarantänedauer, die die Reisedauer übersteigt, sein.

Es ist jedoch nicht ganz risikolos, sich auf § 651 l BGB zu berufen, denn die Mängel müssen zum Reisezeitpunkt vorliegen. Eine Vermutung oder Sorge des Reisenden aber auch eine Wahrscheinlichkeit reichen hier nicht aus.

Unsicherheitseinrede als „Joker“?

Will ein Reisender noch warten, ob die Reise nicht doch noch durchgeführt werden kann und erklärt er daher auch keinen Rücktritt vom Reisevertrag, so besteht noch eine Möglichkeit, die Restzahlung hinauszuzögern.

Wenn der Reisende ausdrücklich eine Unsicherheitseinrede (§ 321 BGB) erhebt, kann die Fälligkeit der Restzahlung und die weiteren Verzugsfolgen zunächst einmal abgewendet werden.

§ 321 BGB Abs 1 sieht vor:

"Wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. Das Leistungsverweigerungsrecht entfällt, wenn die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird."

Eine Unsicherheitseinrede ist möglich, wenn vor Reisebeginn erkennbar ist oder wird, dass die Reise durch mangelnde Leistungsfähigkeit des Veranstalters gefährdet ist bzw. sein wird. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn ein Einreiseverbot, eine Hotelschließung, Quarantäneerfordernisse oder sonstige Hindernisse vorliegen.

Es wäre also in diesem Fall erstmal Sache des Reiseveranstalters eine Sicherheit für die Erbringung der Reise zu leisten. Da die Insolvenzsicherung nach § 651r BGB sich als nicht ausreichend erwiesen hat, kann hier seitens des Reisenden eine andere Sicherheit verlangt werden.

Die Unsicherheitseinrede kann übrigens auch vom Reisevermittler entgegengenommen werden.

Sofern der Veranstalter die Reise selber absagt, sind die bisherigen Zahlungen spätestens innerhalb von 14 Tagen zu erstatten (§ 651h BGB).

Tritt der Reisende dann doch rechtmäßig wegen außergewöhnlicher Umstände vom Reisevertrag zurück, so ist ohnehin keine (Rest-)Zahlung mehr zu leisten.

Mustervorlage: Unsicherheitseinrede nach § 321 BGB

Rücktritt wegen höherer Gewalt

Kann eine erhebliche Beeinträchtigung durch höhere Gewalt angenommen werden, so kann der Reisende vom Reisevertrag zurücktreten. Weitere Zahlungen muss der Reisende dann nicht mehr tätigen, da der Veranstalter seinen Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis gem. § 651 h Abs. 4 BGB verliert. Auch eine Stornopauschale kann der Veranstalter gem. § 651 h Abs. 3 BGB nicht verlangen. Bereits geleistete Zahlungen sind dem Reisenden nach § 651 h Abs. 5 BGB unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen zurückzuzahlen.

Denn grundsätzlich gilt, dass Urlauber von einer Pauschalreise kostenlos zurücktreten dürfen, soweit sog. „höhere Gewalt“ die Reise erheblich gefährdet oder beeinträchtigt.

Eine klare Definition zur „höheren Gewalt“ existiert jedoch nicht, sodass im Streitfall immer das zuständige Gericht im jeweiligen Einzelfall zu klären hat, ob es letztlich einen Grund für eine kostenfreie Stornierung gibt.

Um zu eruieren, inwieweit eine tatsächliche Gefahr bei einer Reise droht, stützen sich die Gerichte im Wesentlichen auch auf Reisehinweise des Auswärtigen Amtes. Bei Reisewarnungen geht das Auswärtige Amt davon aus, dass jedem Reisenden eine Gefahr für Leib und Leben droht.

Aktuelle Reise- und Sicherheitshinweise für Ihr Reiseland
Die Reise müsste somit durch das Ereignis (Ausbruch des Coronavirus und hier weltweite Reisewarnung) wesentlich erschwert, erheblich beeinträchtigt oder aber zu einem unzumutbaren Sicherheitsrisiko werden.

Auch ohne offizielle Reisewarnung kann allerdings darüber hinaus ein zum Rücktritt berechtigender Fall höherer Gewalt gegeben sein, soweit die konkreten Umstände des Einzelfalles einen solchen entstehen lassen.

Hier gilt der allgemeine Grundsatz, dass für den Fall, dass eine Gefährdung der Gesundheit für den Reisenden nachweisbar ist und diese über 25 % liegt, ein Fall der höheren Gewalt vorliegt. Dieser Grenzwert dürfte insbesondere bei Risikopatienten angesichts des dann nicht unwahrscheinlichen Krankheitsverlaufs schnell erreicht werden. Hier kann schnell eine handfeste Gefahr für Leib und Leben bestehen.

Maßgeblich ist hier immer die objektive Lage zum Zeitpunkt der Stornierung an.

Übrigens lassen auch die allgegenwärtigen Quarantänemaßnahmen, Hotelschließungen und Flugausfälle eine erhebliche Beeinträchtigung zumindest im Moment für viele Urlaubsziele als wahrscheinlich erscheinen.

Nähere Informationen hierzu: Ist ein Reiserücktritt wegen des Corona-Virus möglich?
Stand: 15.08.2020 (aktualisiert am: 23.05.2025)
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H.Bodenhöfer , Dillenburg

Sehr gute Beratung danke.
Wirklich Zeit genommen bei der Analyse und nicht nur 2 Sätze was man nicht versteht.
Vielen lieben Dank

Andreas Maier , Bad Säckingen