§ 9 BUrlG ist jedenfalls analog auf den Fall einer angeordneten Quarantäne anzuwenden. Die Zeiten der Quarantäne sind analog § 9 BUrlG nicht auf den
Jahresurlaub anzurechnen. Diese sind zu einem späteren Zeitpunkt nachzugewähren. Zu diesem Zweck sind diese dem Urlaubskonto gutzuschreiben.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Frage, ob eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG im Fall einer angeordneten Quarantäne möglich ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.
Analoge Gesetzesanwendung setzt voraus, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die erfassten Fälle. Es muss allerdings eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegen.
Nach Auffassung der Kammer ist diese in Bezug auf das Zusammentreffen einer Urlaubsgewährung mit einer nachträglichen Anordnung einer Quarantäne geboten, auch wenn der Gesetzgeber das BUrlG mehrfach geändert hat, ohne eine solche Ergänzung des § 9 BUrlG vorzunehmen oder eine ausdrückliche Regelung im Infektionsschutzgesetz vorzunehmen.
Das BAG hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2020 unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung zu anderen urlaubsstörenden Vorfällen ausgeführt, der
Arbeitgeber schulde auch bei richtlinienkonformem Verständnis von
§ 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG nur die Freistellung von der Arbeitspflicht und die Zahlung des Urlaubsentgeltes zur Erfüllung, einen darüber hinausgehenden „Urlaubserfolg“ schulde er nicht.
Mit der Festlegung des Urlaubszeitraums (und der vorbehaltlosen Zusage des Urlaubsentgelts) habe der Arbeitgeber als Schuldner das nach § 7 Abs. 1 BUrlG Erforderliche getan (§ 243 Abs. 2 BGB).
Alle danach eintretenden urlaubsstörenden Ereignisse fielen entsprechend § 275 Abs. 1 BGB als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers. Nur soweit der Gesetzgeber oder die Tarifvertragsparteien - wie in §§ 9,
10 BUrlG - besondere Regelungen zur Nichtanrechnung von Urlaub träfen, finde eine Umverteilung des Risikos zugunsten des
Arbeitnehmers statt. Die Bestimmungen der §§ 9, 10 BUrlG seien nicht verallgemeinerungsfähig.
Ihre entsprechende Anwendung auf andere urlaubsstörende Ereignisse oder Tatbestände, aus denen sich eine Beseitigung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers ergebe, komme grundsätzlich nicht in Betracht.
Somit trage regelmäßig der Arbeitnehmer das Risiko, dass sich der Urlaubszweck nach der Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber nicht (vollständig) realisiert. Dieses Risiko werde regelmäßig durch innere und äußere Umstände beeinflusst, die dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen seien (BAG, 25.08.2020 - Az:
9 AZR 612/19 unter Hinweis auf BAG, 18.03.2014 - Az: 9 AZR 669/12; BAG, 10.05.2005 - Az:
9 AZR 251/04; BAG 09.08.1994 - Az: 9 AZR 384/92).
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