Fragen zum Arbeitsvertrag? ➠ Wir prüfen den Vertrag für SieEs ist anerkannt, dass grobe
Beleidigungen durch einen
Arbeitnehmer gegenüber dem
Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Arbeitskollegen bzw. Kunden des Betriebes geeignet sein können, einen Grund zur
außerordentlichen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses im Sinne des
§ 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beleidigungen nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffen darstellen, weil es sich um einen erheblichen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten des Arbeitnehmers zur Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis handelt.
Dabei ist auf der 1. Stufe zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt, ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles, an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund zu bilden. Wichtige Gründe im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sind in erster Linie Leistungsstörungen in Form schuldhafter Verletzungen arbeitsvertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten, die das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigen.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung vom 20.07.2020 und im Zusammenhang hiermit um einen Weiterbeschäftigungsanspruch, den der Kläger gegenüber der Beklagten geltend macht.
Der zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 28.07.2020 50-jährige Kläger ist seit dem 18.04.1999 als Dachdeckergeselle bei der Beklagten tätig. Die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses regelt ein
Arbeitsvertrag vom 05.05.1999. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien sind die
Tarifverträge des Dachdecker-Handwerks anwendbar. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt des Klägers beträgt 3.228,79 €. Der Kläger ist im Rahmen einer 39 Stunden-Woche bei einem Bruttostundenlohn von 19,12 € bei der Beklagten tätig.
Die Beklagte hatte für den 17.07.2020 ab ca. 17:00 Uhr zu einem Grillfest auf dem Betriebsgelände eingeladen, an dem ca. 15 Personen, darunter der Kläger, teilnahmen. Im Rahmen dieses Festes wurde auch Alkohol, zumindest Bier, in einem zwischen den Parteien unterschiedlich dargestellten Umfang, konsumiert. Im Verlaufe dieses Grillfestes kam es zu einer von der Parteien unterschiedlich dargestellten lauten Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer D. der Beklagten, dem Sohn des Geschäftsführers E. der Beklagten. Im Anschluss an dieser Auseinandersetzung wurde der Kläger zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt des Betriebsgeländes verwiesen.
Nachdem der Kläger am 20.07.2020 wieder zur Arbeit erschien, wurde ihm eine fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 20.07.2020 übergeben und am gleichen Tag in den Briefkasten des Klägers eingeworfen.
Am 20.07.2020 entschuldigte sich der Kläger, für den Fall, dass er etwas Schlimmes gesagt haben sollte, bei dem Geschäftsführer E. der Beklagten.
Die Beklagte beschäftigt regelmäßig ca. 20 Arbeitnehmer.
Mit seiner am 28.07.2020 beim Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klage wehrt sich der Kläger gegen die Kündigung vom 20.07.2020 und verlangt Weiterbeschäftigung seitens der Beklagten.
Insofern trägt der Kläger vor, ein rauer Ton sei auf den Betriebs- und Grillfesten der Beklagten üblich gewesen, ebenso der Konsum außerordentlich hoher Mengen an Alkohol. Oft sei auch er, der Kläger, ausfällig angesprochen worden. Er bestreite, den Geschäftsführer D. der Beklagten in der von der Beklagten behaupteten Weise im Rahmen eines Gespräches angesprochen zu haben. Er habe zu diesen Zeitpunkt bereits 10 Flaschen Bier konsumiert gehabt und könne sich nicht erinnern, welchen Wortlaut ein Gespräch mit diesem Geschäftsführer gehabt habe. Er habe das Grillfest erst gegen 22:00 Uhr und nicht um 19:30 Uhr nach dem Gespräch mit dem Geschäftsführer D. verlassen. Wortgefechte seien im Betrieb der Beklagten üblich gewesen und meistens von der Geschäftsführung der Beklagten ausgegangen. Seit 23 Jahren seien diese nicht ernst genommen worden. Auch er sei von der Beklagten nicht ernst genommen worden. Wenn die Beklagte eine Änderung des Umgangstones gewünscht hätte, hätte sie darauf hinweisen müssen. Auch Streit um die Entlohnung habe es während des gesamten 23-jährigen Arbeitsverhältnisses des Öfteren gegeben. Er, der Kläger, sei gefoppt worden. Die Gesprächssituation habe sich dann in Bezug auf die Gefällepläne möglicherweise hochgeschaukelt. Zumindest sei eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung notwendig gewesen. Eine einschlägige Abmahnung bestehe nicht. Eine Abmahnung vom 22.01.2018 sei seitens der Beklagten zurückgenommen worden.
Die Beklagte verweist zunächst auf eine Sachverhaltsschilderung in einem Schreiben im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz mit dem Klägervertreter vom 27.07.2020.
Im Rahmen des Grillfestes vom 17.07.2020 seien lediglich 4 Kästen Bier für 15 Teilnehmer vorrätig gehalten worden. Der Kläger sei gegen 19:30 Uhr des Platzes durch den Geschäftsführer E verwiesen worden. Der Geschäftsführer E. habe angeordnet, dass der Kläger während einer Urlaubsvertretung Gefällepläne auszulesen habe. Er habe dann gegenüber D. einen Disput über diese Anordnung angefangen und geäußert „für 19,12 € mache ich das nicht“.
Der Geschäftsführer E. habe dann gegenüber dem Kläger angeordnet, dass dieser ab dem 20.07.2020 dann in der Abrisskolonne zu arbeiten habe, was der Kläger mit den Worten „Du kannst mich mal am Arsch lecken, du Wichser!“ kommentiert habe.
Daraufhin sei der Kläger des Platzes verwiesen worden.
Es sei völlig unglaubwürdig, dass der Kläger am 20.07.2020 keine Erinnerung an den Vorfall gehabt habe. Es habe auf dem Grillfest nur Bier und dies auch nur im Umfang von 4 Kästen für ca. 15 Teilnehmer gegeben. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Disputes bereits 10 Flaschen Bier getrunken habe. Der Kläger habe nicht gelallt und sei mit einem Roller vom Hof gefahren, ohne dass Ausfallerscheinungen feststellbar gewesen seien.
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